Die anderen Krisengebiete. Alleinsein. Wenn ich nicht so alleine wäre, hätte ich mich nicht so in die Contessa-Geschichte verrannt. Geschäft. Wenn ich im Geschäft wäre, dann wäre mir mein Alleinsein egal. Wenn ich im Geschäft wäre, hätte ich die Contessa gekriegt. Wenn sie so ist, interessiert sie mich nicht. Das ist nicht wahr. Jetzt ist es ein Tagebuch wie jedes andere.
Montag, 31. Mai 2010
Allein
Ohne Contessa ist es ein Tagebuch wie jedes andere. Mp3-Spieler doch nicht kaputt. Herpes-Bläschen hingegen sind tatsächlich Herpes-Bläschen. "Mädchen leiden bei Liebeskummer rund 48 Tage, Jungs geben 30 Tage an" (SpiegelOnline, Bravo-Dr.Sommer-Studie). Wie lange wird es bei mir dauern?
Die anderen Krisengebiete. Alleinsein. Wenn ich nicht so alleine wäre, hätte ich mich nicht so in die Contessa-Geschichte verrannt. Geschäft. Wenn ich im Geschäft wäre, dann wäre mir mein Alleinsein egal. Wenn ich im Geschäft wäre, hätte ich die Contessa gekriegt. Wenn sie so ist, interessiert sie mich nicht. Das ist nicht wahr. Jetzt ist es ein Tagebuch wie jedes andere.
Die anderen Krisengebiete. Alleinsein. Wenn ich nicht so alleine wäre, hätte ich mich nicht so in die Contessa-Geschichte verrannt. Geschäft. Wenn ich im Geschäft wäre, dann wäre mir mein Alleinsein egal. Wenn ich im Geschäft wäre, hätte ich die Contessa gekriegt. Wenn sie so ist, interessiert sie mich nicht. Das ist nicht wahr. Jetzt ist es ein Tagebuch wie jedes andere.
Sonntag, 30. Mai 2010
Peter
Am Morgen ruft Peter an. Wir können uns nicht treffen, sagt er. Er hat die gebrannten CDs für mich im Zeitungsladen in der Nachbarschaft deponiert. Er muss jetzt nämlich gleich wieder zu seiner Freundin wegen des Dramas mit deren Tochter Nina. Die ist dreizehn, lebt bei ihrem Vater und ist sein Ein und Alles: Tochter, Partnerin und Ersatz für die Frau, die er seit der Trennung von ihrer Mutter nicht mehr hat. Emotionaler Missbrauch ist das, sagt die Mutter, sagt Peter und so sieht es auch Nina. Vor ein paar Tagen ist sie auf ihren Vater mit einem Küchenmesser losgegangen und hat ihn dabei so verletzt, dass der Rettungsdienst kommen musste. Tiefe Schnittwunden an den Händen, mit denen er Ninas Angriff abgewehrt hat. Sehnen durchtrennt. Blutbad. - Vater mit Blaulicht in die Notaufnahme. Nina zur Beobachtung in die Psychiatrie. Von dort ruft sie einen Klassenkameraden an und sagt zu ihm, dass sie gerade etwas total Cooles gemacht hat. Ihr inzwischen chirurgisch versorgter Vater will sie sofort wieder rausholen aus der Psychiatrie. Er behauptet, er hätte sich die Verletzungen selbst beigebracht. Was gar nicht mal so abwegig ist, weil er hat sie sich zugezogen, als er Nina das Messer abnehmen wollte. Nina besteht jedoch darauf, dass sie ihren Vater umbringen wollte, und möchte weiter psychiatrisch beobachtet werden.
