Donnerstag, 10. November 2011

Ermutigt

Bei Gondwana konnten Interessenten zum Eintrittspreis von 10 Euro am vergangenen Sonntag Jazz und vertonte Rilke-Gedichte hören und dazu noch einen Teller Suppe bekommen; die Veranstaltung fand zwischen 12 und 14 Uhr statt aus Anlass des Schöneberger Galerierundgangs. – Und wie war´s? – Klaus winkt ab. Ich verzichte darauf zu fragen, wie viele Interessenten da waren. So wie er abgewinkt hat, keine. Da müssen er, seine Frau und die zwei Kinder nun wahrscheinlich bis weit in die nächste Woche hinein Suppe essen. Außerdem hat er gerade ein Haus gebaut am Rummelsburger See. Andererseits, wenn er das Geld hat, um ein Haus zu bauen, dann hat er das mit dem Jazz, den Rilke-Gedichten, der Suppe und den 10 Euro vielleicht gar nicht gemacht, um damit Geld zu verdienen, sondern hat die 10 Euro nur verlangt, um jazz- und rilkeferne Schnorrer abzuhalten, die nur gekommen wären wegen des Tellers Suppe, wenn er keinen Eintritt verlangt hätte. Und dann kann er auch Sponsor meines Blogs werden. Der Sponsor Nr. 3, der von so eminenter Bedeutung ist, wie ich ihm erkläre. Denn erst, wenn ich Sponsor Nr. 3 habe, kann ich am rechten Blogrand eine Gesponsert-von-Liste aufmachen. Damit habe ich dann eine Dauerwerbeanzeige, mit der ich weitere Unterstützer anziehen kann, und muss meine Leser nicht mehr mit Betteltexten wie diesem belämmern. Klaus hört sich das geduldig an, versteht das auch, dass zwei Sponsoren einer zu wenig sind, um eine Liste aufzumachen, er kann aber nicht Sponsor Nr. 3 sein, da er selbst Sponsoren braucht für seine Galerie, sagt er so überzeugend, dass mir im gleichen Moment klar wird, dass er das mit den 10 Euro für den Jazz, den Rilke und die Suppe keineswegs nur gemacht hat, um Schnorrer abzuhalten.

Das zieht runter. Dann ist auch noch November, kühl ist es geworden, ich habe es nicht ins Hallenbad geschafft heute Morgen, das Schöneberger Rathaus mit der Turmuhr stand im Nebel und bald werde ich meine schöne Armbanduhr versetzen müssen. Das mit der Armbanduhr ist ein bitterer Witz. Kein Witz hingegen, ernst gemeint ist eine Mail, die ich zu alledem nun auch noch kriege. Von einer Frau, die dem Blog bekannt ist. Der Mann der Frau geht auf hohem Niveau anschaffen, aber sie ist Künstlerin und die Frau und der Mann haben vier Kinder, Töchter, und: das Biest ist nicht gut zu ihr gewesen, nicht böse, aber eben auch nicht gut. Deshalb wäre ich nie darauf gekommen, die Frau anzusprechen und sie um Unterstützung für den Blog zu bitten. Sie fühlte sich von alleine angesprochen von dem, was sie im Blog gelesen hat über meine Anstrengungen, mit dem Blog Geld zu verdienen. Und dazu schreibt sie mir jetzt, dass ihr nicht bekannt sei, dass das schon mal jemand geschafft hat. Anzeigenwerbung im Blog, Sponsoring, Auftragsporträts, alles, was ich mir so vorstelle, geht nicht, läuft nicht, meint sie. Monetarisieren eines Blogs schon schwierig genug und dann auch noch meine Art zu schreiben: unmöglich. Das Einzige, was vielleicht geht, da ich ja über Schöneberg schreibe, so was wie Zitty zu machen. Ich Zitty für Schöneberg. Autsch! – Kann allerdings auch sein, dass sie das nur erwogen hat, um die Unmöglichkeit des Ganzen damit noch einmal in grelles Licht zu tauchen. Denn darum geht es ihr, um was denn sonst, es kann gar nicht anders sein, ich fasse es nicht: es geht ihr um die größtmögliche Entmutigung. Ohne Not = sie hätte mir nicht zu schreiben brauchen, schreibt sie mir, um mich zu entmutigen – und bewirkt damit zu meiner Überraschung das Gegenteil. Erst bin ich noch vergrätzt; mit formelhafter Höflichkeit bedanke ich mich in meiner Antwort dafür, dass sie sich Gedanken über mein Vorhaben macht. Doch dann komme ich mit jedem weiteren Satz besser drauf. Natürlich spricht alles gegen mein Vorhaben, schreibe ich. Es spricht immer alles dagegen, wenn jemand etwas Neues macht - wie ich nun, indem ich einen Blog auf meine Art schreibe und damit auch noch meinen Lebensunterhalt verdienen will. Aber, schreibe ich - und darauf wäre ich ohne ihre miese kleine Mail nicht gekommen: Aber es kann einen doch auch mit Freude erfüllen, eine Unternehmung wie Biest zu Biest zu unterstützen und etwas zu tun und möglich zu machen, was es vorher noch nicht gegeben hatIch füge hinzu: Sie sind herzlich eingeladen, es mal auszuprobieren. Doch das ist schon Häme und die hat sie nicht verdient. Sie wird es nicht ausprobieren. Wie sie drauf ist, wird sie diese Freude nie kennenlernen. Aber sie hat mir dabei geholfen, das entscheidende Argument zu finden, mit dem ich andere dafür gewinnen kann, diese Freude kennenzulernen. Dafür danke ich ihr.