Dienstag, 30. August 2011

Bullen

Das bist doch du, der Professor Dr. Bürger. – Wie? – Der Mann, über den du letzte Woche geschrieben hast. Den hast du doch erfunden, um deinen Hass auf die Bullen loszuwerden. (*) – Nein, der ist echt. Erfunden ist nur der Name Bürger, den Mann gibt es: Dr., Professor und sein Privatkrieg gegen die Polizei, alles authentisch. Und ich habe auch keinen Hass gegen die Polizei. Nie gehabt. Nicht mal, als die Polizei zu die Bullen wurde und ein Feindbild war in den 60er Jahren. Und danach war sie mir erst mal egal. Nie was mit der Polizei zu tun gehabt. Und die Polizei nichts mit mir. Es ist auch interessanter nichts gegen die Polizei zu haben. Dann kann ich mich nämlich für Polizisten interessieren. Dann kann ich mich fragen, was sind das für Menschen, was machen die für eine Arbeit? Wie geht es ihnen dabei? Dann höre ich Erzählungen wie die: Dann sind wir zu dem Einsatz gefahren, haben uns in eine Seitenstraße gestellt, haben unsere Anweisungen bekommen, haben uns vorbereitet und dann haben wir gewartet, sieben Stunden haben wir gewartet. Und als es dann losging, hat es eine Stunde gedauert, und dann war der Einsatz vorbei und wir sind zurückgefahren. Der 1. Mai eines Polizisten. Mein zweiter Vorname ist Warten hat mein Schutzmann einmal gesagt. Ein wesentlicher Teil von Polizeiarbeit ist, sich vorbereiten und warten darauf, dass etwas passiert … . 

Streichungen
Abbruch Textentwurf um 17.10 Uhr nach Anruf von Dr. Bürger. Heute erst hat er auf seinem Anrufbeantworter meine Nachricht abgehört mit meiner Bitte um Rückruf wegen seiner Änderungswünsche. Den Namen seines Stammcafés will er gestrichen haben, der Name des Schreibwarengeschäfts soll nicht genannt werden in den Texten über ihn. Einen Interviewpartner lernt man erst richtig kennen, wenn man über ihn geschrieben hat. Dr. Bürger erweist sich im Nachhinein als der Mann, als den ich ihn von Anfang an kennengelernt habe. Trotzdem: Ich hatte gedacht, da kämen noch ganz andere Einwände von ihm. Aber alles, was kam, waren Richtigstellungen, die im Grunde nur Präzisierungen sind, und das mit dem Weglassen der beiden Namen. Denn das hatte ich ihm zugesichert vorher: keine Klarnamen, vollkommene Anonymisierung. Und der Name des Cafés und der Name des Schreibwarenladens, das sind Klarnamen. Im Laden ist er Stammkunde, im Café Stammgast, das ist seine Privatsphäre, argumentiert er. Aber, entgegne ich, das sind öffentliche Orte. In dem Laden bin ich auch Stammkunde. Und überhaupt, das schadet Ihnen doch nicht, dass die Namen genannt werden. Sie sagen doch immer wieder: Die Polizei weiß alles über mich. Dann kennen die auch Ihr Stammcafé. Und dass Sie in dem Schreibwarenladen einkaufen, das ist sogar aktenkundig, weil der Laden Schauplatz eines Vorfalls war, der zu einer Ihrer Dienstaufsichtsbeschwerden geführt hat. Und für die nicht-polizeilichen Leser werden Sie dadurch nicht identifizierbar, dass die Namen des Ladens und des Cafés genannt werden. Warum also schenken Sie mir die Namen nicht, da ihre Nennung Ihnen nicht schadet? – Weil wir ausgemacht hatten, keine Klarnamen.  – Das sind keine Namen, die schützenswert sind im Hinblick auf Ihre Anonymität. Sie haben ja auch nichts dagegen, dass ich die Wurstbude am Bayerischen Platz genannt habe. – Da gibt es zwei. – Stimmt. Was machen wir jetzt? Ich will meine Texte nicht mit Streichungen verhunzen. Helfen Sie mir dabei, Sie zu verstehen. Warum ist Ihnen das so wichtig, dass ich die Namen weglasse? – Weil wir ausgemacht haben, keine Klarnamen. – Uff. Es geht ihm ums Prinzip. Deshalb sage ich: Prinzipienreiterei. Berührt ihn nicht. Ich könnte auch noch sagen: Gesslers Hut. Da würde er wahrscheinlich sagen: Schiller schon lange tot. Wilhelm Tell noch viel länger tot. Nein, würde er nicht sagen. So ist er nicht. Er würde nur wiederholen: Keine Namen. – Ich kann jetzt nicht länger telefonieren. Ich will weiterschreiben, sage ich. Lassen Sie uns morgen noch mal reden. Gehen wir beide in uns und überlegen, ob wir Spielraum für Entgegenkommen haben. – Ich erwarte natürlich, dass er sich bewegen wird morgen. Ich will mich nicht bewegen. Ich will unbedingt an den Namen festhalten. Und er will sie unbedingt weghaben. Er erwartet von mir, dass ich mich morgen bewege. Er ist Dr. Bürger. Er ist berühmt dafür, dass er nicht locker lässt. Sein Beharren auf den Streichungen, das ist die Fortsetzung seiner Geschichte im Blog. Und sie sind ihm so wichtig, dass er zu Anfang des Telefongesprächs sogar erklärt hat: Alles andere können Sie so lassen wie es ist, aber die beiden Namen müssen Sie rausnehmen. – Ich muss gar nichts. Die von ihm verlangten Präzisierungen hätte ich, so wie er sie formuliert hat, separat gepostet. Ich wollte ihm sogar anbieten, sie zu einem Gastbeitrag auszuarbeiten. Jetzt will er ganz darauf verzichten, wenn ich die Namen des Cafés und des Schreibwarenladens streiche. – Was mache ich? Rhetorische Frage, denn ich weiß es schon seit ca. 30 Zeilen. Ich werde mich bewegen. Heute noch, damit ich es hinter mir habe. Ich werde die Namen xxxxxxen und zur Erklärung in Fußnoten auf diesen Text verweisen. Und jetzt habe ich schlechte Laune, weil ich keine Lust habe zu kämpfen.

(*) Das war Uliane, die geglaubt hat, dass ich mir das alles ausgedacht habe. Bei ihr gewesen heute, um Bilder auszuwählen für die Präsentation ihrer Arbeit. Zuvor hatte sie mir eine bessere Reproduktion des Porträts geschickt, das ihr Schüler Torsten Holtz von ihr gemalt hat. Bitte gucken: Lehrerin. Viel besser jetzt. Für das Bild hat sie ihm Modell gestanden. Das macht sie öfter, für ihre SchülerInnen Modell stehen, hat sie erzählt. – Andere Arbeiten von Torsten Holtz hier.