Peter wird im Juni einundsechzig. Anfang letzten Jahres wurde bei ihm ein Zungenbodenkarzinom diagnostiziert. Nachdem er Operation und Nachoperation hinter sich hatte, traf er Nora. Sie ist Polin, heißt eigentlich Honorata und ist über zwanzig Jahre jünger als Peter. Als die beiden was miteinander anfangen, gewöhnt sich Nora gerade das Rauchen ab. Peter hat es schon seit Monaten erfolglos versucht. Mit ihr zusammen schafft er es. - Aber: von Anfang an und immer wieder Nina. Die schulschwänzende Nina. Die lügende Nina. Die kiffende Nina. Die Lolita Nina. Der emotional verpeilte Vater. Der Briefwechsel mit dem Jugendamt wegen des emotional verpeilten Vaters. Die Sorgen wegen Nina, die sich die Mutter macht Tag und Nacht, vor allem in der Nacht. Und jetzt auch noch Nina in der Psychiatrie und kein Auge macht die Mutter mehr zu und Peter deshalb auch nicht.
Peter wird im Juni einundsechzig. Anfang letzten Jahres wurde bei ihm ein Zungenbodenkarzinom diagnostiziert. Nachdem er Operation und Nachoperation hinter sich hatte, traf er Nora. Sie ist Polin, heißt eigentlich Honorata und ist über zwanzig Jahre jünger als Peter. Als die beiden was miteinander anfangen, gewöhnt sich Nora gerade das Rauchen ab. Peter hat es schon seit Monaten erfolglos versucht. Mit ihr zusammen schafft er es. - Aber: von Anfang an und immer wieder Nina. Die schulschwänzende Nina. Die lügende Nina. Die kiffende Nina. Die Lolita Nina. Der emotional verpeilte Vater. Der Briefwechsel mit dem Jugendamt wegen des emotional verpeilten Vaters. Die Sorgen wegen Nina, die sich die Mutter macht Tag und Nacht, vor allem in der Nacht. Und jetzt auch noch Nina in der Psychiatrie und kein Auge macht die Mutter mehr zu und Peter deshalb auch nicht.
Peter ist Sozialarbeiter. Wie übrigens auch der Vater von Nina, der, bevor er Sozialarbeiter wurde, Polizist war und dann Taxifahrer. Taxi fährt er weiter nebenher.
Samstag, 29. Mai 2010
Sprache
Zwei Laptops. Das Sony und das Samsung. Nachdem ich den Hack entdeckt hatte, habe ich am Sony die Remotedesktop-Funktion und Bluetooth deaktiviert. Das Samsung habe ich offen gelassen für die Contessa.
Sie ist Samstag und Sonntag zu Hause und der Mann ist weg über Tag. Habe immer gedacht, da gibt er Wochenendseminare etc. wegen Geld ranschaffen und Eigentumswohnung abzahlen. Inzwischen stelle ich mir vor, dass er am Wochenende in seinem Institut sitzt und schreibt wegen publish or perish. Deshalb wahrscheinlich auch gleich in Englisch, und wie passend, dass die Frau zu Hause englische Muttersprachlerin ist und ihm seine Texte gegenlesen kann.
Während der Mann weg ist und schreibt, um nicht unterzugehen, schreibt der über beide Ohren verliebte Nachbar jeden Samstag und Sonntag ab 11 Uhr an die Frau, die zu Hause die Wäsche macht und sich langweilt und einen Narren gefressen hat an dem Nachbarn; nur sie weiß warum. Doch da sie auch weiß, wo sie hingehört, wenn es gilt, ist das alles so wie nicht gewesen.
Und weil es so wie nicht gewesen ist, soll es jetzt gar nicht mehr sein. Das Samsung lasse ich weiter offen, aus Sentimentalität und weil ich wahrscheinlich immer noch nicht aufgegeben habe, obwohl ich das behaupte. Aber an Dich schreiben, Tess, werde ich - wenn - nur noch hier. Ich muss mich retten. - Nein, nicht vor Dir, mein Sonnenstrahl. Vor mir selbst.
