Wir kennen uns seit letzter Woche, haben uns Mails
geschrieben wegen einer empfindlichen Reaktion von ihr auf ein Posting von mir. Alles,
was ich von ihr weiß: es ist dünn geworden bei ihr künstlerisch in den letzten
Jahren (Eindruck von ihrer Website) und sie hat ein sehr großes Ego. Ich
kann sie noch nicht einschätzen. Sie mich auch nicht. Am Montag weist
sie mich auf die Ausschreibung des Losito Kunstpreises 2012 hin, weil sie meint, dass das gerade ein Thema von mir ist:
mit Geld sich Ansehen kaufen oder Anerkennung als Künstler finden. Sie hat offenbar mein Posting Genthiner Straße gelesen mit dem Subplot über den Schweizer Künstler, der zur Zeit bei Gilla Lörcher ausstellt und dessen Arbeiten ich so finde, dass ich es mir nicht anders vorstellen kann, als dass die
Galeristin mehr als Kunst von ihm bekommen hat für diese Ausstellung. Mir nicht anders vorstellen kann. Ich weiß es nicht. Ich habe die Frage gestellt,
ich werde sie Frau Lörcher stellen, wenn es mir einmal gelingen sollte, sie anzutreffen. Aber ob nun an meiner Mutmaßung was dran ist oder ob ich mich völlig verstiegen habe und dazu noch dem Künstler Unrecht tue, ich kann einen Künstler nur beglückwünschen, wenn er die Mittel hat, sich eine Ausstellung zu kaufen. – Niemand
hier in der Straße kann von seiner Galerie leben, hat mir neulich einer gesagt,
der es wissen muss. Straße: Pohlstraße. Und irgendwo muss das Geld herkommen
für die Miete, den Strom, die Heizkosten, für den patenten aufgeweckten Assistenten oder die aufgeweckte patente Assistenten. So viel zum Thema: Ich kaufe mir
eine Ausstellung. Fazit: Ja, warum denn nicht?
Zweiter Teil: Ich errichte
eine Stiftung. – Komische Ausdrucksweise. Da sehne ich mich nach der alten Sprache zurück:
eine Stiftung ins Leben rufen. Und warum eigentlich nicht eine Stiftung
einrichten? Nein, es heißt, eine Stiftung errichten. Die Stiftung ist die Losito • Kressmann-Zschach Foundation. Sie lobt dieses Jahr zum ersten Mal einen Kunstpreis aus – 15.000
Euro für maximal drei Arbeiten. Was ist dagegen zu sagen? – Es fängt damit an, dass die Frau mit dem sehr großen Ego sich mokiert darüber, dass Donatello Losito vor
seiner Künstlerkarriere und seiner Verbindung mit Frau Kressmann-Zschach von Beruf Stuckateur war. Dann bezeichnet sie die
Stiftung als eine selbsternannte und betrachtet das Ganze als einen Fall von Ansehen mit Geld erkaufen und schließlich meint sie, damit könnte ich mich doch mal befassen, aber Vorsicht schreibt sie, die
könnten beißen, die haben Geld, das heißt Macht! – Ohne nachzudenken, antworte ich ihr, das Thema
sei mir zu zeitungsmäßig, ich befasse mich nur mit dem, was mir über den Weg läuft
oder über was ich stolpere. Dazu schicke ich ihr einen Link zur Kolumne des beliebten Internet-Verstehers Sascha Lobo mit einem Exkurs über den Wortgebrauch von selbsternannt. Unterdessen habe ich angefangen zu denken und frage mich, ob es auch noch andere als selbsternannte Stiftungen gibt, anders
gefragt: Wer anders als der Stifter selbst
soll eine Stiftung errichten? – Und da ich schon dabei bin, mich über die Frau
mit dem sehr großen Ego zu wundern: Was ist das denn für ein Neo-Biedermeier, sich
das Maul zu verreißen über die Verbindung eines Stuckateurs mit einer namhaften
Berliner Architektin? Und Künstler war der Stuckateur auch noch! Selbsternannt wahrscheinlich. Wie sympathisch! möchte ich laut rufen. Jedenfalls kann ich an der Ausschreibung des Losito Kunstpreises nichts finden, was Berliner oder Brandenburger KünstlerInnen (nur die sind zugelassen) davon abhalten sollte, bis zum 30. Mai ihre Arbeiten einzureichen.
Und die Frau mit dem
großen Ego? – Wie wird sie die Belehrung von Sascha Lobo aufgenommen haben? - Ich werde sie fragen.
Gibt es überhaupt ein Wort, das mehr Obrigkeitshörigkeit und Hierarchieunterwerfung ausdrückt als "selbsternannt", wenn man es abfällig verwendet? Wenn man die Selbsternennung als etwas Schlechtes ansieht - ist man dann nicht dazu verdammt, auf die Ernennung durch den Vorgesetzten, hierarchisch Berechtigten zu warten oder auch gleich auf Godot? (...)