Donnerstag, 16. Juni 2011

Ausstellung


                          Mohnfeld - 150x180 cm (Gemälde)                                                                                                                 
Zurück in der Welt, in der auch mal was klappt. Anruf bei Hermann. Hermann Spörel. Er weiß zwar nicht, wer ich bin, ich kann es ihm noch so lange erklären, aber ihn besuchen in seinem Atelier, klar. Wann? Heute? 14 Uhr? - Beltzigerstraße 25. Eingang neben dem Blumenladen, durch den ersten Hof in den zweiten, dort ist links eine Stahltür. – Stahltür links? Das ist eine Gittertür, würde ich sagen. Egal, da ist es. Kleiner Hinterhof, links eine offenstehende Tür. Hier geht es in das Atelier von Hermann. Der sitzt an einem Tisch mitten im Raum und telefoniert wegen einer Versicherungssache (Haftpflicht, Hausrat) und bespricht das dann mit der anwesenden Sigrid. Vorher hat er mich erkannt: Jetzt! hat er gesagt, als er mich begrüßt hat, jetzt weiß er, wer ich bin. Ich schaue mich neugierig um. Großformatiges fertiges Bild hinter Hermann an der Wand lehnend. Auf dem Boden liegt eine Zeichnung, auch fertig. Im Stil, der mir vertraut ist von den Arbeiten auf seiner Website. Farberuptionen. Berstend expressiv. Und er ist ein sehr fleißiger Maler, habe ich gedacht, als ich die  umfangreiche Werkschau auf seiner Website gesehen hatte. Über den Raum verteilt Kästen mit Feinste weiche Künstler-Pastellfarben von Schmincke. Im Kasten vor mir gelbe, grüne Stifte. Nur zwei, drei Stifte noch unbenutzt, die anderen zum Teil runtergemalt bis auf Stummel-Länge. Da im Nebenraum, ist da dein Magazin? – Lager. Mach dir Licht! – Da ist schon Licht. – Volles Lager wäre nicht gut. Das würde bedeuten, dass er nichts verkauft. Das Lager ist nicht vollgestopft. Hermann ist im Geschäft, das weiß ich. Und wie gut? Das zum Beispiel möchte ich ihn fragen. Und wie er arbeitet. Wie kommt er auf die vielen Bildeinfälle, die er braucht, um fleißig sein zu können? Was löst einen Bildeinfall aus? Zum Beispiel für das Frauenbild, das da auf dem Boden liegt und mich an Gauguin erinnert. Ich sehe deine Bilder gerne, sage ich. – Danke, sagt er. Und ich füge einschränkend hinzu: Ich habe in meinem Leben viel Kunst gesehen, aber über Malerei habe ich kein so fundiertes Urteil wie über Film. Und noch bevor ich sagen kann: oder über Literatur, sagt er: Filme habe ich auch gemacht. – Ach! – Ja, ja, auf Festivals gewesen ist er mit seinen Filmen, Preise hat er gekriegt, mal eine Sondervorführung im Arsenal gehabt, das Kino war voll bis auf den letzten Notsitz, über 300 Leute, und nach 2 ½ Stunden waren nur noch drei übrig. – So muss es sein, sage ich begeistert. Wann war das? – Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. – Was waren das für Filme? – Dokumentarfilme. Experimentell. Mit harten, schnellen Schnitten. - Videoclip-Ästhetik?  - Aber zehn Jahre, bevor sie auf MTV Standard geworden ist. - Lebensgefühl von  Punk und New Wave? – Einer meiner Filme war über die Dead Kennedys. - Aber davon steht nichts in deiner Biographie auf der Website. – Nein. Die Filme sind auch nirgendwo zu sehen, liegen im Keller, müssten mal digital kopiert werden, muss er sich mal bei Gelegenheit drum kümmern. – Warum hat er aufgehört damit und ist dann zurückgekehrt zu einer Malerei, wie sie seit mehr als fünfhundert Jahren betrieben wird? Der Künstler in seinem Atelier: Leinwand, Farbe, Pinsel, Tradition, Inspiration, Vision. Das keineswegs abfällig gemeint. Versteht er auch nicht so. Können wir drüber reden. Nur nicht jetzt. Dieses Gespräch kann nur ein Vorgespräch sein, denn am Montag fährt er in Urlaub. – Wohin? – Nach Kreta. – Mit deiner Frau? – Mit meiner Freundin! – Elisabeth? – Ja. – Und sie ist deine Freundin, nicht deine Frau und auf diesen Unterschied legst du wert? – Ja! – Aha. Blöd nur, dass ich dann kein Bild habe diese Woche für meinen Blog. Da will ich nämlich jetzt die ständige Ausstellung machen mit Werken mir bekannter Künstler und solchen, die ich noch kennenlernen werde, zum Beispiel durch Empfehlung der mir bekannten Künstler. Und mit dir, Hermann, wollte ich anfangen. – Hast du deinen Stick dabei? – Nein. Aber ich könnte mir was von deiner Website kopieren. Obwohl ich lieber eine aktuelle Arbeit von dir hätte. – Hast du eine Kamera dabei? – Nein. – Sonst hättest du das hier haben können. Er deutet auf die auf dem Boden liegende Zeichnung, die, je länger ich sie ansehe, immer weniger nach Gauguin und immer mehr nach Spörel aussieht. Die würde ich sehr gerne haben und das großformatige Bild, das hinter ihm an der Wand lehnt, gleich noch dazu. Vielleicht hat er die beiden Arbeiten fotografiert, wenn wir uns das nächste Mal treffen. Und bis dahin alles Gute, schöne Ferien und einen Gruß an die Frau Gemahlin. – Er schaut mich empört an. – Huch! Das hatte ich ganz vergessen, wie empfindlich er da ist. Ich sage diesen Satz einfach so gerne. Ich verzichte darauf, ihm das zu erklären. Stattdessen setze ich ein freches Grinsen auf und tue so, als hätte ich ihn aufziehen wollen mit dem Gruß an die Frau Gemahlin. Er geht darauf ein, indem er mit gespielter Strenge sagt, dass er sich das noch mal überlegen muss mit dem Treffen mit mir. Na ja, wird schon klappen. Und dann werde ich ihn gleich als erstes mal fragen: Warum ist dir das so wichtig, Hermann? Freundin. Nicht Frau!

Friedrichstraße, Galerie Lafayette - 60x80 cm (Siebdruck) 

Lovemails 11 - 19x12 cm (Aquarell/Tusche)
Bilder: © Hermann Spörel