Montag, 14. Juni 2010

Experiment

Das innere Gequengele seit Wochen: Mir fehlt das Plotten. Das äußere Gequengele seit ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann es mal anders war: Lass uns doch wie Millionen Frauen und Männer vor uns einen Kaffee trinken gehen und herausfinden, warum wir nicht voneinander lassen können. Die nicht mehr zu verdrängende Erkenntnis: Dazu wird es nie kommen. Die Idee: Ich evakuiere das verliebte Tier in mir in einen Plot. Ich erzähle vom verliebten Tier in mir und muss es nicht mehr sein. Noch bessere Idee: Ich lasse das verliebte Tier selbst einen Plot entwickeln. Ich lasse es endlich was Sinnvolles tun mit seinen immer gleichen Fragen und seinen sich im Kreis drehenden Gefühlen. Wie das gehen soll? - Wird sich zeigen. Experiment. Seit Ende letzter Woche läuft es und es fängt schon an zu wirken. Siehe Posting von gestern: Randale statt Sonntagnachmittags-Melancholie. Siehe Posting von heute: Vision statt Enttäuschung. Und mit der Tess geht es auch schon viel besser. Als ich am Freitagabend auf Facebook an sie schrieb, hat sie sich so über mich geärgert, dass sie mir den gesamten Text gelöscht hat (sie kann das). Es ging unter anderem um eine Frau aus Los Angeles, die mir mein neuer Facebook-Freund Ercan als Freundin angeboten hat. Ayesha (Interests: Music, Movies, Video Games). Und wieder mal hatte ich keine Ahnung, womit ich mir den Unmut der Tess zugezogen hatte. Weil sie Ayesha nicht leiden kann? Oder weil ich das F-Wort benutzt habe, aber selbstverständlich mit Sternchen und keineswegs in Beziehung auf Ayesha, sondern im Kontext eines alten Witzes über dumme Schauspielerinnen in Hollywood, die so dumm sind, dass sie mit Drehbuchautoren - wegen Google sag ich mal: schlafen, weil sie sich davon eine Rolle versprechen. Auf jeden Fall war das seit langem mal wieder ein amüsanter Abend mit der Tess und ich wollte gar nicht mehr aufhören, sie noch mehr zu ärgern. - War es aus Rachsucht oder aus Überempfindlichkeit, sie ist so empfindlich und rachsüchtig wie ich, oder war es wegen des Muttigeistes, den sie möglicherweise außerdem noch hat (ich hoffe, da irre ich mich), so oder so, gestern hat sie mir wieder eine gerade geschriebene Passage aus meinem Facebook-Text weggehauen und das war nicht amüsant, weil das eine brutale Unterdrückung meiner Meinungsfreiheit war, und das von ihr als Amerikanerin. Da habe ich sie zum ersten Mal beschimpft und ihr sozusagen endlich mein wahres Gesicht gezeigt. Trotzdem war ich hinterher ganz vergnügt. Weil es Spaß macht, Ärger und Streit mit der Tess zu haben, mehr Spaß als das Ach und Oh, das ewige. - Vision: Während das verliebte Tier sich weiter mit dem ganzen Ach und Oh quält und an seinen Plot baut, zoffen sich die Tess und ich hinter seinem Rücken und werden Freunde und was weiß ich noch alles. Und dann kann ich mich hier auch mal mit jemandem anderen beschäftigen: mit der Mücke zum Beispiel, die sich gestern aus Facebook verabschiedet hat, oder mit der Ayesha oder dem Westerwelle.
(quengeln = to grouch, to whine; sich mit jmdm. zoffen = to argue with so.)