Donnerstag, 28. Oktober 2010
Fein
Der Text über Keith Richards ist nicht fertig geworden. Wegen des langwierigen Zusammensuchens der Zitate aus den Artikeln, die ich gelesen habe über sein Buch; und weil ich mir das noch mal überlegen muss mit Gimme Shelter und der Umarmung von Anita Pallenberg in einer Drogennacht. Aufwendig. Die Auftraggeberin (Brasilien) hat nicht erwartet, dass das so aufwendig werden wird mit dem Text für ihre Website. Doch der Aufwand war notwendig, damit wir uns im Gespräch heute darüber klar werden konnten, was wir eigentlich kommunizieren wollen und welche Informationen ich brauche, damit ich weiß, was sie weiß. So läuft das. Es läuft immer so. Und dann läuft es unerwartet gut heute Nachmittag. Der abgebrochene Schlüssel meines Fahrradschlosses ragte so weit aus dem Schloss, dass ich ihn mit der mitgebrachten Kombizange mühelos drehen und so das Schloss öffnen konnte. Ich war heute also zweimal beim Hallenbad am Sachsendamm: einmal heute Morgen, als mir der Schlüssel abgebrochen ist, und nicht mal Knack hat es gemacht; und noch mal gegen 14.30 Uhr mit Kombizange. Preis für das Nachmachen des Schlüssels im Schlüssel- und Schlossladen auf der Akazienstraße: sechs Euro, statt über 30 Euro für ein neues Schloss. Die Tess. Die Tess zeigt mir, dass sie da ist (Licht, Huschen). Und ich weiß nicht, was sie will. Dass ich nicht aufhöre, immerzu an sie zu denken? Oder dass ich weiter über sie schreibe? Was denn, Tess? Mit jedem Tag habe ich weniger Lust, über die Szene auf der Akazienstraße zu schreiben. Das ist ja nicht nur der Blick von Dir, das sind all die Vorstellungen, die ich hineinlege in den Blick und in die Szene, weil ich keine anderen habe, solange ich nichts anderes weiß von Dir als das, was ich gesehen habe und mir denke dazu. Geld. Das ist jetzt das Thema. Das ist der neue Haupterzählstrang. Geld und kein Geld. Wie über kein Geld reden, offensiv, ohne dabei rüberzukommen mit der Aura eines Langzeitarbeitslosen, der auf dem Bürgersteig kauert und die Hand hinhält, nicht mal ein Tellerchen hat oder einen Hut für die Münzen der Passanten – oder einen Säugling, wie eine Sinti-Frau ihn im Arm hält zur Illustration ihres Elends? Guter Hinweis: Die Armut bedarf der Illustration, um erfolgreich zu sein. Betteln. Auch das ist ein kommendes Thema. Das wird noch was werden! Harter Schnitt auf die Wand neben der Eingangstür zum Gartenhaus. Angeklebte Klarsichthülle. Darin ein Text mit Foto. Seit drei Wochen wird die Katze vermisst. Die Halterin schreibt, dass sie sehr traurig ist. Sie hätte auch schreiben können, verzweifelt. Sie vermutet, sie hätte auch schreiben können, sie hofft, dass die Katze in einem Schuppen oder einem Kellerraum eingeschlossen ist, und sie bittet uns alle, darauf zu achten. Für den Fall, dass wir die Katze sehen, schreibt die Halterin: Sie hat grüne Augen und ein feines Gesicht. Sie hört auf den Namen Koshka! – Hat nicht jede Katze ein feines Gesicht? - Nein.