In den 80er Jahren sind Keith Richards und Mick Jagger einmal zusammen von London nach New York geflogen. Das Flugzeug kam in schwere Turbulenzen. Triebwerke fielen aus, sprangen wieder an, fielen wieder aus. Es wurde geschrien, gebetet, gewimmert, gekotzt. Während Jagger und Richards nur seelenruhig Whiskey nachorderten und der Stewardess, um sie zu entlasten, vorschlugen, die Flasche gleich da zu lassen. Die Stewardess hat das hinterher voller Bewunderung für die beiden prominenten Fluggäste erzählt. Tolle Geschichte. Darüber, wie der Mythos der Rolling Stones unter äußerstem Stress standgehalten hat. Als ich die Stones Mitte der 90er Jahre zum letzten Mal live gesehen habe, bei einem der schlimmsten Konzerte, die ich überhaupt gesehen habe in meinem Leben, musste ich irgendwann im sich quälend hinziehenden Mittelteil an diese Geschichte denken und habe mir gedacht, wie viel besser es für den Mythos der Rolling Stones gewesen wäre, wenn der Flug damals nicht in New York angekommen wäre. So kann natürlich nur ein Fan denken, ein harter Fan, harter Stones-Fan, der ich mal war. – Von Mick Jagger war vor ein paar Jahren zu lesen, dass er einen hochdotierten Buchvertrag abgeschlossen, dann aber bald die Arbeit mit dem Ghostwriter abgebrochen hat. An seine Begründung kann ich mich nicht mehr erinnern, nur noch daran, dass sie mir einleuchtete und ich auch nicht das Gefühl hatte, dass mir oder sonst wem dadurch etwas verloren gegangen ist. Keith Richards hingegen hat seinen hochdotierten Buchvertrag erfüllt. Er hat einem ihm in Bewunderung ergebenen englischen Journalisten sein Leben erzählt, der hat es aufgeschrieben, Richards hat es hinterher editiert und zwar nach Gehör; der Autor musste ihm das Manuskript vorlesen – und jetzt staunt die Welt alleine schon darüber, an wie viel sich Keith Richards noch erinnern kann nach allem, was sich der Mann in seinem Leben gegeben hat an illegalen und legalen Drogen. - Keith Richards, Life. - Werde ich das Buch lesen? Unwahrscheinlich. Aber ich lese alles an Berichterstattung darüber, was mir im Internet begegnet. Wegen der alten Zeiten und in der naiven Hoffnung, etwas über die Stones zu erfahren, was ich noch nicht weiß. Doch ich erfahre nur, was für ein Klischee seiner selbst Mr. Richards ist – und wie er es versteht, sich mit seiner Masche beliebt zu machen. - Pirates of the Caribbean – Johnny Depp adaptiert und kolportiert die Keith-Richards-Gestalt – wurde inspiriert durch ein Fahrgeschäft in Disneyland gleichen Namens und Themas – eine sogenannte Themenfahrt, also letztlich ein Karussell, mit Piratenmotiven. Die Filmreihe ist ein Riesenerfolg. Was wohl vor allem an der Beliebtheit Johnny Depps liegt, der ein großer Verehrer von Keith Richards sein soll und mit ihm auch schon mal in London durch die Nacht zieht. Ich nehme an, beides, die Verehrung für und das Herumziehen mit Keith Richards, ist reiner Opportunismus von Johnny Depp – um den Persönlichkeitsstil seines Vorbilds aus der Nähe studieren zu können - und bestimmt auch schon ein bisschen Kampagne für Pirates of the Carribean 4. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann, der mit Vanessa Paradis zusammenlebt, Spaß daran hat, sich bis ins Morgengrauen das Altmännergerede von Keith Richards anzuhören. Ich habe es nicht mal ertragen, Zitate dieses Altmännergeredes für einen Text zusammenzustellen, in dem ich meine Eindrücke von der Berichterstattung über das Buch schildern wollte. Bis ich zu der glücklichen Einsicht gekommen bin: ich muss gar nicht über Keith Richards schreiben, auf jeden Fall nicht mit Zitaten. Stattdessen im Anschluss die Links zu den Artikeln, die ich gelesen habe. Bitte beachten die Stelle im NYT-Kommentar (*), wie er sich zum Thema Misogynie der Rolling Stones äußert: Er doch nicht. – Und was ist mit Under My Thumb? – Er hat nur die Musik gemacht. Der Text ist von Jagger. – Das auch noch. Der Pirat als Schleimer.
Keith Richards Has Memories to Burn; A Writing Stone: Chapter and Verse; When a Pirate Is the Voice of Chivalry (*); 12 Juiciest Bits From Keith Richard´s Memoir; Keith Richards and Me.