Dienstag, 13. Juli 2010

Lachen

Da  ich mir den Text über M.I.A. noch mal überlegen muss, hat jetzt der Sachse von heute Früh seinen Auftritt und danach eine Spielzeugfigur. Der Sachse ist ein Mann, der in kurzen Hosen zur Arbeit geht. Khakifarbenen, gebügelten Shorts. Dass er zur Arbeit geht und nicht ins Hallenbad will, ist daran zu erkennen, dass er eine Aktenmappe unterm Arm trägt. Ich klemme gerade meine Schwimmbadtasche auf den Gepäckträger meines Fahrrads. Damit das Folgende einen Sinn hat, ist zu vermuten, dass der Sachse  annimmt, dass ich nicht aus dem Hallenbad komme, sondern im Begriff bin  hineinzugehen. Es geht aber auch ohne Sinn. Während der Mann in den kurzen Hosen sich mir nähert, schaut er mich so streng an, dass ich denke, da kommt jetzt gleich was. Es kommt aber nichts. Erst als er hinter mir vorbeigeht und ich schon auf mein Fahrrad steige, höre ich wie er mit starkem sächsischem Akzent sagt: Es gibt heute kein Wasser im Hallenbad! – Verblüfft drehe ich mich zu ihm um und sage: Sie sind ja witzig! – Ja, antwortet er im Weitergehen. Er lacht nicht. Ich lache nicht. Er nicht, weil das zum trockenen Humor gehört, dass man nicht lacht, während man witzig ist. Ich nicht, weil ich so grimmig und verbiestert bin, dass ich eine Weile brauche, bis ich merke, wie witzig das gerade war, und da ist es schon zu spät, um noch zu lachen. - Inzwischen bin ich zu Hause angelangt. Ich schiebe mein Fahrrad in den Hof, nehme die Tasche vom Gepäckträger und lege sie auf die  Bank, wo ich sie immer hinlege, bevor ich mein Fahrrad in den Fahrradabstellraum bringe. Auf der Bank entdecke ich eine kleine schwarze Spielzeugfigur aus Plastik. Eine Katze. Während ich das Fahrrad abschließe, überlege ich, ob das okay ist, wenn ich die Spielzeugfigur an mich nehme. Ich nehme nie etwas an mich, das ich finde. Ich lasse es liegen oder ich hänge oder lege es an eine exponierte Stelle, damit derjenige, der es verloren hat, es leichter wiederfinden kann. Was habe ich schon alles nicht mitgenommen. Bei der kleinen schwarzen Katze kann ich jedoch nicht widerstehen. Oben in der Wohnung stelle ich sie auf meinen Arbeitstisch, der auch mein Esstisch ist,  und beim Frühstücken bemerke ich, dass man ihren Schwanz bewegen kann. Entweder freudig erregt nach oben oder nach unten gerichtet, wie eine Katze ihn trägt, wenn sie geht. Wahrscheinlich hat eines der zahlreichen Kinder aus dem Haus die Spielzeugfigur liegen lassen. Oder hat sie jemand für mich hingelegt, jemand, der meinen wehmütigen Katzentext vom Sonntag gelesen hat?  – Falls jemand aus dem Haus das hier liest und von einem Kind weiß, das die Spielzeugfigur vermisst, bitte melden! Dann gebe ich die Katze zurück oder würde sie dem Kind abkaufen, falls das Kind dazu bereit ist. Und sollte sie jemand für mich hingelegt haben: Ganz herzlichen Dank!