Lesestoff gesucht. Mindestens 500
Seiten, um darin verschwinden zu können. Es vielleicht doch mit dem
letzten Roman von Haruki Murakami versuchen? 1Q84. Taschenbuchausgabe mit
den ersten beiden Teilen (von dreien). Habenwollenreflex, als ich die
schöne Aufmachung sehe. Weggehen. Überlegen. Wieder kommen. Preis? Fünfzehn Euro. Leiste ich ich mir. Aber
Alternativweltgeschichte? Wenn schon ambitioniert, dann nicht lieber die neue
Übersetzung von Gustave Flaubert, Madame Bovary? Der gesuchte Schmöker ist das nicht und die Mark-Twain-Tagebücher sind es auch nicht.
Noch ein Tag Zeit. Das war gestern. Und noch gestern fällt es mir
ein: Lion Feuchtwanger. Niemand hat lebhafter, süffiger erzählte historische
Romane geschrieben in deutscher Sprache als er. Ja, Jud Süß ist von ihm. Aber sein Roman hat nichts mit dem zu tun, was die Nazi-Filmindustrie daraus gemacht hat. Feuchtwanger war selbst Jude
und ist 1933 emigriert. Im kalifornischen Exil war er Nachbar und
Freund von Bertolt Brecht. Die Konstellation nicht ganz ohne.
Feuchtwanger der Bestsellerautor, dessen Romane sich auch in Übersetzungen ins Englische gut verkauften, Brecht, der in den USA
kein Bein auf die Erde gekriegt hat, aber vor ärgster Not bewahrt
geblieben sein dürfte durch seinen erfolgreichen Freund, den unermüdlichen literarischen Schwerarbeiter. Was hat Lion Feuchtwanger an Stoffmassen bewegt
- und mit welch leichter Hand, so zumindest erscheint es uns Lesern. Nichts von ihm ist schwer zugänglich. Alles von
ihm ist empfehlenswert. Mein Favorit das Mittelalterbuch: Diehässliche Herzogin Margarete Maultasch. Jetzt werde ich Goya lesen:
Goya oder Der arge Weg der Erkenntnis. Bei Hugendubel in der Schlossstraße war der Titel vorrätig als
Taschenbuch. Da war ich mir erst nicht sicher. 661 Seiten. Preis 14, 99
Euro.
Schenkt und lest Feuchtwanger!