Montag, 11. Juli 2011

Schutzmann

Es ist eines der besten Interviews, das ich je gemacht habe. Aber dafür kann ich nichts. Erst nach einer Stunde stelle ich die erste Frage, eine Zwischenfrage. Und da weiß ich schon, ich werde es vermasseln. Ich habe kein Aufnahmegerät eingeschaltet; es liegt zu Hause mit leeren Akku-Batterien. Als ich das feststellte, dass sie leer sind, dachte ich, nicht so schlimm, es wird reichen, wenn ich mir Notizen mache. Aber so viele Notizen kann ich mir nicht machen, wie ich mir machen müsste. Mein Gegenüber lässt mir keine Zeit zum Mitschreiben; er hat keine Laberphasen, in denen er sich wiederholt oder in Nebensächlichem verliert, so dass es genügt, nur halb hinzuhören. Er erzählt eine Geschichte, schnell und geradeaus und klar gegliedert. Angefangen hat sie damit, dass ich sagte, Ihr jüngerer Kollege, mit dem ich mich eben kurz unterhalten habe, der ist ja ganz zufrieden mit seiner Arbeit als Polizist. Worauf er antwortete, er sei nicht zufrieden mit seiner Arbeit, und dann erklärte er mir, warum nicht. Die Erklärung war die Erzählung. Erst dachte ich, die Erzählung ist eine einzige Beschwerde, eine Klage über die Ohnmacht der Polizei. Das System funktioniert nicht, sagt der Polizist. Weil seine Arbeit im liberal rechtsstaatlichen Gemeinwesen Beschränkungen unterliegt? Deshalb will er schärfere Gesetze, kriegt sie nicht, wird politisch zum Ultra? Doch wer hört schon auf ihn? Ich gerade. Mit meiner Sympathie für die Polizei. Hoffentlich kriegt die jetzt keinen Knacks, denke ich und mache mir Sorgen um mein Projekt: Polizeiarbeit in Schöneberg. Unbegründet. Mein Gegenüber ist kein Ultra. Es geht nicht um Politik. So einfach ist es nicht.

Schutzmann, das gute alte Wort, das verwendet er immer wieder. So bezeichnet er sich selbst, als Schutzmann. Das will er sein. Das schreibe ich über den Text. Fortsetzung, wenn ich das Gespräch mit ihm verarbeitet habe.