Mit Klagen über ihre akademische Beredsamkeit kann man ihr nicht kommen. Sie war Professorin an der Kunsthochschule in Weissensee und ist es seit 2010 an der Kunstakademie in Düsseldorf. Außerdem halten ihre Arbeiten schon etwas aus. Sie sind robust und gefällig genug, dass ich morgens ein Interview lesen kann mit Frau Grosse, das so lang und langweilig ist, dass ich hinterher verärgert bin, und wenn es dann auch noch geregnet hätte, wäre ich nicht in ihre Ausstellung gegangen in die Dessauer Straße. Aber so kommt am Nachmittag die Sonne raus und: ich will mir endlich mal die Galerie von Johann König anschauen und dann stehe ich inmitten dieser frohgemut und übermütig im Raum ausgebreiteten Malerei und denke: Raumausstattung, aber wie! Dekoration, aber wie! Gefällig, aber macht doch nichts! Und dann bin ich gleich wieder draußen. Weil ich nicht ins Schwitzen kommen will in der völlig überheizten Halle des ehemaligen Druckereigebäudes und weil schon noch ein paar andere Besucher in der Malerei rumstehen müssten, damit es noch was zum Gucken gibt und zum Erzählen. Doch ich bin der einzige Besucher und das glasfaserverstärkte Plastik und die Übermalung und die Bilder erzählen nichts, wollen sie nicht, lösen aber auch sonst keine Assoziationen aus (*).
Das ist das Gefällige: dass es nur gefällig ist und von sich aus keine Assoziationen auslöst, überlege ich auf dem Rückweg, bin neidisch auf Katharina Grosse wie auf alle, die wie sie den Bogen raus haben mit der Gefälligkeit, und versöhne mich mit dem ärgerlichen Interview, das ich am Morgen gelesen habe: ich verstehe jetzt die Absicht der Künstlerin, einen Ausgleich (Substitut) zu schaffen für die wegen der Gefälligkeit ausbleibenden Assoziationen, und dass sie im Interview nichts anderes gemacht hat mit der Sprache als im Kunstraum mit der Farbspritzpistole. Nur nicht so schön dekorativ.
(*) Und wenn doch, dann solche Assoziationen: (...) Grosse besetzt einen Ort und stellt ihm mittels der addierten Oberfläche erweiterte Möglichkeiten an Raum- und Zeitkoordinaten gegenüber. Ein Raum, welcher der euklidischen Geometrie folgt, wird so mit einem Raum verbunden, dessen Ausdehnung keiner Koordinaten bedarf. (...) Galerietext.
Katharina Grosse
They Had Taken Things Along To Eat Together / 2012 / acrylic on wall, carpet, glass-fiber reinforced plastic, couch and floor / 372x1360x1260 cm / Berlin /installation
Ausstellung bis 26. Mai 2012
Dessauer Straße 6-7
10963 Berlin
Fon 030 26 10 30 80
info@johannkoenig.de
Kunst: Ó Katharina Grosse
Fotos: Ó w.g.