Sprache: "Sie hat ihm den Kopf verdreht." und: "Er hat sie sich in den Kopf gesetzt." - Du hast mir den Kopf verdreht. Das war schön. Da war noch alles gut. Aber dann habe ich mir Dich in den Kopf gesetzt. Und das ist ein Elend, das jetzt bitte aufhören soll!
Du weißt, dass ich das hier angefangen habe, um endlich wieder unter die Leute zu kommen mit meiner Schreiberei und um überhaupt wieder mit Leuten zusammen zu kommen. - Ob das klappt? - Bisher hat noch niemand kommentiert. Habe das Blog (*) allerdings auch noch nicht freigegeben für die Suchmaschinen; ich übe noch.
Willst Du nicht mal einen Kommentar schreiben, Tess? Zum Beispiel zu meinen aufdringlichen Phantasien (s.o.) , die ich nicht lassen kann. Warum eigentlich nicht?
Ich höre ab jetzt auf damit. Okay? - Nur noch, was ich sehe und höre und das Wenige, was ich weiß.
(*) "das" oder "der" Blog? - In Zukunft schreibe ich "der" Blog.
Sie ist Samstag und Sonntag zu Hause und der Mann ist weg über Tag. Habe immer gedacht, da gibt er Wochenendseminare etc. wegen Geld ranschaffen und Eigentumswohnung abzahlen. Inzwischen stelle ich mir vor, dass er am Wochenende in seinem Institut sitzt und schreibt wegen publish or perish. Deshalb wahrscheinlich auch gleich in Englisch, und wie passend, dass die Frau zu Hause englische Muttersprachlerin ist und ihm seine Texte gegenlesen kann.
Während der Mann weg ist und schreibt, um nicht unterzugehen, schreibt der über beide Ohren verliebte Nachbar jeden Samstag und Sonntag ab 11 Uhr an die Frau, die zu Hause die Wäsche macht und sich langweilt und einen Narren gefressen hat an dem Nachbarn; nur sie weiß warum. Doch da sie auch weiß, wo sie hingehört, wenn es gilt, ist das alles so wie nicht gewesen.
Und weil es so wie nicht gewesen ist, soll es jetzt gar nicht mehr sein. Das Samsung lasse ich weiter offen, aus Sentimentalität und weil ich wahrscheinlich immer noch nicht aufgegeben habe, obwohl ich das behaupte. Aber an Dich schreiben, Tess, werde ich - wenn - nur noch hier. Ich muss mich retten. - Nein, nicht vor Dir, mein Sonnenstrahl. Vor mir selbst.
Sprache: "Sie hat ihm den Kopf verdreht." und: "Er hat sie sich in den Kopf gesetzt." - Du hast mir den Kopf verdreht. Das war schön. Da war noch alles gut. Aber dann habe ich mir Dich in den Kopf gesetzt. Und das ist ein Elend, das jetzt bitte aufhören soll!
Du weißt, dass ich das hier angefangen habe, um endlich wieder unter die Leute zu kommen mit meiner Schreiberei und um überhaupt wieder mit Leuten zusammen zu kommen. - Ob das klappt? - Bisher hat noch niemand kommentiert. Habe das Blog (*) allerdings auch noch nicht freigegeben für die Suchmaschinen; ich übe noch.
Willst Du nicht mal einen Kommentar schreiben, Tess? Zum Beispiel zu meinen aufdringlichen Phantasien (s.o.) , die ich nicht lassen kann. Warum eigentlich nicht?
Ich höre ab jetzt auf damit. Okay? - Nur noch, was ich sehe und höre und das Wenige, was ich weiß.
(*) "das" oder "der" Blog? - In Zukunft schreibe ich "der" Blog.
