Peter ist auch ein Mensch im Frühling. Seit fünf Wochen im Gespräch mit einer Frau von früher. Früher = 40 Jahre und das Szenario war das von den beiden Königskindern, die sich so lieb hatten, aber das Wasser zwischen ihnen war viel zu tief. Sie war mit einem Freund von Peter zusammen und außerdem ist er zwei Tage später von Mannheim nach Berlin umgezogen. Deshalb ist in der Nacht nichts passiert und am Nachmittag darauf auch nicht, als sie zu ihm kam und gesagt hat, ich will mit dir zusammen sein. - Wie süß! – Trotzdem ist nichts passiert. Entsagt und zusammen geweint haben sie. Daran erinnern sie sich jetzt, wenn sie telefonieren, die beiden über 60jährigen, er in Berlin, sie in Schifferstadt, wo sie einen Kosmetiksalon hat. Gabi. – Darüber habe ich mich lustig gemacht. Nicht, weil ich neidisch bin, sondern in therapeutischer Absicht, weil ich Peter dazu bringen will, dass er wenigstens so lange noch, wie er seine Persönlichkeitskrise hat, in der Gegenwart lebt. – Nein, es geht hier nicht um Peter; es bleibt dabei, dass ich nicht mehr über sein Leben und dessen Krise schreibe. Es geht um eine abfällige Bemerkung von mir, die ihn immer noch wurmt. Das Bild des von der Leine losgerissenen Hundes, der sich in einem Stück Aas wälzt, Das hat mir so gut gefallen, dass ich es ihm nicht ersparen konnte (Oscar Wilde: Lieber einen Freund verlieren, als auf eine Pointe verzichten.). – Peter hat es verkraftet. Aber jetzt gibt er es mir, indem er immer wieder darauf zurück kommt und mich davon überzeugen will, wie schön die Erinnerungsseligkeit mit Gabi ist. Das lässt er sich von mir nicht nehmen, schreibt er in einer Mail. Ich schreibe zurück, dass ich ihm nichts nehmen will. Er soll machen, was er für gut hält, und ich denke, was ich will. – Hätte ich das mal lieber für mich behalten, was ich denke. Dann müsste ich mir jetzt nicht in unendlicher Wiederholung seine Schwärmerei über die Schönheit der Wiederbegegnung mit Gabi anhören. Und dann würde er mich jetzt nicht abbringen wollen von meiner Haltung: Vergangenheit interessiert mich nicht - Frauen aus der Vergangenheit interessieren mich menschlich, aber ich begehre sie nicht mehr, - mich interessiert nur die Gegenwart. Auch wenn sie gerade trostlos ist, weil es niemanden zum Begehren gibt. Weshalb ich gestern mal gedacht habe, dass es das vielleicht nicht mehr geben wird, eine Frau in meiner Nähe, und dass es nur noch darum geht, wie ich damit zurechtkomme. Was bestimmt hinzukriegen ist und dann bestimmt auch irgendwann aufhört traurig zu sein. Auf alle Fälle ist es besser – für mich, Peter! –. als mich mit Frauen aus der Vergangenheit einzulassen aus Pragmatismus oder erinnerungsselig, was ich nun mal nicht sein kann, obwohl ich schöne Erinnerungen habe. Da würde ich eher meine Schwimmstrecke von 2000 auf 3000 Meter verlängern, als dass ich das machen würde, habe ich zu Peter gesagt. – Da hat er gelacht. Beendet war das Thema damit jedoch nicht. Denn er dann gleich wieder, welche praktischen Vorteile das auch hat mit Frauen von früher. Zum Beispiel, dass es ihm bei denen egal sein kann, wenn er morgens neben ihnen aufwacht und Mundgeruch hat. – Da habe ich die Geduld verloren und ihn angefahren: Geht das nicht in deinen Kopf, dass es so sein kann, dass du es auf deine Art machst und ich mache es anders. Das ist kein Fall von Dafür oder Dagegen oder Falsch oder Richtig. Du bist A, ich bin B. Und wir erzählen uns gegenseitig davon, wie es ist A zu sein oder B zu sein. – Vielleicht wäre ich ja auch gerne ein bisschen B hat er darauf gesagt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das ernst gemeint hat, weil er schafft es zur Zeit kaum, A zu sein, wie will er dann auch noch B sein. Außerdem sei er nun mal Sozialarbeiter. Womit er sagen wollte, er meint es doch nur gut mit mir, und: er kann nicht anders. Da habe ich lachen müssen und er auch. Es würde mich allerdings wundern, wenn er heute nicht wieder damit anfangen würde. (...)
Rest des Textes gestrichen. Was da stand, habe ich Peter vorhin am Telefon gesagt, nachdem er heute wieder damit angefangen hat.