Montag, 17. Januar 2011
Engel
Poste ich Aschenputtel 1 heute Abend oder warte ich mit dem ersten Post, bis Teil 3 geschrieben ist? – Und wenn ich es nicht poste, was mache ich dann? – Was über mich? – Wer bin ich eigentlich? Was mache ich hier eigentlich? – Vertrauter von Peter bin ich. Der sagte gestern: Natürlich darf der Blog alles über ihn wissen. Alle dürfen alles wissen. Er hat keine Geheimnisse. Auch seinen Slype-Freundinnen sagt er alles. – Auch, dass du immer noch trinkst? - Ja, natürlich. - Und am Freitag betrunken warst? – Ich, betrunken? - Was er also weit von sich gewiesen hat. Er ist nie betrunken. Er trinkt nur zwei Gläser Wein am Tag. Ein Fortschritt gegenüber zwei Flaschen, die es noch im Herbst waren. – Ich will nicht trocken sein, sagt er. Nicht ganz trocken. – Ein bisschen trocken geht aber nicht, sage ich. Das ist wie mit tot oder schwanger. Entweder ganz oder gar nicht. - Er verweist auf Millionen Menschen, die kontrolliert trinken. – Ich verweise darauf, dass er im Herbst im Aufnahmezimmer einer psychosomatischen Klinik saß und seine Hände beim Ausfüllen der Formulare so gezittert haben, dass die Klinik-Leute es bemerkt und ihn wieder nach Hause geschickt haben, weil sie Alkoholiker-Entgiftung nicht im Programm haben in ihrer Klinik. – Jetzt nennt er Gründe, warum er nicht aufhören kann/will: Die Freundin, die er zuletzt eher selten sah und bald hoffentlich wieder öfter trifft, die trinkt auch Alkohol. Und er hat Angst davor, ins Delirium zu fallen, wenn er ganz aufhört. – Peter, das ist die Logik der Sucht. Die findet immer Gründe dafür weiterzumachen. Damit kenne ich mich aus. Was meinst du, was mir alles einfällt, warum ich nicht mit dem Rauchen aufhören kann/will? - So geht das. Immer im Kreis. - Nein, anstrengend ist es nicht. Für mich nicht. Für ihn ist es anstrengend. So wie es für mich anstrengend ist, mir eine Wirklichkeit zu schaffen, aus dem Wenigen, viel zu Wenigen was ich weiß über die Tess. Warum mache ich das? Warum kann ich mich nicht begnügen mit dem, was ich sehe, und mich abfinden mit dem, was nicht ist? – Bin schon dabei und gleich darauf nicht mehr. Das mit dem Begehren kann sich auch schnell wieder ändern, habe ich gestern an die Tess geschrieben in der guten Stimmung, in der ich war. Es ist allgemein bekannt, dass die versengten Flügel von Engeln sehr schnell heilen, wenn die Engel sich wieder zu fliegen trauen. Versengt = leicht verbrannt, habe ich dann noch dazu geschrieben, falls die Tess das Wort versengt nicht kennt. - So geht das. Immer im Kreis. Doch Aschenputtel 1 – 3 ist keine Aktion von Begehren. Das schreibe ich für die Tess. An ihrer Stelle, weil sie es selbst schreiben würde, wenn sie ihr Leben veröffentlichen würde, so wie ich es tue, indem ich zum Beispiel meine Vorstellungen über das Leben der Tess veröffentliche und dabei das Gefühl habe, dass die Tess das will und dass der Blog es will, weil es auch der Blog der Tess ist. Ganz schön verstiegen! Und einen Engel mit leicht verbrannten Flügeln gibt es jetzt auch schon. So weit ist es gekommen. So weit allerdings noch nicht, dass ich glaube, ich bin der Engel. Der Engel ist mein Begehren. – Das Begehren ein Engel? - Wundert mich selbst. Aber als das Begehren weg war, hat sich die Leere angefühlt wie die Abwesenheit eines Engels. - Die Tess ist übrigens auch kein Engel. Niemals. Die Tess ist eine Contessa.