Freitag, 28. Mai 2010
Vollmond
Warten, bis es dunkel genug ist, um ins Bett gehen zu können. Blick zur Dachwohnung gegenüber. Kein Licht im Contessa-Zimmer. Kein Dachlukenlicht. Keine Reaktion auf das, was ich ihr geschrieben habe. – Ich schreibe ihr wieder auf Facebook. Schwerer Rückfall. Am Schluss: „Ich wünsche Dir eine schöne Vollmondnacht, Tess.“ Und dann noch: „Tut mir das nicht weh, wenn ich das hinschreibe? – Und wie mir das weh tut!“ – Wenig später lösche ich den Text wieder. Hat sie ihn vorher noch gelesen? Ist sie überhaupt da? – Die gesamte Fensterfront dunkel. Das hat nichts zu sagen. Sie wird mit ihrem Mann im hinteren Teil der Wohnung sein. - Was ist da? Küche (Wohnküche?). Bad. Schlafzimmer. Mehr ist da nicht. Fernsehen. Sie ist eine Fernsehmaus. Das habe ich mitgekriegt. Fernsehgerät in der Küche oder im Schlafzimmer. Ist heute nicht das mit dem Supermodel? – Oder sie sind ausgegangen an diesem vielversprechenden Abend. Theater, Kino, Konzert oder was sie sonst gerne macht, die Tess. Nicht immer nur daheim rumhängen in den abgewetzten Wohnungsklamotten. Vorstellung, dass er das gelesen hat, was ich über sie geschrieben habe: dass sie sich langweilt. Na klar hat er das gelesen. Sie liest es. Er liest es. Und es hat ihm zu denken gegeben. Jetzt gibt er sich Mühe, sorgt für Abwechslung und ihr gefällt das. Neues Lebensgefühl. Sie haben wieder Spaß miteinander. – Ich halte es nicht aus, dass ich ihm das auch noch beigebogen habe. Wenn ich sie nicht kriege, soll er wenigstens unglücklich sein mit ihr. - Ich habe ihn noch nie lachen gesehen. Doch, einmal hämisch, zu mir rüber feixen habe ich ihn gesehen. Vielleicht lacht er nur im hinteren Teil der Wohnung. Die Contessa habe ich auch noch nie lachen gesehen, fällt mir gerade ein. Vielleicht lacht sie auch nur im hinteren Teil der Wohnung. Vielleicht ist sowieso alles ganz anders als ich denke.
Donnerstag, 27. Mai 2010
Blondinen
Leute in der Fernsehindustrie. Beste Begegnung war die mit Alicia Remirez bei Sat1. - Ich: Bei Hitchcock geht es eigentlich immer nur darum, Blondinen zu quälen. Nur nicht in North by Northwest. Da geht es darum, Cary Grant zu quälen. - Alicia: Cary Grant ist eine Blondine. (*)
Beste Agentin war Katja Grübel bei Pegasus. Sie hat mein Zeug gelesen. Wusste, was ich kann und will, und da hat auch was geklappt. Dann geschwängert vom Regisseur Manuel Siebenmann, der inzwischen von Frau und Kind getrennt drei Häuser entfernt von mir wohnt. Katjas Nachfolgerin ist Kathrin. Formulierung: Ein Gespräch mit ihr ist wie der Biss in einen Filzpantoffel. Bitte darum, vom Chef vertreten zu werden. Es mir mit dem Chef mal lieber nicht verderben. Zwischenspiel mit rechter Hand des Chefs, Sebastian. Hilflos, hilflos, hilflos. - Kathrin weg. Sebastian weg. Seit Anfang des Jahres Fabian. Jurist wie der Chef. War vorher bei Boje Buck Produktion. Er könnte der besser aussehende kleine Bruder von Detlev Buck sein. - Ich bin eigentlich raus aus dem Geschäft, will wieder rein. Ansatz: Einen namhaften Regisseur