Freitag, 25. Juni 2010

Mitleser

"If you suspect your account has been accessed by someone else, please submit your report here." Facebook

Das Biest wundert sich über sich selbst und es geht ihm gut. Es freut sich auf das Buch von Maxim Biller, das ich gestern nach Vorbestellung aus der Bibliothek abgeholt habe: Der gebrauchte Jude. Selbstporträt. Abends mal reingeguckt.  Wie schön der Biller schreiben kann! Nicht so aufgeregt und schlampig wie ich. Aber das hier  ist auch nur ein öffentliches Tagebuch und keine Literatur. – Bild von heute ist die Facebook-Eröffnungsseite. Jedes Mal, wenn ich mich einloggen will, werde ich umgeleitet auf eine Seite, auf der ich aufgefordert werde, mein Passwort noch mal einzugeben, weil irgendwas nicht stimmt. Jedes Mal. Was nicht an mir liegen kann, denn mein neues Passwort ist zwar komplex, aber auch so gewählt, dass es für mich kein Vertun gibt. Es kann nur so sein, dass sich da immer wieder jemand mit meinem alten Passwort einloggen will. Ich nehme an, das sind ehemalige heimliche Mitleser, die sehen wollen, ob ich schon wieder an die Contessa schreibe auf Facebook. – Warum habe ich das Passwort ausgewechselt?  Um die Contessa auszusperren? – Nein, das wäre albern. Weil auf meiner Facebook-Seite  nichts passiert, was nicht alle Welt und deshalb auch sie sehen kann.  - Warum habe ich es also gemacht? – Ich überlege  - und gebe zu: erst mal als symbolischen Akt, um das Nichtmehrschreiben an die Contessa zu “besiegeln”, also schon ihretwegen.  Doch als ich es gemacht habe, dachte ich mir gleich, dass ich bei der Gelegenheit auch die heimlichen Mitleser abschütteln kann. Denn das alte Passwort habe ich nur beibehalten wegen der Contessa, wozu am Dienstag, als ich die Änderung vornahm, keine Veranlassung mehr bestand. - Und warum wollte ich die Mitleser abschütteln?  Weil ich vorhabe, wieder auf Facebook an die Contessa zu schreiben und sie dann schon einen Weg finden wird, das neue Passwort zu bekommen, und wir dann endlich mal für uns sind? Unbeobachtet von heimlichen Mitlesern? – Wäre schlau. Ich will mich aber jetzt erst mal still verhalten gegenüber der Tess und abwarten, was sie so meint und macht. Und wenn ich ihr wieder schreiben sollte, dann würde ich  es auf eine andere Art tun, als mit dem nervigen Ritual der auf Only Me eingestellten Notes.  -  Liebe heimliche Mitleser, Ihr verpasst also nichts und ich bin einfach nur froh, Euch los zu sein.  - Für Tüftler: Das neue Passwort besteht aus dem Vornamen und dem Nachnamen einer ganz wichtigen Romanfigur. Zwischen dem Vornamen und dem Nachnamen und am Ende des Nachnamens stehen die Ziffern des Geburtsjahres und des Todesjahres vom Autor des Romans. Der Autor wurde 51 Jahre alt. Es ist also schon mal nicht Maxim Biller. Weil der dieses Jahr erst 50 wird und danach hoffentlich noch ganz lange lebt.