Mittwoch, 17. August 2011

Extrascharf

Es hat keine überraschende Wendung gegeben. Nichts hält mich davon ab, über den offenen Brief von Frau Schwarzer an Frau Roche zu schreiben. Und der Ansatz, mit dem ich das tun wollte, funktioniert nicht. Ich wollte die beiden Schoßgebete-Rezensionen von zwei Männern (Buß, Krekeler) neben die Rezension von Frau Schwarzer stellen, die ihr offener Brief an Frau Roche ist. Das wollte ich so arrangieren,  dass ich die drei Buchbesprechungen referiere (ohne Zitate), so dass nicht von vornherein erkennbar ist, wer was geschrieben hat. Ich wollte, dass die Mackerhaftigkeit der Frau Schwarzer sich selbst zu erkennen gibt und sich abhebt als Mackerhaftigkeit der deutschen Berufsfeministin von der branchenüblichen Mackerhaftigkeit der Berufsfeuilletonisten. Das hat nicht funktioniert. Weil es mir immer so geht mit ausgedachten Ansätzen und: weil die Haltung Frau Schwarzers, die sie gegenüber Frau Roche einnimmt, nicht mackerhaft ist. Sie ist herablassend und sie ist gönnerhaft: Du bist trotz allem eine Feministin, wenn auch eine Feministin auf dem Trip. Aber das ist auch ein Spiel, ein Rollenspiel, in dem Frau Schwarzer die Rolle des Über-Ich annimmt, als das Frau Roche sie beschwört. Dann zum Beispiel, wenn sie mit ihrem Mann tut, was sie eigentlich gerne tut, aber nicht tun dürfte, wenn sie auf das feministische Gewissen hören würde, das sie in Wahrheit gar nicht hat. Das sie nur zu haben vorgibt, um dem, was sie gerne tut: z.B. ihren Mann zu fellationieren, mit ihm Pornos zu gucken oder mit ihm ein Bordell zu besuchen, einen Kick zu geben ins unheimlich Verruchte, das es ohne das schlechte feministische Gewissen nicht hätte. Darauf weist auch Frau Schwarzer hin: Frau Roches Mann ist katholisch. Er gibt sich den extrascharf machenden Kick durch das Verbotene mit der Erinnerung an seine religiöse Erziehung. Und Frau Roche gibt sich den extrascharf machenden Kick, indem sie beim Analsex an Frau Schwarzer denkt? Unwahrscheinlich. Doch an Frau Schwarzer denken beim Analsex, das tut auch nicht Frau Roche – Roman! –,  das tut Frau Roches Alter-Ego im Roman. Für die Galerie. Das sind Materialien für die Rezensionsmacker und das ist der Gesprächsstoff für die Talkshows, durch die Frau Roche nun tingeln wird und denen sie damit die Themen vorgibt. Schlaue Frau Roche. Wer kann ihr noch was erzählen? – Frau Schwarzer hat es versucht mit ihrem rührenden offenen Brief: Oma an Häschen. – Merkwürdig ist – aber nur auf den ersten Blick – eine Bemerkung Frau Schwarzers gegen Ende ihres Briefes an Frau Roche. Da behauptet sie etwas, was grob gelogen ist (SPON). Oder ist ihr etwas entgangen, weil sie es gerne anders hätte? Es geht um die Reaktion der Feuilletons: In denen wirst du interessanterweise von den meisten Frauen beschwärmt, von den meisten Männern aber verrissen. Sie scheinen dich nicht zurückzulieben, die Männer, schreibt Frau Schwarzer. Was hat sie denn gelesen? Nicht die FAS? Nicht Spiegel Online? Nicht die taz? Und auch nicht Die Welt, für die es offenbar Ehrensache war, das Buch gut besprechen zu lassen (von einem Mann), trotz des Privatkriegs, den Frau Roche gegen die Springer-Presse führt? Hat Frau Schwarzer vielleicht nur den Verriss in der Süddeutschen  gelesen? Und weil der so böse war, hat sie angenommen, da werden die anderen Kerle das Buch ihrer ehemaligen Freundin auch niedergemacht haben, und darauf hat sie seufzend gedacht: Warum tut die Charlotte sich das an? Was reißt sie sich rum mit den Kerlen? Warum kommt sie nicht zu uns? – Weiß keiner. Und deshalb ist Frau Schwarzer am Ende ganz enttäuschte Oma, ganz strenges Über-Ich: Du hast keine Lösung, du hast das Problem. – Was für ein Problem?  Feuchtgebiete: 1, 3 Millionen verkaufte Auflage. Schoßgebete: Erstauflage 500.000, die höchste Startauflage, die ein deutscher Autor je hatte.