Donnerstag, 2. September 2010

Überfall

Außerdem gibt es noch die Idee der Interviews, die wie Raubüberfälle sind. Vorstellung des überfallartigen Anquatschens von Leuten auf der Straße zu einem situativ aktuellen Thema und dann mal hören, was sie sagen. Actionwriting, Bloggen auf der Straße. Keine Ahnung, ob das funktioniert. Heute wollte ich es ausprobieren, doch dann hat es geregnet, als ich rausgehen wollte, und Regen ist nicht gut für meine Art von Überfällen. – Ist das nicht ein schon sehr verzweifelter Versuch, mit Menschen in Kontakt zu kommen? – Was bleibt mir anderes übrig. Fürs Freibad ist es morgens zu kalt. Das Hallenbad öffnet erst wieder nächste Woche. Damit fällt die Hälfte meines Gesellschaftslebens schon mal weg. Und die andere Hälfte, die sich beim Einkaufen abspielt, ist gerade wegen immer das Gleiche an einem toten Punkt. Bleibt: Die TV-Produzentin will zwar das Gespräch fortsetzen, hat sie nach zweimaligem Nachhaken von mir gemailt, sie hat aber noch mit ihrer Steuerprüfung zu tun. Und mal ehrlich, dass ich da immer wieder nachhaken muss und fragen muss, was und wie und wann es weitergeht - ob das noch was wird? - Öffentlich-menschlich ist Sarrazin und kein Ende (*). Den Michael Friedmann soll er ein Arschloch genannt haben, weil der ihn in einem Interview für die BZ auf das jüdische Gen angesprochen hat, von dem der Friedmann nicht wüsste, dass er eines hat, wie er dem Sarrazin gesagt hat und ihn genervt damit. -  Den ganzen Tag kann ich mich auch nicht mit den Personen meiner Plotentwicklung beschäftigen. Jedenfalls im Moment nicht, da sie noch kein Eigenleben haben und es noch fraglich ist, ob sie eines kriegen. Trotzdem ist das menschlich noch das Spannendste, was ich erlebe. Denn alles, was die Tess macht, ist mit ihren Vorhängen rumfummeln, um mir zu zeigen, dass ihr das überhaupt nicht gefällt, was ich zur Zeit hier rauslasse. Aber was erwartest Du, Tess? Du wolltest weiter Drama, hast Du neulich zu verstehen gegeben. Und so geht nun mal Drama, dass es einem erst mal nicht passt. Dann muss man sich eben was einfallen lassen. Am besten was Überraschendes. Aber was Du mit den Vorhängen machst, das ist immer das Gleiche. Auf. Zu. Auf. Zu. Jetzt gerade zu. - Ach ja? Versuche es doch mal mit Anrufen oder mit einem Wink-Überfall von der anderen Straßenseite. Und sei es nur, um zu testen, ob ich wieder wie festgeschraubt stehenbleibe und mir nichts anderes einfällt als verzückt zu lächeln und zurück zu winken. Und wenn ich wieder erstarre vor Scheu, dann stehe ich hier dumm da vor all den Lesern und muss ihnen erklären, warum es wieder nichts geworden ist mit uns beiden. - Mach doch mal! Überfallartiges Zuwinken und mal gucken, was passiert. Vielleicht was Überraschendes.

(*) Nach letzten Meldungen nun doch ein Ende. Mit Sarranzins Job bei der Bundesbank, wenn der Bundespräsident dem zustimmt. Und warum jetzt genau? Weil er ausgesprochen hat, was viele Leute denken? Und werden die jetzt auch rausgeschmissen? Aus dem Land? Der ganze Pöbel weggeschickt?