Mittwoch, 2. Mai 2012

Übersozialisiert

Eine noch junge türkische Frau war so fett, dass ihr die nackten Füße aus den Ballerinas zu quellen schienen und sie nur geradeaus gehen wollte. Da sie in jeder Hand auch noch eine prall gefüllte Plastiktüte trug, hätte ich einen weiten Bogen um sie herum machen müssen, um ihr auszuweichen. Ich blieb stattdessen stur stehen und während ich wartete, bis sie sich murrend an mir vorbei gewälzt hatte, habe ich eingesehen, dass ich ein größeres Problem bin als die fette Frau in dem Gedränge und bei der sowieso schon aggressiven Stimmung unter den Leuten auf der Hauptstraße; am Montagnachmittag war das, als viele Leute frei hatten und alle zur gleichen Zeit einkaufen gegangen sind. Nach der fetten Frau wollte ich mich zusammenreißen und habe besonders freundlich gelächelt, als ich eine mir entfernt bekannte Frau mit ihrem Sohn vor dem Bauch und ihrer Mutter an der Seite auf mich zukommen sah. Sie hat mich auch bemerkt, dann aber schnell weggeguckt, und darüber habe ich mich geärgert, weil ich mir so blöd vorkam mit meinem strahlenden Lächeln, das mir nun im Gesicht gefror wie in einem schlecht geschriebenen Roman. Und noch mehr geärgert habe ich mich, weil ich danach über eine halbe Stunde lang gegrübelt habe, weshalb diese mich nichts angehende Person nicht gegrüßt hat wie sonst.