Rote Strandkörbe Eitempera auf Leinwand 60 x 100 cm 2009 |
Wenn ich heute nicht weiter schreibe über Ulrike, lasse ich es ganz. Wenn ich nicht weiter über sie schreibe, muss ich wenigstens erklären, warum ich es nicht tue. Die einfachste Erklärung ist: Mit dem Posting Farben ist alles gezeigt und gesagt. Das Link zu dem Text habe ich Ulrike gestern gemailt und ihr dazu geschrieben:
Hier die Verarbeitung meines Atelierbesuchs bei Dir:
Bin ich zu sehr meinem Farbrausch erlegen? - Das Posting zeigt auf jeden Fall, wie sehr es mir gefallen hat in Deinem Atelier. Jetzt der zweite Teil über Deine scheußlichen Bilder. Schaue mir gleich an, was Du mir geschickt hast. Mit dem Text kann es noch dauern. Vielleicht will ich Dir auch noch ein paar Fragen stellen und würde dann in den nächsten Tagen anrufen. Deshalb nehme ich das auch gleich wieder zurück mit "Deine scheußlichen Bilder". War ein Humortest. Die Wahrheit ist, dass ich ein Fan Deiner Malerei bin.
Hoffe, Du bist einverstanden mit "Farben".
Scheußlich, das ist mir beim Schreiben eingefallen, ich habe gezögert, es hinzuschreiben, aber weil es mir nun mal eingefallen war, habe ich es hingeschrieben und gedacht, ich kann es später auch wieder streichen. Doch nachdem es da stand, fand ich es witzig, und da es sonst gerade nichts zu lachen gab, habe ich es stehen lassen und eine Vorsicht-Humor!-Erklärung hinzugefügt, die es mir dann ermöglicht hat zu formulieren, was sonst allzu treuherzig rübergekommen wäre: dass ich ein Fan von Ulrikes Bildern bin. Wenn auch nicht von allen. Nicht von den Bildern, die sie ausgewählt hatte, wie ich nun gleich bemerkte. Zu konventionell, zu gefällig. Nur gefällig. Denn gefällig sind alle ihre Arbeiten, aber in denen, die mich zu Ulrikes Fan gemacht haben, erreicht sie das Gefällige mit einer Rohheit und einem Ungestüm, die dem Gefälligen alles nimmt, was es sonst unerträglich macht: die Banalität, den Kitsch, das Niedliche, Nette, Harmlose.
Läufer Nr. 5 Eitempera auf Leinwand 30 x 40 cm 2009 |
Die Wildheit und Grobheit, mit der Ulrike das Gefällige vorträgt, mit der sie die Farbereignisse schafft, die ihre Bilder sind, die hatte ich im Sinn, als mir das Attribut scheußlich eingefallen ist. Also nicht nur ein Witz, scheußlich ernst gemeint. Oder noch mal anders gesagt: Die Arbeiten von ihr, die mir am besten gefallen, haben etwas Hingerotztes und Ulrikes Kunst ist für mich, dass der Rotz bei ihr so leuchtet, das ich gar nicht mehr wegschauen mag.
Feuriger Strand Eitempera auf Leinwand 60 x 200 cm 2011 |
Urlaub in Ahrenshoop Eitempera auf Lw. 80 x 100 cm 2009 |
Habe ich mich damit jetzt verstiegen? Lässt sich meine Sehweise denn belegen? Und was ist mit ihren Sujets? Den Strandszenen zum Beispiel: immer wieder die heiteren Strandszenen, die Sonne, das Meer, der Sand, die fröhlichen Badegäste und die lustigen Möwen, von denen sie für ihre anderen Fans gar nicht genug malen kann. Dazu kann ich nur sagen: Die Sujets sind mir egal. Das Gegenständliche bei dir ist nur ein Vorwand, um das Farbereignis zu schaffen, habe ich zu ihr gesagt. – Aber das Gegenständliche ist schon auch wichtig für mich, hat sie geantwortet. Ich will immer auch etwas erzählen. - Erzählen? Dieser Aspekt ihrer Bilder entgeht mir. Weil ich von Malerei nichts erzählt bekommen will.
