Sonntag, 21. August 2011

Frustriert

Bild: Der Mittvierziger lehnt an seinem Motorrad und hinten auf seinem gebügelten schwarzen Hemd steht Harley Davidson im gleichen Schriftzug wie auf dem wuchtigen Tank des Motorrads: Harley Davidson. Der Mann ist Mitte Vierzig, seine Haare sind schulterlang; er hat seine muskulösen Arme vor seiner muskulösen Brust verschränkt. Kein Rocker. Kein schwarzes Leder. Kann sein, dass er in der Woche Krawatte trägt. 

Digitale Kamera: Am liebsten hätte ich mir die von der Firma Sony gekauft. Weil ich mit dieser Marke die besten Erfahrungen gemacht habe. So ist zum Beispiel das Laptop, an dem ich das hier schreibe, das einzige Gerät in meinem Leben gewesen, nach dessen Kauf ich keinen After-Sales-Frust hatte. Aber dann hat der Verkäufer gestern gesagt: Warum wollen Sie denn 20 Euro mehr ausgeben, wenn Sie die gleiche technische Ausstattung auch von Pentax bekommen? Und dazu noch eine Fünf-Jahre-Garantie, für die Sie beim Sony-Teil noch mal 20 Euro mehr zahlen müssen. Insgesamt 40 Euro mehr. Nur für den Namen? – Also wollte ich kein Markenidiot sein und habe mich für die Pentax Optio RS1500 entschieden. Das ist die Kamera, von der ein anderer Verkäufer letzte Woche sagte, sie sei für ihren Preis (99.90 Euro) die beste. Sie sehe eben nur scheiße aus. Das finde ich nun aber gar nicht: Bitte gucken! Sie sieht nur anders aus als die anderen und das gefällt mir von Stunde zu Stunde besser. Außerdem hat sie ein größeres Display als die vergleichbaren Kameras. Warum bin ich trotzdem nicht zufrieden? – Weil ich vorhin beim Ausprobieren der Kamera - auf dem Balkon war das, als die Sonne noch schien -, weil ich da auf dem großen Display nicht den Turm des Schöneberger Rathauses gesehen habe, auf den ich die Kamera gerichtet hatte, sondern ein Spiegelbild meines Gesichts und im Hintergrund die strahlend weiße Balkonwand in meinem Rücken. Das Display ist also nicht entspiegelt. Der Bildschirm meines Sony-Laptops ist entspiegelt (der Bildschirm meines anderen Laptops, von der Firma Samsung, ist es nicht). Wäre die um 20 Euro teurere Kamera von Sony entspiegelt gewesen, frage ich mich jetzt. Aber mehr noch als das beschäftigt mich im Nachhinein die Frage, warum die bei Saturn so darauf aus waren, mir die Pentax Optio zu verkaufen und warum sie die Kamera ohne Aufpreis mit einer Fünf-Jahre-Garantie anbieten, für die sie sonst 20 Euro verlangen. Das habe ich gestern den Verkäufer mehrfach gefragt und keine Antwort darauf bekommen, an die ich mich jetzt noch erinnern kann. Denkwürdig war nur die nebenbei gemachte Bemerkung, dass die Lebensdauer solcher Kameras im Durchschnitt dreieinhalb Jahre beträgt - so dass eine Fünf-Jahre-Garantie doch eigentlich reines Showgeschäft ist.

Mein After-Sales-Frust wird sich entweder morgen verlieren oder Fortsetzung folgt mit einem Bericht über eine Umtauschaktion. Deswegen hatte ich die Kamera vorhin auch nicht dabei und konnte den stolzen Harley Davidson-Fahrer nicht fragen, ob ich ihn fotografieren darf von vorn und von hinten. Und deshalb gibt es hier heute nicht meine ersten Fotos und auch keinen Text, der so angefangen hätte: Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Aber vielleicht ein gutes?  - In dem Text wäre es um zwei Nachrichten gegangen: Mit der einen hat sich ein seit Wochen beleidigter Freund zurückgemeldet - auf eine Art, die so ist, dass ich ihm auch weiterhin nicht helfen kann. Die andere ist eine heimliche Botschaft der Unbekannten von der anderen Straßenseite. Sie lautet: A good joke spoiled. - To spoil = verderben. Darauf habe ich gestern im anderen Blog geantwortet. Blöde Botschaft, blöde Antwort. Trotzdem: Hätte ich die Wahl gehabt, wäre ich heute viel lieber wegen der blöden Botschaft frustriert gewesen, als abgelenkt zu sein vom Frust nach dem Kauf von gestern.

Es gibt kein richtiges Leben im falschen. - Aber vielleicht ein gutes?