Samstag, 11. Dezember 2010
Bereit
Heute würde ich am liebsten mal faul sein. Den schönen Gedanken aus den Morgenseiten nachhängen. Einkaufen. Am Nachmittag vielleicht ein, zwei Stunden Heimlichkeiten. Vorher die Küche putzen, später endlich Imperial Bedrooms von Bret Easton Ellis anfangen. Und mich einfach nur bereit halten für den Fall, dass etwas Unerwartetes passiert. - Ausholbewegung: Nachdem ich nachgehakt hatte, Reaktion von Taewoo auf meinen Text über ihn; Porträt mit Schnappschüssen aus zehnjähriger Bekanntschaft. Taewoo schreibt: Dein Text hat mir sehr gefallen! – Ach? Damit habe ich nicht gerechnet. Wenn das nicht nur Höflichkeit ist, dann freut mich das sehr und dann kann er mir doch auch vertrauen und sich mit mir treffen, um über die Fragen zu sprechen, die ich gestellt habe in dem Text über ihn. Kein Interview. Zu großes Wort. Einfach nur reden, wie wir immer reden. Am liebsten in seinem Atelier, dann könnte ich mir gleich auch seine neueren Arbeiten angucken. Und am allerliebsten würde ich ihm beim Malen zuschauen – schreibe ich ihm zurück und aufdringlich bin ich. Doch fragen kann ich ja mal. Nein kann er dann immer noch sagen. Wenn er nicht will, verstehe ich das sogar gut. In meine Wohnung kommt man auch nicht so ohne weiteres rein. Wer hier schon alles n i c h t war! Und dann noch die Vorstellung, dass mir einer beim Schreiben zuguckt! - Versuche es mir gerade vorzustellen und merke, dass es mir nichts ausmachen würde, wenn das jemandem nicht zu langweilig wäre mir zuzugucken, wie ich da stehe an meinem improvisierten Stehpult, Finger auf der Tastatur; vor mir, auf 12 Uhr, die weiße Wand, auf 9 Uhr Blick über die Wasserpflanze auf den Südbalkon und auf das Dach des sogenannten Gartenhauses, auf dem gerade der Schnee taut; auf 3 Uhr Blick auf die Loggia und auf das Haus gegenüber. - Ja, das Fenster direkt gegenüber, das ist das Fenster des Contessa-Zimmers, des mythenumrankten. – Na klar, gibt es das alles wirklich. So etwas kann man sich nicht ausdenken. Ich jedenfalls nicht. Abschweifung Ende. Weiter mit der Ausholbewegung. Taewoo. Den würde das wahrscheinlich schon irritieren, wenn ich ihm zugucken würde beim Malen. Der will vielleicht im Moment überhaupt keinen Besucher haben in seinem Atelier, weil er in einer Phase ist, in der er eine neue Richtung einschlägt, hat er neulich mal gesagt, und weil ihm das zu intim ist in dieser sensiblen Phase, Ergebnisse herzuzeigen. Dann finden wir eben eine andere Gelegenheit. Am Ende ist es wahrscheinlich wieder das für uns typische zufällige Treffen. Er hat das mal gut beschrieben, als wir festgestellt haben, dass wir beide es vermeiden uns zu verabreden: Weil wir uns immer bereithalten wollen in der Erwartung, dass etwas passiert in der Arbeit, dass uns etwas Wichtiges einfällt, und uns dann nichts davon abhalten soll, sofort loslegen zu können. Ende Ausholbewegung. - Keine Verabredung heute. Post von heute geschrieben. Nichts, das mich abhält, wenn etwas Unerwartetes passiert. Auf Einfälle kann ich heute verzichten. Vielleicht passiert mal was anderes.