Sonntag, 1. April 2012

Metamodernism



Nicht um eine Theorie, um eine Sensibilität geht es den beiden Denkern. Eine neue Sensibilität, entstanden in Abgrenzung vom, im Gegenzug zum Postmodernismus. Von den beiden Kulturphilosophen ausgemacht zum Beispiel in der Literatur (MurakamiRoberto Bolaño), im Kino (Gus Van Sant, Wes Anderson), in der Occupy Wall Street-Bewegung, in der Bildenden Kunst, wie wir sie sehen in der Ausstellung Discussing Metamodernism, kuratiert von Tanja Wagner in Zusammenarbeit mit den beiden Denkern Timotheus Vermeulen und Robin van den Akker.


Samstagabend. Galerie Tanja Wagner. Alle Stühle besetzt. Sprache Englisch. Die Diskussion ist mehr ein Austausch als ein Streitgespräch, ein Beantworten von Fragen, die sich stellen, wenn wir von Metamodernism reden. Frage der beiden Denker ans Publikum: Wie viele von euch sind Künstler? - Ich schätze, es sind 30 Leute gekommen (unterschiedlichen Alters). Von denen hebt nun knapp die Hälfte die Hand. Frage der Denker an die Künstler: Könnt ihr bestätigen, dass es diese neue Sensibilität gibt, die wir mit dem Begriff Metamodernism benennen?


Das ist ein schön bescheidener Ansatz: Ist das real, wovon wir Theoretiker reden? Beste Antwort: Vermeulen und van den Akker erläutern die Haltung des pragmatischen Idealismus als ein Merkmal des Metamodernism, zu beobachten etwa bei den Occupiers. Darauf meldet sich aus der hinteren Reihe ein Mann zu Wort und sagt: Pragmatischer Idealismus? Das mache ich jeden Tag in meiner Kunst. Ich kenne das gar nicht anders. Gelächter. Risiko der Theoretiker: zu große Worte zu machen für etwas, das sich von selbst versteht. Aber mit dem Konzept des pragmatischen Idealismus und Metamodernismus ist es nicht so. Es gibt nicht nur eine neue Sensibilität, es gibt auch eine neue Bereitschaft teilzunehmen, gemeinsam mit anderen etwas ändern zu wollen, statt nur mit herunterhängenden Mundwinkeln daneben zu stehen und Bescheid zu wissen. Diese Haltung hat mitgewirkt am Entstehen der Verhältnisse, die als unüberwindbar gelten. Sind die Verhältnisse überwindbar durch das Überwinden dieser Haltung? Van den Akker und Vermeulen sagen es immer wieder: Es ist ein Versuch. Aber wir wissen nicht, ob er gelingt. Die Occupiers sind keine Hippies und Heilsgewissheit gibt es nicht. Wir haben keine Ahnung, wohin die Bewegung uns führt. Wir wissen nur, dass wir uns nicht abfinden wollen mit dem, was wir vorgefunden haben an Unerträglichem. Und wir sind nicht die Einzigen. Wir sind Teil einer Bewegung. Phänomen einer neuen Generation oder Generationen übergreifend? Klare Antwort der beiden: Generationen übergreifend. Alle können mitmachen!



Bolaño, Murakami und Franzen, immer wieder wurde auch Franzen genannt als Vertreter des Metamodernism in der Literatur. Dem hat dieser Mann widersprochen: Rückwärtsgewandt ist Franzen. Kein Überwinder des Postmodernismus wie sein toter Freund David Foster Wallace, ein Rückwärtsruderer ist er. 



Und wer ist nun Vermeulen und wer van den Akker? Sie haben sich nicht vorgestellt und ich warte vergebens darauf, dass sie sich mal mit ihren Vornamen anreden, dass einer zum anderen Robin sagt oder Tim. - Sie scheinen an einer Universität zu lehren. In Holland. Fach Philosophie. Am Ende frage ich den Assistenten Tanja Wagners: Who is who? - Und weil ich selbst während des Gesprächs nicht darauf gekommen bin (und falsch lag mit meiner Zuordnung von Namen und Personen) und es keinen April-Scherz gibt dieses Jahr, deshalb ein Spiel. 



Vermeulen machte einen Witz über Inkonsequenzen und Unvereinbarkeiten, die es bei metamodernistischen Positionen geben kann, so wie etwa einer Vegetarier sein kann, aber Lederschuhe trägt. Da haben wir alle gelacht und van den Akker auch, wenn auch etwas verlegen. Oder kam mir das nur so vor? - Kann bitte mal jemand auf Wikipedia Personen-Artikel über die beiden schreiben?!



Fotos:  ã w.g.