(*) law blog: ... Die geplanten Regelungen sind weltfremd im wahrsten Sinne des Wortes. Das Internet ist ein internationales Medium. Kein Inhalteanbieter aus einem anderen Land wird sich um in Deutschland angeordnete Alterskennzeichnungen und Sperrzeiten scheren. Gleiches gilt für deutsche Anbieter, die zumindest offiziell mit Server und Adresse in weniger restriktive Regionen umziehen. Das gesamte System ist also bereits jetzt zum Scheitern verurteilt und läuft eigentlich nur auf eine Knebelung der “braven” deutschen Anbieter hinaus, die nicht tricksen oder sich im bürokratischen Dickicht verirren wollen, Angst vor Abmahnungen haben und deshalb womöglich ihre Seiten dichtmachen.
Samstag, 4. Dezember 2010
JMStV
Brrrrrr. Das war eine harte Woche. Das habe ich nicht vorhergesehen, dass es so schwer wird, den Ausgang (exit) zu finden aus dem Erlebnis, das ich mir aus dem Kopf schreiben wollte. Und dann auch noch seit Mittwoch die anschwellende Berichterstattung über den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), mit dem sie das Publizieren im Internet, das ihnen unheimlich ist, nach ihren Zwangsvorstellungen regulieren wollen. - Ich gleich: Es gibt keine Kultur der Freiheit in diesem Land. Woher soll die auch kommen? Von den Freikörperkultur-Kolonien der DDR? Oder den tempolimitfreien Bundesautobahnen? - Im Härtefall entscheiden sie sich immer gegen die Freiheit. Weil sie ihnen nichts wert ist. - Denken wie ein zorniger älterer Mann redet an der Ecke, wo sie den grünen Sonnenschirm aufgespannt haben und Flugblätter verteilen bei dieser Kälte. Und ihr macht da mit! Und alles, was euch dazu einfällt ist von Koalitionszwängen zu reden. Keinen Respekt vor der Freiheit habt ihr. Und ich habe euch auch noch gewählt. – Mann mit den Flugblättern: Aber was wollen Sie denn? Sie sind doch gar nicht betroffen. Ihr Blog war doch von Anfang so geschrieben, dass auch aufgeweckte kleine Mädchen ihn lesen können. – Stimmt. - Liest der meinen Blog? Wie kann der das wissen? – Weil das eine erfundene Szene ist. Erfunden, um mich lustig zu machen über meine Empörung und meine Aufregung, weil ich mir komisch dabei vorkomme. Aber ich habe sie nun mal, die Empörung. Und die geht noch viel weiter: Nichts ist politisch so dämlich wie Verschwörungstheorien, Trotzdem komme ich nicht von dem Verdacht weg, dass mit dem neuen Gesetz nicht nur an die kleinen aufgeweckten Jungs und Mädchen gedacht wird, sondern eine ganze Szene (Blogger) gefesselt und geknebelt werden soll. Denn da ist doch nicht nur die vertrauenswürdige Abgeordnete da drüben unterm grünen Sonnenschirm, die gerade mit Bettina redet und ihre Tochter langweilt sich. Da gibt es auch noch die Lobbyisten, die mit der Bundestagsabgeordneten reden, und die Auftraggeber der Lobbyisten, in diesem Fall die altehrwürdigen Verlagshäuser, die eine Scheißangst haben vor dem wilden Internet-Publizieren. - Keine Ahnung von Einzelheiten. Alles am Rande der Paranoia. Und trotzdem: Wo Freiheit war, jetzt Regulierung. Und wenn du wissen willst, wer alles unter einer Decke steckt, nur mal fragen: wem nützt es und wem schadet es? Den Bloggern macht es das Leben schwer. Die alten Medien können weitermachen wie bisher. - Aber zur Not gibt es immer noch das große Ausland. Mein Host ist schon mal amerikanisch. Blogge ich bei dem unter Pseudonym, kann mir keiner was. - Doch will ich das? - NEIN! Das wäre ein schlechter Witz. Ich veröffentliche mein Leben und nenne mich T. Biest. Niemals. - Was bleibt? - Ich emigriere in eine andere Sprache. Englisch. Kann ich nur nicht gut genug. Lerne ich auch nicht mehr in diesem Leben, Englisch so zu schreiben wie Deutsch. Idee: Dann muss mein guter Geist ran. Dann muss der gute Geist des Blogs, der ein amerikanischer Geist ist, dann muss der endlich mal aus seiner Verwunschenheit geschlüpft kommen. Dann soll die Tess mein Zeug ins Englische übersetzen. Das kann die. Das weiß ich. Das macht niemand besser als sie. - Teeeeeess! Ich habe einen Dreh gefunden, um Dich aus Deiner Verwunschenheit zu befreien! - Allerdings gibt es auch noch die Experten, die sagen: Blogger können leidlich gelassen bleiben (*). Letzten Endes alles nur eine Frage der Auslegung und wenn wir mit der Auslegung durch sind, ist von dem Staatsvertrag nicht mehr viel übrig. Für Presse-Publikationen wie etwa SPEGELONLINE oder Bild.de gelten die neuen Gesetzesbestimmungen sowieso nicht. Und in Anlehnung daran werden sich viele Blogger darauf berufen können, (auch) tagesaktuelle, gesellschaftlich relevante Themen zu diskutieren und damit auf der Ebene üblicher redaktioneller Angebote zu stehen. Diese sind aber grundsätzlich von den Vorschriften ausgenommen. Für quasijournalistische Angebote stellt sich die Frage nach Altersqualifikationen gar nicht. - Quasijournalistisch. So sehe ich mich jetzt schon und damit das auch jeder andere so sehen kann, gibt es bei mir ab 1.1.2011 zum bisherigen Angebot noch Nachrichten. Agenturmeldungen aussuchen und für meine Leser aufbereiten, das ist vielleicht sogar die Idee, die noch gefehlt hat. Dann ist Biest zu Biest nicht mehr nur Zeitung über mich und Zeitung von mir. Dann ist es: Biest zu Biest. Zeitung über mich. Zeitung von mir. Zeitung überhaupt. – Bedeutet natürlich einen Haufen Mehrarbeit. Auch in dem Fall wäre es also nicht schlecht, wenn die Mutter des Blogs ein bisschen mithelfen könnte im Laden. Jetzt muss die Tess nur noch aus ihrer Verwunschenheit schlüpfen, schon kann es losgehen. Die Mutter gebiert sich selbst. Was für eine Vorstellung! - Kann man mal sehen, was alleine schon die Androhung von Zwang alles freisetzt. Am Ende wird das noch unser Durchbruch. Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. JMStV.