7.20 Uhr. Edeka n der Gleditschstraße. Obst- und Gemüse-Abteilung. Drei junge Männer und eine junge Frau füllen die Auslagen mit frischer Ware aus dem Kühlhaus. Die Stimmung gereizt. Bei mir, weil ich noch nicht gefrühstückt habe. Bei den Mitarbeitern des Supermarkts, weil sie mich ertragen müssen. Ich fasse zwei Pfirsiche an und dann eine Nektarine. Ganz sachte. Aber ich könnte sie ebenso gut in die Hand nehmen und mit aller Kraft zudrücken.
Mann, sind die hart! Wer soll die denn essen?
Junger Mitarbeiter: Sie müssen Sie ja nicht kaufen.
Und was soll ich jetzt zum Frühstück essen?
Junger Mitarbeiter: Bananen?
Für diesen Vorschlag hasse ich ihn. Doch ich halte mich zurück und sage: Ich wollte Pfirsiche. Deshalb bin ich hier.
Junger Mitarbeiter: Andere haben wir nicht.
Um mir den Weg nicht umsonst gemacht zu haben, will ich eine Schale Feldsalat mitnehmen. Keiner zu sehen. Mit dem jungen Mitarbeiter will ich nichts mehr zu tun haben. Ich frage die junge Mitarbeiterin, ob es keinen Feldsalat gibt. Das weiß sie nicht. Sie geht nachschauen. Die Edeka-Filiale in der Gleditschstraße war einmal der bestgeführte Supermarkt, der mir in meinem Leben begegnet ist. Bei der Personalfreundlichkeit liegt er immer noch ganz weit vorne.
Während ich warte, erinnere ich mich, mit dem jungen Mitarbeiter schon bessere Gespräche geführt zu haben, und versuche es noch mal: Würden Sie solche Pfirsiche kaufen? sage ich mit Blick auf die Pfirsiche, die alle gleich aussehen (gut) und alle gleich hart sind.
Junger Mitarbeiter: Nein.
Seine ehrliche Antwort überrascht mich. Mit ihm kann man also doch reden. Ich sage, dass es ein Irrtum ist zu glauben, dass die Pfirsiche reif werden, wenn man sie zu Hause drei Tage hinlegt. Dann werden sie weich in der Konsistenz, aber nicht reif im Geschmack (Aroma). Doch selbst, wenn es so wäre, was soll das, Obst zu verkaufen, das man nicht gleich essen kann?
Der junge Mitarbeiter sieht das ein, gibt jetzt aber zu bedenken, dass reife Ware nun mal schnell verdirbt.
Diesen Einwand kenne ich und entgegne: Dann wird also das Geschäftsrisiko beim Handel mit verderblicher Ware auf die Kunden abgewälzt, indem man ihnen unreife Früchte anbietet.
So hat der junge Mitarbeiter es noch nicht gesehen und rät mir, mich bei der Geschäftsleitung zu beschweren.
Ich winke ab. Ich will nicht wissen, wie viele Kunden sich wegen der unreifen Pfirsiche schon erfolglos beschwert haben, sage ich. Nein, das Einzige, was wir Kunden tun können, ist das Zeug liegen zu lassen. Dann eben keine Pfirsiche mehr zu kaufen.
Der junge Mitarbeiter sagt, dass es Leute gibt, die die harten Pfirsiche kaufen.
Ich nicke verbittert. Das ist mir bekannt. Zu diesen Leuten fällt mir nichts ein.
Die Mitarbeiterin kommt zurück mit einer Kiste Feldsalat. Sie lässt mich eine Schale aussuchen. Ich bedanke mich für ihren Einsatz und verlasse den Supermarkt nun wenigstens nicht mit leeren Händen.
