Samstag, 16. April 2011

Geklappt

Die junge Frau im Tabakwarenladen überrascht heute mit einem großkarierten Kopftuch in den Farben des Frühlings. Und unser Dialog ist so, dass er, ohne nennenswert überarbeitet werden zu müssen, in ein Lehrbuch für einen Grundkurs Deutsch aufgenommen werden könnte.
Wie geht es Ihnen? frage ich, als ich an die Ladentheke trete.
Sehr gut, antwortet sie. Und wie geht es Ihnen?
Gut, antworte ich nach kurzem Zögern, weil ich es gewohnt bin, die Frage, wie es mir geht, deutsch, also nicht höflich zu beantworten mit einem formelhaften Gut, sondern zu sagen, wie es mir wirklich geht. Gut? – Nach kurzem Überlegen bin ich zu diesem Ergebnis gekommen. Was mich ein wenig überrascht hat, denn heute Vormittag war es noch unentschieden, ob es nicht gerade so weiter geht wie gestern.
Jetzt überrascht mich die junge Frau: Warum nur gut? will sie wissen.
Reicht gut denn nicht?
Die Sonne scheint. Es ist ein schöner Tag. Da muss es einem doch sehr gut gehen.
Ich schaue hinaus auf die Straße. Am Vormittag schien die Sonne. Inzwischen verbirgt sie sich hinter dichter Bewölkung. Da ich nicht widersprechen will, wechsle ich das Thema: Ich möchte eine Packung von den roten Indianer-Zigaretten, sage ich.
Sie gibt mir eine Packung American Spirit Rot. Ich bezahle mit einem Fünfeuroschein. Während sie 10 Cent aus der Kasse nimmt, sagt sie: Mir geht es auch deshalb so gut, weil ich heute ausschlafen konnte.
Schön, sage ich. Und morgen? Müssen Sie morgen wieder arbeiten?
Zum Glück dieses Mal nicht, antwortet sie.
Dann können Sie ja heute Abend mit Ihren Schwestern ausgehen.
Sie nickt und wundert sich vielleicht, wie ich darauf komme. Deshalb füge ich erklärend hinzu: Ich merke mir alles.
Damit spiele ich darauf an, dass sie mir letzten Sonntag erzählt hat, sie habe am Vorabend wegen des Arbeitens am nächsten Tag früh schlafen gehen müssen und infolgedessen nicht mit ihren Schwestern ausgehen können; was hart für sie gewesen sei.
Nachdem ich die Packung Zigaretten und das Rückgeld weggesteckt habe, verabschiede ich mich mit Tschüss.
Einen schönen Tag noch, wünscht sie mir. Und ich ihr auch.
Das hat heute richtig gut geklappt.