Nachdem ich das geschrieben hatte, habe ich Ulrike angerufen, um mit ihr über die Bildauswahl zu sprechen und noch einmal darüber, was sie über den Malvorgang erzählt hatte. Sie kam gerade vom Einkaufen mit ihrem Mann und wollte mit dem Malen anfangen. Vorläufig letzter Nachmittag, an dem sie sich konzentrieren kann darauf. Denn ab morgen macht sie vier Wochen lang einen Job. – Du machst einen Job? Du bist doch gut im Geschäft mit deinen Bildern. – Aber auch erst seit eineinhalb Jahren und gerade im Moment nicht so sehr. – Der Job ist bei einem Auktionshaus. Da arbeitet sie als Packerin. Viermal im Jahr vier Wochen, seit 20 Jahren. Anspruchslose Tätigkeit, gerade das schätzt sie daran, weil sie bei ihren eigenen Gedanken bleiben will und nicht hineingezogen werden in was anderes wie damals, als sie unterrichtet hat. – Und das in deinen Katalogen immer wieder erwähnte Haus an der Ostsee? – Das gehört meinem Mann. Haus mit Ferienwohnungen. Wir bauen gerade ein neues. – Und viermal im Jahr arbeitet sie als Packerin. Aber immerhin in einem renommierten Auktionshaus. Name bitte nicht erwähnen. Sonst rufen da gleich 20, 30 andere Künstler an und wollen auch da arbeiten, hat sie gesagt. Das war am Freitag. Jetzt sagt sie, dass sie nicht so einen großen Aufwand treiben wollte mit der Bildauswahl, deshalb hat sie in irgendeinen leicht zugänglichen Ordner auf der Festplatte gegriffen und das waren dann eben Landschaften von vor zwei Jahren. – Die gefallen mir nicht, sage ich, Und vielleicht sagt sie deshalb gleich noch einmal, dass sie nicht so einen großen Aufwand treiben will. Für mich, meint sie. Verstehe. Zweite Frage: Was sie gesagt hat über den Malvorgang, das Abstellen des Denkens, das Suchen eines Ergebnisses, das nicht geplant ist, das neu ist und überraschend, und deshalb das Abstellen des Denkens, denn, was sie sich denken und vorstellen kann, das gibt es schon. Alles, was sie da gesagt hat, ist mir bekannt. Genauso würde ich es auch sagen, genauso habe ich es auch schon von anderen gehört. – Das sage ich ihr und frage sie: Woher haben wir das? Haben wir das irgendwo gelesen? Keine rhetorische Frage. Ich weiß es wirklich nicht, ob ich es irgendwo gelesen habe und dann habe ich es mir so zu eigen gemacht, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Und sie? Sie tut alles erst mal ab oder spielt herunter, was ich vorbringe. Ich sage: Bei der Ausstellungseröffnung bei Gondwana ist mir aufgefallen, dass du eine richtige Fangemeinde hast. Das weist sie erst weit von sich, erzählt mir dann aber in den nächsten dreißig Minuten, was sie alles tut, welchen Aufwand sie treibt, um die Kontakte zu ihrer Fangemeinde zu pflegen. Auch das war am Freitag. Jetzt kann sie das mit dem Abschalten des Denkens und dem nicht geplanten Ergebnis nicht von sich weisen, denn das hat sie selbst gesagt. Sie beschränkt sich also darauf, unwillig darüber zu reden; vielleicht auch deshalb unwillig, weil es gleich 14 Uhr ist und sie mit dem Malen anfangen will. Nein, gelesen hat sie es nicht, sagt sie. Da kommt man eben irgendwann drauf. – Aber nicht jeder kommt darauf, so draufgängerisch ergebnisoffen zu arbeiten, denke ich, will sie aber nicht tiefer ins Gespräch verwickeln und noch länger vom Malen abhalten. Und weil ich nun nur noch darauf aus bin, sie nicht aufzuhalten, höre ich ihr gar nicht mehr richtig zu, weiß auch gar nicht, warum sie immer noch weiterredet, sie will doch malen. Und dann höre ich sie sagen, auf die für sie typische achselzuckende Art sagen: dass sie die Lockerheit nicht immer hat, alles Unnötige wegzulassen. Und dass das dann eben schon ein Geschenk sei, wenn das klappt, ein Bild einfach nur so hinzurotzen. – Das sagt sie wörtlich: Ein Bild einfach nur so hinzurotzen. Und das freut mich sehr, dass sie das sagt, denn vom Hingerotzten der Arbeiten, die mir von ihr am besten gefallen, habe ich gerade am Vormittag geschrieben.
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Abbildungen: © Ulrike Hansen
Junge Frau vor Grün Eitempera auf Leinwand 40 x 30 cm 2009 |
Saskia Eitempera auf Leinwand 50 x 40 cm 2007 |
Drei Möwen im Sand Eitempera auf Leinwand 60 x 80 cm 2009 |
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Abbildungen: © Ulrike Hansen