interessieren für ein Projekt von mir. Jüdische Komödie, jüdischer Regisseur. Ich kontaktiere Dani Levy. Fabian soll Dror Zahavi ansprechen. Dani ist gerade in der Endproduktion seines neuen Films; deshalb noch nicht zum Lesen gekommen. Fabian hat es nach sechs Wochen noch nicht mal geschafft, mit der Agentur von Zahavi Kontakt aufzunehmen. Inzwischen entwickelt sich unser menschliches Verhältnis in den Mails rapide von Herzlichen Gruß Fabian zu LG Fabian zu Mit besten Grüßen Fabian. Telefonisch ist er nicht erreichbar. Es gibt nichts Neues; er hat viel zu tun. Außerdem sind Telefongespräche mit mir gefürchtet, wegen ihrer Überlänge. Vorgestern traut er sich und nimmt meinen Anruf an. Ich habe gehört, dass Dror Zahavi ein Projekt geplatzt ist, da wäre es doch usw. Plus: Ich deute an, dass ich eine Frau kenne, die die Kostümbildnerin von Zahavi kennt. Und plötzlich geht es zack-zack. Zahavis Agentur hat endlich geantwortet. Er schickt ihnen jetzt den Stoff. Ob ich paar Worte dazu schreiben will, warum es "genau das richtige für Dror ist". - Wozu denn das? Ich habe einen ganzen verdammten Film geschrieben. Schick ihm das Kurz-Exposé, schick ihm das Treatment. Jedes weitere Wort wäre Geblubbere. - Später. Moment mal! Wieso muss der denen das noch schicken? Das hat er doch schon vor sechs Wochen getan. Hat der mich verarscht? Hat der gar nichts unternommen, verschleppt der das? Wollen die mich los haben? - Die Kavallerie reitet, säbelschwingend. Ich sammle Indizien in den Mails von Fabian. Die Kavallerie habe ich absitzen lassen; sie wartet auf meine Befehle. Mit Zitat und Datum teile ich ihm meinen Argwohn mit. Doch während ich das tue, merke ich schon, dass es eine ganz einfache Erklärung gibt. Erstens: die - mal möglichst wertfrei - juristische Art des Ansprechpartners. Zweitens: Ich bin nicht der wichtigste Klient der Agentur. Fabians Erklärung ist noch einfacher und leuchtet mir sofort ein. Die erste Sendung liegt sechs Wochen zurück; wer weiß, was daraus geworden ist. Jetzt ist nur noch, dass er zunächst nur das Kurz-Exposé schicken will und dann erst auf Nachfrage das Treatment. - Warum so umständlich? Mail: "Tu mir eine Liebe, Fabian, und schicke Dror Zahavi doch das Treatment gleich mit. - Es gibt Leute, die meine Sachen gerne lesen. Vielleicht gehört er dazu. Vielleicht schaut er mal drauf, wenn er es hat, vielleicht liest er sich fest. - Das Kurz-Exposé ... ist wie der Klappentext eines Buches. Und was ist der Klappentext eines Buches wert, wenn man nicht gleich das Buch zur Hand hat, um reinzugucken? Oder noch mal anders: Bitte, bitte, lieber Fabian, lass es uns auf meine Art machen."
Kurz darauf teilt er mir mit, dass er es so gemacht hat. Ich maile zurück klasse! danke! und denke, mir unbedingt merken für´s nächste Mal, wenn ich wieder die Kavallerie reiten habe: Ich schreibe keine Western. Ich schreibe keine Thriller. Ich interessiere mich nicht für Verschwörungen. Ich quäle keine Blondinen. Ich schreibe Melodramen und Komödien. Und ich kann so lieb sein, wenn ich will.
