Zuletzt kommen die Leute von der Galerie. Jetzt sind wir elf Zuschauer. Die beiden Männer hinter mir: hoffentlich hören die gleich auf zu schnattern. Apodiktisch? Sagt man apodiktisch, wenn einer sich so überzeugt äußert und keinen Widerspruch zulässt, fragt der eine. – Ist ja rührend, aber jetzt bitte Klappe halten! – Ja, antwortet der andere mit schon gesenkter Stimme. Denn jetzt wird es dunkel und der Vorhang geht auf. Die beiden Männer verstummen, sind so kultiviert, wie sie aussehen,
Der Film A Village by the Sea beginnt ohne Titel und er wird enden ohne Credits. Dazwischen: ein Mann wie aus einem Filmmusical der
30er Jahre singt einen Song über eine Liebe wie aus einem Filmmusical der 30er
Jahre. Als ich schon unruhig werde – wo ist die Geliebte? –, erscheint sie erst
in einem Spiegel, dann auf einer Couch sitzend und sie singt den Song weiter, den der Mann
angefangen hat. In einem Filmmusical der 30er Jahre wäre sie glamouröser,
schöner. Dieser Bruch ist das Ereignis in den vier Minuten, die der Film dauert: dass
die Frau aussieht wie eine verkleidete Bekannte des Künstlers, die in einer
Galerie arbeitet, denke ich jetzt – im Kino habe ich gedacht, wie eine junge
Hausfrau und Mutter aus einem besseren Vorort.
Ideal die
Filmlänge. Keine Sekunde Langeweile. Keine Zeit, die Gedanken abschweifen zu
lassen – vielleicht hin zu den monochromen Leinwandarbeiten in der Galerie Buchholz. Trotzdem will ich mir den Film von Mathias Poledna nicht noch mal anschauen bei der Wiederholung gleich im Anschluss. Aber seine Ausstellung werde ich mir noch mal angucken. Die beiden kultivierten Männer gehen auch nach der ersten Vorstellung, die acht anderen Zuschauer bleiben.
A Village by the Sea
Bis 16. Juni 2012
Siehe auch Bel Étage.
Kunst: ã Mathias Poledna