Donnerstag, 22. Juli 2010
Aberglaube
Heute in der Umkleide zwei junge Russen neben mir. Der eine ein mächtiger Kerl ("Riesenbaby") mit einem Rankenmuster-Tattoo auf rechtem Oberarm und Schulter. Während ich die beiden von der Seite beobachte, muss ich wie immer nach dem Schwimmen (wegen Wasser in der Nase) anfallartig niesen. Worauf die zwei jungen Männer, die mich zuvor nicht zu beachten schienen, sich zu mir wenden und mir unisono Gesundheit wünschen. Wirklich unisono! = gleichzeitig, wie mit einer Stimme. Ich bedanke mich artig und sage ausgelassen, dass das eben schön war mit dem Unisono. Die beiden nicken ernst und machen dabei eine Miene, als wollten sie sagen: So sind wir. – Sie gehen grußlos weg, was ich bedaure, denn ich hatte angenommen, dass wir Zutrauen zueinander gefasst hätten. Der verschmitzte Herr kommt; heute später dran und noch besser gelaunt als sonst. Ich erzähle ihm von den beiden jungen Russen und sage, dass ich darauf jetzt einen persönlichen Aberglauben gründen werde: Wenn zwei junge Russen mir am Morgen nach dem Niesen Gesundheit wünschen, dann wird das ein guter Tag. Und wenn sie es unisono tun, dann wird das ein Tag, an dem alle meine Wünsche in Erfüllung gehen. Meiner Neigung zum Grübeln folgend füge ich hinzu, es könnte allerdings auch sein, dass es das Gegenteil bedeutet. – Ach was, sagt der verschmitzte Herr. Das hängt doch nur von mir ab, ob der Tag gut wird. - Ja, ja, ja. Ist doch nur ein Spiel. Ich weiß schon, dass es keine Vorzeichen gibt, aber weil das eben auch schade ist, dass es keine gibt, spiele ich damit. Und zwei junge Russen, die mir am Morgen nach dem Niesen unisono Gesundheit wünschen und das an einem Tag, für den ich mir so viel vorgenommen habe wie heute, wäre doch zu schön, wenn das etwas zu bedeuten hätte. Aber was? - Fortsetzung folgt.