Mittwoch, 23. November 2011

Bilderbuchfamilie

Tatsachenroman. Heute wollte ich mal so tun, als ob es schon einen gäbe, und sehen, wohin das führt. Plan war, den in Gemeinde nicht genannten Sponsor vorzustellen: Sponsor Nr. 2, eine Sponsorin. Vorstellen wollte ich sie mit einer Szene von gestern, in  der sie an ihrem PC sitzt und eine Werbeanzeige entwirft für die Weihnachtsausstellung in ihrer Galerie. Zur Illustration wollte ich die Anzeige hier reinstellen. Text sollte sein eine Sympathieerklärung für die Sponsorin und mit der Anzeige wollte ich nebenbei hier Werbung für sie machen. Aber dann konnte ich die Vorlage für die Anzeige nicht bekommen und so gehen die 100 Sympathiepunkte von heute wieder einmal an das Kaiser Kiosk. Nachdem ich bei der Galeristin vor einer verschlossenen Tür gestanden hatte, bin ich nämlich dorthin gegangen, um rauszufinden, was ist schief gelaufen mit Oguzhans und Serhats Einladung bei Sandmann?
Ich: Ist Oguzhan da?
Er blickt hoch zur Wanduhr: Der kommt um 15 Uhr. Ich hoffe, er ist pünktlich.
Ich bin immer auf dem Sprung, wenn es gilt, Oguzhan zu verteidigen, und jetzt ist es 13.30 Uhr: Da hat er ja noch reichlich Zeit, um pünktlich zu sein, sage ich.   
Er: Ist es wegen der Illustrierten?
Ich: Nichts Geschäftliches. Oguzhan und ich sind so gut wie Freunde. Ich will ihn was Privates fragen.
Er: Um 15 Uhr kommt er.
Ich: Am Montag habe ich dich und deine Frau bei Reichelt gesehen. Ihr habt ein Kind?
Er strahlend: Ja.
Ich: Ihr seid eine richtige kleine Bilderbuchfamilie.
Er: Ist nicht immer so leicht.
Ich horche auf: Warum ist es nicht leicht?
Er: Na ja … . – Unterbricht sich, blickt mich an. Du weißt schon, will der Blick sagen.
Ich: Bist du ein Mann oder eine Frau?
Sie: Eine Frau.
Ich: Und ihr seid beide türkisch?
Sie: Ja.
Ich: Soll ich dir mal sagen, was ich gedacht habe, als ich dich hier vergangene Woche zum ersten Mal mit deiner Frau gesehen habe? 
Sie: Dass ich ein Mann bin?
Ich: Dass du eine Frau bist und dass sie deine Freundin ist. Aber dann habt ihr zwischendurch ein paar Sätze auf Türkisch gewechselt. Da habe ich gedacht, nein, das kann nicht sein. Und dann habe ich dich beobachtet und je länger ich geguckt habe, desto sicherer war ich mir, du bist ein Mann. Ein hübscher junger Mann. Und so habe ich dich dann auch gesehen bei Reichelt. als ihr da mit eurem Kind wart.
Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Doch die Situation ist überhaupt nicht peinlich.
Trotzdem bemühe ich mich um eine Erklärung. Ich schaue ihr ins Gesicht und sage: Jetzt, da ich es weiß, ist es völlig klar. Jetzt kann es gar nicht anders sein, als dass du eine Frau bist. Was man sieht, hängt eben immer auch davon ab, was man denkt.
Kunden kommen rein. Sie bedient sie.
Ich: Und ihr kommt zurecht mit euren Leuten?  Euren Familien, meine ich. 
Sie: Ja.
Ich: Na dann, Herzlichen Glückwunsch!
Wieder Kunden. Viele Kunden.
Ich: Kann ich dich mal mehr fragen?
Sie nickt, muss sich jetzt aber auf die Zigarettenkäufer konzentrieren.
Ich: Wie heißt du?
Sie hört die Frage nicht wegen der Kunden. Und ich muss ihren Namen nicht wissen, um diese kleine Geschichte zu erzählen, die mir in dem Moment so viel bedeutete. Auch deshalb, weil ich nun nicht über eine verschlossene Tür schreiben musste. 100 Sympathiepunkte für das Kaiser Kiosk! Und dass die Jungs da sich manchmal verwirrend verhalten? Ich meine jetzt die vergeigte Einladung bei Sandmann. Na und?!