Montag, 13. Dezember 2010

Stromausfall

Außerdem ist vom Samstag noch zu berichten, dass es bei Videoworld in der Hauptstraße einen Arschlochauftritt gab und das Arschloch war wieder mal ich. Das ist ein abgewandeltes Rainald-Goetz-Zitat (Klage) und der Auftritt von mir ging so: Stromausfall. Räume im Halbdunkel. Rechner außer Betrieb. Der Videoworld-Mitarbeiter muss die Buchungen handschriftlich vornehmen. Lange Warteschlange. Ich stelle mich an. Habe es wie immer eilig. Beobachte den zweiten Mitarbeiter, der mit seinem Handy am Ohr umhergeht – ich könnte auch sagen, sich wichtig macht, statt seinem Kollegen zu helfen. Licht geht wieder an. Rechner werden hochgefahren. Das dauert. Mitarbeiter mit dem Handy telefoniert nicht mehr, sondern steht jetzt hinter dem Tresen und schaut, was die Rechner so machen. Ich verspüre das unbezwingbare Bedürfnis, aus der Warteschlange heraus nach vorne zu treten und den Mitarbeiter zu fragen: Nehmen Sie jetzt auch die Arbeit auf oder wollen Sie, dass wir weiter auf ihren Kollegen warten? An den zweiten Teil des Satzes erinnere ich mich nicht mehr ganz genau. Aber ich denke, was als Affront empfunden wurde, das war die Eingangsfrage: Nehmen Sie jetzt auch die Arbeit auf? – Keine Antwort auf die Frage. Wechsel entsetzter Blicke der beiden Videoworld-Mitarbeiter. Entrüstung! Ich trete zurück in die Schlange. Denke, dass ich das auch hätte weglassen können. Aber: Was ist so schlimm daran gewesen? – Eine Frau, die gerade dran war, mustert mich im Weggehen mit strengem Blick aus den Augenwinkeln: Was ist denn das für einer?! – Ja, was bin ich denn für einer? – Der, der eben – übrigens in gar nicht unfreundlichem Ton – gefragt hat, ob der Mitarbeiter auch seine Arbeit aufnehmen wird. So was macht man nicht. Das sehe ich inzwischen ein. Aber was ist denn Schlimmes passiert? Blutet jemand? Habe ich die Telefonnummer der Geschäftsleitung verlangt? Verliert er wegen meines Auftritts seinen Job? – Die Rechner sind hochgefahren. Geschäftsablauf wie immer. Ich bin dran. Auch das gebe ich zu: Nach gar nicht so langem Warten bin ich dran. Wortlos und ohne seinem Blick begegnen zu können, werde ich von dem Mitarbeiter bedient, der nicht der Angesprochene war. Dieser Videoworld-Mitarbeiter redet mich normalerweise mit meinem Namen und mit Herr an, was mir schon immer übertrieben vorgekommen ist für einen Videoverleih. Ab jetzt hat sich das mit Herr. Das ist der Erfolg meines Auftritts, merke ich gerade, indem ich das schreibe: dass ich ab jetzt nicht mehr unangemessenerweise bei Videoworld mit Herr und Nachname angeredet werde. Während es dann vorgestern so weiter ging, dass ich nach Videoworld durch den Matsch und die Pfützen die Hauptstraße Richtung Akazienstraße hochging und in Gedanken nicht von der Stelle kam: Gut, das hätte ich auch weglassen können. Aber was ist so schlimm gewesen an der Frage? Was ist denn passiert? Das reicht doch nicht mal dafür, dass ich mich jetzt schlecht fühle. Und für eine Entschuldigung hat es auch nicht gereicht. Wofür denn entschuldigen? Dass ich nicht nett war? Dass ich mal wieder ich gewesen bin?