Samstag, 23. Juli 2011

Emeklier

Material habe ich immer vor Augen. Meist ist es nicht  überzeugend. Aber wenn ich etwas sehe und es ist überzeugend, dann kriege ich das auch.

Ein  Paar   Speckstein   22 cm    1996

Frühe Arbeit. Aus der Zeit seiner Ausbildung an der UDK. Thematisch: männlich/weiblich. Miriam und ich. – Einmaliger Ansatz. Nicht weiter verfolgt. Als er im Frühjahr Arbeiten ausgesucht hat für die Ausstellung bei Mini Kapur, hat er die kleine Skulptur wieder einmal in die Hand genommen und gefunden: Sie ist mir gut gelungen. Als Objekt. Unabhängig von der Figuration.


Kopf 1    Birke    28 cm    1997

Eine Holzarbeit aus meiner ersten Steinzeit. Als Özgürs Lehrer, Herr Yoshimi Hashimoto, ihn an das Arbeiten mit Granit herangeführt hat. Porträt: Da sehe ich mich selbst drin. Nicht, wie ich ausgesehen habe. Wie ich mich gefühlt habe. Bewusstseinszustand: Da fühle ich mich voll da. Damals habe ich eine Leere im Kopf gehabt, wie man sie sonst nicht erreicht. Nicht einmal im Schlaf, wo es immer noch die Traumbilder gibt. – Wichtige Arbeit. Ausgangspunkt einer Entwicklung. Unverkäuflich. Er würde die Skulptur in Bronze gießen, aber das Original gibt er nicht her.


Fisch   norwegischer Labrador (Labradorite)  70 cm   1999

Auf dem Foto nicht zu erkennen, das Funkeln der in den Stein eingeschlossenen  Halbedelsteine: Labradorite. Im Sonnenlicht funkelt der Stein, als würde man am Tag die Sterne am Himmel sehen. – Fundstück. Entdeckt, als ich mit Miriam auf Steinsuche auf einem Friedhof war. Sockel eines zur Entsorgung freigegebenen Grabmales. Ein quaderförmiger Klotz. Ungeschliffen. Die funkelnden Labradorite kamen erst beim Schleifen zum Vorschein. Der Lichteffekt hat ihn an das Schimmern von Fischhaut erinnert. 


Raindrop   lackierter Gips   60 cm   2006

Wieso ein englischer Titel? – Internationale Produktion. Entstanden bei einem Symposion des Mosan Museums in Korea. Jedes Jahr werden dorthin Bildhauer aus allen Kontinenten eingeladen. Ich war eingeladen als Türke. Als Asiate (Vertreter Kleinasiens). Die beim Symposion entstehenden Arbeiten gehen in den Besitz des Museums über. Nachdem er seinen Symposionbeitrag beendet hatte – Das Auge, 6 Meter lang, 1,45 m hoch, 6 Tonnen schwer –, blieb Özgür noch eine Woche. In der Zeit hat er einen Findling aus schwarzem Granit bearbeitet, der bereits geschnitten war (gekerbt, noch nicht ausgehöhlt). Als er den Findling entdeckte, hat er darin den Tropfen gesehen. Naheliegende Assoziation: Nachdem in den ersten vier Wochen von morgens bis abends die Sonne auf den Granitsteinbruch gebrannt hatte und es bis zu 45 Grad heiß war, regnete es in der fünften und letzten Woche ununterbrochen. - Die Gips-Lack-Skulptur ist eine Nachbildung. Sie hat mehr Arbeit gemacht als der Stein. Wegen des mehrfachen Lackierens und Schleifens, das notwendig war, um dem Glanz des Originals nahe zu kommen.


Boot   Nussbaum, Sockel: Kiefer   150 cm   2007

Walnuss aus Belgien. Das Holz war zerfressen von Holzwürmern. Es gestalten war zugleich, es von den Würmern befreien. Ein Wurmloch blieb erhalten, am Bug der Boot-Form, für das Piercing mit dem Ring, an dem die Kette hängt, mit der das schwebende Boot am Sockel festgemacht ist. Der Sockel ist ein mehr als 100 Jahre altes Fundstück aus dem Sperrmüll, das jahrelang vor Özgürs Atelier gestanden hatte. - Das Boot ist mein Boot. Wichtig ist, dass es schwebt und dass es festgehalten wird von der Kette, die es mit dem Sockel verbindet. Das Schwebende des Bootes und die Stabilität des Sockels, das sollte zusammenkommen. 

Alle hier abgebildeten Arbeiten sind ausgestellt bis Ende August in der Galerie von Mini Kapur:
UNDER THE MANGO TREE
Merseburger Straße Nr. 14
10823 Berlin
030 787 184 75
mini.kapur@utmt.net

Reliefs Positiv/Negativ und mehr siehe Nachlieferung.
Fotos: © Özgür Emeklier