Dienstag, 29. Juni 2010

Los

Baue am Dreipersonenstück rum. Wenn es klappt, ist mein Erlebnishintergrund nur eine Art Sprungbrett in einen für sich stehenden Komödienplot, der sich reale Personen zum Vorbild nimmt, doch keine realen Ereignisse nacherzählt, sondern selbst ein Ereignis ist. Heute klappt es nicht so gut. Um viertel nach 12 läutet das Telefon. So was ist immer ein Großereignis, wenn bei mir das Telefon läutet, obwohl es dann meist so ausgeht: Ein Mann meldet sich mit irgendeiner Firmierung und da ich mich nur mit “Ja?” gemeldet habe, fragt er in bestimmtem Ton nach meinem Namen.  Es zeigt, wie umgänglich ich heute bin, dass ich ihm darauf  meinen Namen nenne, statt hier schon damit anzufangen, Schwierigkeiten zu machen. Nun er: Sitzen Sie gut? – Ich denke, ach ja, er will mir was verkaufen. Sitzmöbel wahrscheinlich. – Ich frage, warum er das wissen will. – Er: Weil Sie in die Endrunde gekommen sind. – Oh je.  - Wie in dem Brief stand ... . – Ich habe keinen Brief bekommen.  - Ihr Los wurde gezogen … . – Ich habe kein Los gekauft.  - Wenn Sie in der Endrunde sind, werden sie auf jeden Fall gewinnen. – Da ich an keiner Vorrunde teilgenommen habe, kann ich auch nicht in einer Endrunde sein. – Er rede hier nicht von Kugelschreibern oder anderen Kleingewinnen, sagt er wie vom Blatt abgelesen, er rede von Autos, Häusern, Sofortrente. – Hören Sie, sage ich,  das ist ein wirklich toller Auftritt von Ihnen. Aber Sie vertun ihre Zeit mit mir. – Er legt nach: Zusätzlich kann ich mit meinem Los täglich eine Million Euro gewinnen. – Ich wiederhole, dass er mit mir seine Zeit vertut  - Ob ich nicht gewinnen will, fragt er. – Ich antworte: Verstehen Sie doch bitte, ich habe kein Los. Ich habe an keiner Vorrunde teilgenommen. Sie verwechseln mich. Aber ihr Auftritt ist wirklich gut. – Er sagt den Satz, den ich mir merken werde: Dann muss ich mich wohl in der Nummer verwählt haben. – Er ist nicht unangenehm geworden. Ich musste keine hässliche Figur abgeben, um ihn loszuwerden.  Trotzdem bin ich nach diesem Telefongespräch so deprimiert, dass ich mich mehr als eine Stunde lang nicht mehr davon erhole. Ich kann es mir nicht erklären, was es ist.  Und was mir in der einen Stunde durch den Kopf geht, gibt keinen Hinweis darauf.  Irgendwas mit Verkäufer-Welt, in der wir leben., und dass ich auch ein Verkäufer bin: Nachdem ich die Liebesgeschichte mit der Contessa nicht hinkriege, will ich jetzt mit ihr als Komödienfgur reüssieren. Aber das ist es nicht. Das sind bekannte Einwände, Die können mich nicht so runterziehen, wie es mich runterzieht nach diesem Anruf. – Jetzt denke ich: Wenn dieser Blog ein Plot wäre und die ersten 40 Posts ein Setup, wie tief will ich den “Helden” (mich) denn noch sinken lassen? Und wäre es dann nicht langsam mal an der Zeit, den 2. Akt anzusteuern, in dem wir den Helden (mich) sehen, wie er sein Leben in die Hand nimmt und gegen alle inneren und äußeren Widerstände den Tiefpunkt überwindet? Oder muss es zuvor noch viel weiter mit ihm runtergehen?  Und was ist das überraschende Ereignis, das für die Wende vom 1. in den 2. Akt sorgt?  Ich habe keine Idee, was das sein könnte. Also noch tiefer? Fortsetzung folgt.