Samstag, 12. November 2011

Eva


Eva Kreutzberger: Großmutters Persianer I
Foto, Collage, Öl, Pelz auf Papier 39 x 29 cm  2004

Liljana versprüht Teppichreiniger im Eingang ihrer Galerie. Sie trägt heute einen hellbraunen gestrickten Poncho und beweist damit, dass sie alles tragen kann. Ich will es nicht übertreiben mit den Komplimenten: Du siehst jedes Mal anders aus. Aber jedes Mal interessant, sage ich zu ihr. Ich bin auf dem Weg zu Eva. Sie ist ganz schwarz gekleidet, dem Anlass gemäß: Treffen mit mir. Ich trage Schwarz und Anthrazit und dazu dunkelbraune Schuhe. Braun zu Schwarz? fragt der überraschte Blick der Künstlerin. – Nicht gegebene Antwort: Aber ja! – In Evas Arbeiten geht es um Inszenierung von Weiblichkeit. Eine Formulierung von mir, der sie zustimmt. – Männer scheinen dich nicht zu interessieren in deiner Kunst. – Stimmt. –  Und im Leben, ich meine erotisch? – Da ja. – Das Weibliche kann auch mal hässlich sein bei dir, sage ich, eine Collage betrachtend. – Sie: Das kann schon mal passieren in der Aktion, dass Hässlichkeit entsteht. Dann lasse ich das auch zu. Aber um Hässlichkeit geht es mir nicht. – Bei der Collage, in der ich die Hässlichkeit sehe, da ist es ihr nicht um Hässlichkeit, da ist es ihr um Komik gegangen: Ich bin Rheinländerin, sagt sie. Ich habe Humor. – Ihr Humor äußert sich nicht in witzigen Bemerkungen; sie redet durchweg ernst und sachlich. Ihr Humor zeigt sich darin, dass sie ausgelassen lachen kann mit mir. Wie äußert sich ihr Humor in ihren Arbeiten? Sind ihre Collagen komisch oder zeigen sie ganz ernst und sachlich die Komik, die Weiblichkeit hat – haben kann, meine ich – gerade da, wo sie sich inszeniert, um zu beeindrucken, zu gefallen, zu verführen? –  Eine Art running gag bei Eva ist auf jeden Fall der schwarze Persianer ihrer Großmutter. Den hat sie zerschnitten und fetzenweise kommt er nun in ihren Collagen vor. Als ich das beim Kurzbesuch in ihrem Atelier vor einer Woche zum ersten Mal gesehen habe, ohne zu wissen, dass das der Pelzmantel von Evas Großmutter ist, dachte ich: wie Schamhaar sieht das aus. Diese Assoziation hätte ich für mich behalten, aber nun sagt Eva es  selbst: dass sie die Persianerfetzen in die Collagen geklebt hat, weil sie wie Schamhaar aussehen. Auf den ersten Blick. Danach wirken sie nur noch irritierend. Das ist die Absicht: Verfremdung. Verwandlung und Verfremdung des Weiblichen, das ist es, was ich mache, sagt Eva. Und die Frau, die verwandelt und verfremdet wird, ist (fast) immer sie: Fotos von ihr stehen im Mittelpunkt ihrer Inszenierungen. Auf den Begriff Inszenierung bin ich auch gekommen, weil sie von Bühnen gesprochen hat, die sie bespielt in ihren Collagen. Alles einleuchtend und klar. Trotzdem könnte ich nicht in einem Satz sagen, was passiert in ihren Arbeiten. Und in drei Sätzen auch nicht. Am Freitag ist die Eröffnung von Evas Ausstellung. Dann versuche ich es noch mal. Ausstellung bei subjectobject. Titel: Identitäten.

Eva Kreutzberger: Großmutters Persianer II
Foto, Collage, Pelz auf Papier  39 x 29 cm  2004

Korrektur: In eine Arbeit von Eva hat sich ein Mann verirrt; der Modedesigner Valentino schaut aus einem Illustriertenausriss auf einen gezeichneten weiblichen Akt. Und ganz zum Schluss hat Eva auch noch eine witzige Bemerkung gemacht. Sie wollte mir die große Schachtel mit den türkischen Süßigkeiten, von denen ich zwei genascht hatte, mitgeben. Ich: Bloß nicht! Dann esse ich die auch noch alle. – Sie: Und dann wächst dir vielleicht ein Kopftuch. 

Abbildungen: © Eva Kreutzberger