Die zwei Männer nehmen ihre Kopfbedeckungen ab, als sie in den Hausgang treten. Bürgerliche Erscheinungen in langen dunklen Regenmänteln, die ihnen gebliebenen grauen Haare kurz geschnitten, nach hinten gebürstet. Der Mann, der vor mir die Treppen hochgeht, trägt zu einer dunkelgrauen Anzugshose braune Schuhe. Er ist entweder Italiener oder der Grunewalder Galerist, den Uliane eingeladen hat zur Präsentation von vier neuen Arbeiten in ihrem Atelier. Ulianes Mann Thomas öffnet uns die Tür. Küsschen, Küsschen mit der strahlenden Gastgeberin, die uns im Berliner Zimmer empfängt. Eine Frau, die ich sowieso schon nicht leiden kann, reicht mir im Vorübergehen ihre linke Hand zur Begrüßung und hat es damit ganz bei mir verschissen. Sie war es, die Uliane bei dem Grunewalder Galeristen eingeführt hat vor zwei Monaten. Doch entweder hat sie sich bei ihm nicht für Uliane eingesetzt oder sie hat sich vergebens bemüht. Denn der Mann, der die braunen Schuhe zum grauen Anzug trägt, ist Italiener. Und der Mann in Schwarz ist übrigens auch kein Galerist.
Es ist nicht so, dass Uliane es sich nicht anmerken lässt, dass sie enttäuscht ist, weil weder der Galerist noch der Malerkollege, der einen Ausstellungsraum kuratiert, ihrer Einladung gefolgt sind. Sie lässt die Enttäuschung gar nicht an sich heran. An diesem Abend nicht.
Vegetation 1, 2, 3, 4 ist inspiriert von einer Reise nach Ungarn im Frühling letzten Jahres. Naturerlebnis, als es überall um sie herum knisperte, wie Uliane es nannte in ihrer kurzen Einführung. Akzent auf Erlebnis. Denn um Wahrnehmung geht es in den vier Bildern und wie sie sich verändert durch Naturbetrachtung – oder durch das, was mit dem Blick des Betrachters passiert, wenn er sich durch das vierteilige Ensemble Ulianes bewegt und nicht mehr davon loskommt.
Die Zitrone ist aus Plastik, erklärt Uliane lachend. Die ist immer dabei, weil Gelb immer dabei sein muss. Und gibt es wie hier schon genug Gelb, darf die Zitrone trotzdem nicht fehlen. Denn Gelb steht in Ulianes Farblehre für das Leben u n d die Säuernis.