Freitag, 11. Mai 2012

Wonnemonat

Zehn Minuten zu spät aufgewacht. Es lohnte sich nicht mehr, zum Frühschwimmen zu gehen, und Bernd hat sich bestimmt gefragt, wo bleibt er denn, wir hatten doch verabredet, dass ich ihm heute von meinem Baum und vom Baum der Frau vom Süßwarenladen erzähle. Das wäre es gewesen heute, mit den Fotos von den zwei Bäumen, die ich heute Nachmittag gemacht hätte. Nun eben nächste Woche oder auch nicht. Denn an einer Geschichte mit Ansage schreibe ich schon vormittags. Der Blog hingegen soll vom Tag sein und noch viel, viel mehr so wie es mir gerade einfällt. Heute das Gespräch mit Michaela, der ich gestern schon gesagt habe, dass ich das Gefühl habe, dass ich nicht mehr lange lebe, und als sie mich heute fragt, wie es mir geht, antworte ich, dass ich mich nicht erinnern kann, mich ohne Grippe je so elend gefühlt zu haben wie zur Zeit. Darauf meint sie, dass ich jemanden bräuchte, der mich einmal richtig durchrüttelt. Ich weiß, wie sie das meint, und blicke in die Ferne. Als sie meinen wehmütigen Blick bemerkt, schlägt sie vor, zu bewusstseinserweiternden Drogen zu greifen. Das will ich auf keinen Fall und sie kann froh sein, dass mir die Prozac-Geschichte über den Freund eines berühmten Fernsehclowns, mit dem ich einmal zu Mittag gegessen habe, erst hinterher eingefallen ist. Schließlich findet sie doch noch die richtigen Worte für mich: Bei Sonne, Mond und Sterne geht es zur Zeit auch drunter und drüber. – Ach ja? Das kann doch nur heißen, dass es vielen anderen Leuten auch schlecht geht. – Sie bestätigt das und was mit Sonne, Mond und Sterne ist, brauche ich dann gar nicht mehr zu wissen. – Mai war noch nie ein Wonnemonat für mich. – Für mich auch nicht, sagt sie und ich bedanke mich für das Gespräch. 



Foto via Wikimedia Commons: Kapsula