Donnerstag, 31. März 2011

Merkelland

Als ich den Supermarkt betrete, wechseln die Leute vom hinteren Teil der Warteschlange gerade zur zweiten Kasse, die in diesem Moment geöffnet wird. Sofort bildet sich an der zweiten Kasse eine Schlange von einer Länge, die das Öffnen einer dritten Kasse erforderlich macht, wenn es hier um Kundenfreundlichkeit geht. – Wegen der zwei langen Warteschlangen an den beiden Kassen nehme ich mir extra viel Zeit für meine paar Einkäufe. Aber dann lässt es sich nicht mehr aufschieben, ich muss mich anstellen. Die Warteschlangen sind unterdessen noch länger geworden. Eine Verkäuferin stellt in meiner Nähe einen Wagen mit Waren ab. Als mir klar wird, dass sie nun nicht zur dritten Kasse geht, um sie zu öffnen, weise ich sie auf die Länge der Warteschlangen hin. Sie blafft mich an, indem sie mir erklärt, sie habe keine Kasse (also keine Geldkassette mit Geld, also sie ist nicht eingeteilt als Kassiererin). Damit muss ich mich zufriedengeben und das hätte ich auch getan. Aber sie meint nun, mich beruhigen oder wegen meiner Ungeduld zurechtweisen zu müssen, indem sie behauptet, dass die Warteschlangen doch gar nicht lang seien und ich schon in einer Minute dran käme. – Weil das nicht stimmt, erwidere ich: Das können Sie Ihrem Kind erzählen. – Ich gebe zu, das ist eine äußerst schwache Replik. Aber gerade, weil sie so schwach ist, weder feindselig noch aggressiv. Ich wäre nur gerne ein zufriedener Kunde. – Die Mitarbeiterin hat nun genug von mir und ich von ihr. Da wendet sich ein vor mir stehender älterer Mann mit einer lustigen roten Baseballkappe an mich: Sie haben eben zu wenig Personal hier, sagt er. – Na und, sage ich, dann müssen sie eben mehr Leute einstellen. – Worauf er sich als Pädagoge zu erkennen gibt: Aber da dürfen Sie nicht die Verkäuferin anmachen, sagt er. Ich gebe zu bedenken, dass ich die Verkäuferin ganz sachlich angesprochen habe und überhaupt kein Problem mit ihr habe. Wenn es ein Problem gibt, füge ich in scharfem Ton hinzu, dann sind Sie das. – Ich komme zum Glück nicht mehr dazu, das weiter auszuführen. Denn in dem Moment bemerke ich den Filialleiter, der gerade mit einer Geldkassette unterm Arm zur dritten Kasse eilt. – Sehn Se! sage ich zu dem Pädagogen mit der Basecap, ohne mir ganz im klaren darüber zu sein, was ich damit sagen will, und wechsle schnell zu der dritten Kasse. Dabei lasse ich einem Mann und einer Frau mit Baumsetzlingen in weißen Leinensäcken den Vortritt, komme trotzdem auf die zweite Warteposition und bin jetzt ein zufriedener Kunde. Schwungvoll lege ich zwei Warentrenner vor und hinter meinen Einkauf auf das Warenförderband. Während ich in Gedanken immer noch bei dem Mann mit der roten Baseballkappe bin: Duckmäuser, Arschkriecher, sachzwangverblödeter Schleicher, denke ich und werde dabei immer vergnügter. Von sachzwangverblödeter Schleicher komme ich zu Merkelwähler und Merkelland.  Und dann bin ich auch schon dran und freue mich, dass ich bei Aldi bin.