Mittwoch, 30. Mai 2012

Temps de l´Amour

                                                         
Tolles Paar. Im Sommer vor einem Jahr haben sie sich kennengelernt bei einer Schultheateraufführung von Die Arche Noahs. Sie war ein Rabe, er Pfadfinder, der sich vom Zuschauerraum in die Mädchengarderobe verirrte. Liebe auf den ersten Blick. Trennung bis zu den nächsten Sommerferien. Ein Jahr lang nur Briefe. Jetzt Flucht ins Liebesglück. In dem gelben Koffer von ihr Fantasybücher aus der Leihbibliothek und ein tragbarer Plattenspieler, den sie ihrem kleinen Bruder geklaut hat, damit sie ihrem Geliebten ihre Lieblingsplatte vorspielen kann. Die ist von Françoise Hardy (wir sind im Jahre 1965) und was ist über diese Platte nicht alles gesagt worden in den Interviews mit Wes Anderson. Doch es ist gerade mal ein Lied, das wir von ihr hören, dann müssen sich die beiden rasch zum ersten Mal küssen (french kissing), und dann werden sie auch schon eingeholt von ihren Verfolgern. Alles ist verloren. Oder doch nicht? Das Übliche. So aberwitzig erzählt, wie wir es von Wes Anderson kennen. Aber keine Zeit für etwas anderes als das Übliche. Daher so traurig der Nachhauseweg nach dem Kino: weil ich mich so gefreut hatte auf den Film, aber nun die Leere, die er bei mir hinterlassen hat, weil der Film nur von sich selbst erzählt und die Geschichte der beiden Kinder nur benutzt dazu, sich nicht für sie interessiert, viel zu wenig weiß von den beiden: Er Waisenkind, vielleicht zu intelligent, Bettnässer. Sie kleptomanisch, eine Diva, gewalttätig. Und zu empfindsam für diese Welt sind sie beide. Wie werden sie auf ihrer Flucht klarkommen mit den Macken des anderen? In einer Szene stellt der Film die Frage. Doch zu mehr fehlt ihm die Zeit, weil er es vorzieht, die Verfolgungsgeschichte zu erzählen, weil er lieber diesen Plotschematismus abklappert und seine Wes-Anderson-Späße mit ihm macht, ohne ihn wirklich der Lächerlichkeit preiszugeben. We died and were reborn and then mysteriously saved. Wer alles wie gerettet wird in Moonrise Kingdom, werde ich nicht verraten, um niemandem den Spaß zu verderben, der sich den Film noch ansehen will. Wir, das Publikum, sind jedenfalls nicht unter den Geretteten. Deshalb bin ich aus dem Film trauriger herausgekommen, als ich hineingegangen bin, und habe mich geärgert, dass ich es dem Trailer nicht angesehen habe, dass ich mir mehr als den Trailer nicht hätte ansehen müssen.