Ins Frühstücksmüsli (Seitenbacher) schneide ich mir statt eines Pfirsichs, auf den ich so Appetit hatte, einen Apfel, den ich mir gestern in der Apfelgalerie gekauft habe. Guter Apfel. Aber Äpfel kann ich im Herbst und im Winter noch oft genug essen. Jetzt ist Juli. Ende der Erdbeerzeit, Beginn der Pfirsichzeit. Aber nicht für mich, denn ich werde das harte Zeug nicht mehr kaufen. – Dann musst du dir eben einen Laden suchen, wo sie dir reife Pfirsiche zur Seite legen, hat mir eine Bekannte gesagt. Guter Tipp. Sofort habe ich an die Apfelgalerie gedacht, wo ich in den letzten Wochen zum Kunden geworden bin und das anfangs schwierige Gespräch mit Caty, der Chefin, von Mal zu Mal entspannter wird. Wenn sie Pfirsiche bekommen, schreibt sie mir eine Mail, hat sie mir versprochen, aber gleich dazu gesagt: So viele Pfirsiche wird es vom Obsthof in Brandenburg in diesem Jahr nicht geben. Wegen der drei Frostnächte, die sie hatten während der Pfirsichbaumblüte. – Die heimischen Pfirsiche erfroren. Die Pfirsiche aus Frankreich und Italien aussehend wie gemalt und unessbar hart. – Mehrere Kunden Catys haben ihr erzählt, dass sie schon seit Jahren keine Pflaumen, Pfirsiche oder Birnen mehr essen, wegen der Unverzehrbarkeit des Angebots. Also auch verzichten und hoffen, dass es immer mehr werden, die sich der Verzichtbewegung anschließen, damit sich etwas ändert?
14.20 Uhr. Edeka n der Gleditschstraße. Obst- und Gemüse-Abteilung. Die Steige mit den harten Nektarinen ist noch so voll wie heute Früh. Die Steige mit den harten Pfirsichen ist zu zwei Drittel geleert und wird bestimmt gleich von der herumwuselnden Mitarbeiterin mit dem sächsischen Akzent wieder aufgefüllt. Ich notiere mir, dass die Pfirsiche und die Nektarinen aus Frankreich kommen und 3 Euro 49 kosten. Da ich die wuselnde Mitarbeiterin nicht stören will, wende ich mich an eine ihrer Kolleginnen. Ich frage sie nach einer Mail-Adresse, um an die Geschäftsleitung schreiben zu können. Sie fragt mich verdutzt, warum ich an die Geschäftsleitung schreiben will, und nachdem ich es ihr gesagt habe, wegen der harten Pfirsiche und dass ein Kollege von ihr das angeregt hat, da fragt sie mich entgeistert, was ich mir davon verspreche: Was sollen die Ihnen denn darauf antworten? – Das weiß ich nicht. Deshalb will ich ihnen ja schreiben. – Sie denkt nach. Schnappt nach Luft. Es geht ihr nicht etwa darum, mich abzuwimmeln, wie es mir zunächst vorgekommen ist; sie überlegt, w a s die mir antworten könnten. Damit sie es mir sagen kann. Sie ist sehr engagiert. Aber sie kommt nicht drauf, was die mir sagen könnten. Sie erklärt mir, ich solle einfach auf die Seite edeka.de gehen, da könne ich dann an den Kundenservice schreiben. Ob ich Internet habe? – Zwei ihrer Kolleginnen machen sich an Regalen in unserer Nähe zu schaffen und lauschen unserem Gespräch. Für deren Ohren bestimmt sage ich, das sei keine große Sache, ich wolle keinen Aufstand machen und ich wolle mich auch nicht über die Filiale und schon gar nicht über einen Mitarbeiter beschweren. Es geht mir nur um die unreifen Pfirsiche. – Ja, sagt sie, die sind schon sehr hart, die Pfirsiche. – Würden Sie die kaufen? frage ich. – Nein, antwortet sie so ehrlich wie ihr Kollege am Morgen.
E-aktiv markt Schrader
Barbarossastraße/69 / Gleditschstraße 56
10781 Berlin
Tel: 030 2162940
Fax: 030 2164984
Mo - Sa 7.00 - 22.00 Uhr
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Mo - Sa 7.00 - 22.00 Uhr