(*) http://www.youtube.com/watch?v=M5D1aeNB2Bc&feature=related
Beste Agentin war Katja Grübel bei Pegasus. Sie hat mein Zeug gelesen. Wusste, was ich kann und will, und da hat auch was geklappt. Dann geschwängert vom Regisseur Manuel Siebenmann, der inzwischen von Frau und Kind getrennt drei Häuser entfernt von mir wohnt. Katjas Nachfolgerin ist Kathrin. Formulierung: Ein Gespräch mit ihr ist wie der Biss in einen Filzpantoffel. Bitte darum, vom Chef vertreten zu werden. Es mir mit dem Chef mal lieber nicht verderben. Zwischenspiel mit rechter Hand des Chefs, Sebastian. Hilflos, hilflos, hilflos. - Kathrin weg. Sebastian weg. Seit Anfang des Jahres Fabian. Jurist wie der Chef. War vorher bei Boje Buck Produktion. Er könnte der besser aussehende kleine Bruder von Detlev Buck sein. - Ich bin eigentlich raus aus dem Geschäft, will wieder rein. Ansatz: Einen namhaften Regisseur interessieren für ein Projekt von mir. Jüdische Komödie, jüdischer Regisseur. Ich kontaktiere Dani Levy. Fabian soll Dror Zahavi ansprechen. Dani ist gerade in der Endproduktion seines neuen Films; deshalb noch nicht zum Lesen gekommen. Fabian hat es nach sechs Wochen noch nicht mal geschafft, mit der Agentur von Zahavi Kontakt aufzunehmen. Inzwischen entwickelt sich unser menschliches Verhältnis in den Mails rapide von Herzlichen Gruß Fabian zu LG Fabian zu Mit besten Grüßen Fabian. Telefonisch ist er nicht erreichbar. Es gibt nichts Neues; er hat viel zu tun. Außerdem sind Telefongespräche mit mir gefürchtet, wegen ihrer Überlänge. Vorgestern traut er sich und nimmt meinen Anruf an. Ich habe gehört, dass Dror Zahavi ein Projekt geplatzt ist, da wäre es doch usw. Plus: Ich deute an, dass ich eine Frau kenne, die die Kostümbildnerin von Zahavi kennt. Und plötzlich geht es zack-zack. Zahavis Agentur hat endlich geantwortet. Er schickt ihnen jetzt den Stoff. Ob ich paar Worte dazu schreiben will, warum es "genau das richtige für Dror ist". - Wozu denn das? Ich habe einen ganzen verdammten Film geschrieben. Schick ihm das Kurz-Exposé, schick ihm das Treatment. Jedes weitere Wort wäre Geblubbere. - Später. Moment mal! Wieso muss der denen das noch schicken? Das hat er doch schon vor sechs Wochen getan. Hat der mich verarscht? Hat der gar nichts unternommen, verschleppt der das? Wollen die mich los haben? - Die Kavallerie reitet, säbelschwingend. Ich sammle Indizien in den Mails von Fabian. Die Kavallerie habe ich absitzen lassen; sie wartet auf meine Befehle. Mit Zitat und Datum teile ich ihm meinen Argwohn mit. Doch während ich das tue, merke ich schon, dass es eine ganz einfache Erklärung gibt. Erstens: die - mal möglichst wertfrei - juristische Art des Ansprechpartners. Zweitens: Ich bin nicht der wichtigste Klient der Agentur. Fabians Erklärung ist noch einfacher und leuchtet mir sofort ein. Die erste Sendung liegt sechs Wochen zurück; wer weiß, was daraus geworden ist. Jetzt ist nur noch, dass er zunächst nur das Kurz-Exposé schicken will und dann erst auf Nachfrage das Treatment. - Warum so umständlich? Mail: "Tu mir eine Liebe, Fabian, und schicke Dror Zahavi doch das Treatment gleich mit. - Es gibt Leute, die meine Sachen gerne lesen. Vielleicht gehört er dazu. Vielleicht schaut er mal drauf, wenn er es hat, vielleicht liest er sich fest. - Das Kurz-Exposé ... ist wie der Klappentext eines Buches. Und was ist der Klappentext eines Buches wert, wenn man nicht gleich das Buch zur Hand hat, um reinzugucken? Oder noch mal anders: Bitte, bitte, lieber Fabian, lass es uns auf meine Art machen."
Kurz darauf teilt er mir mit, dass er es so gemacht hat. Ich maile zurück klasse! danke! und denke, mir unbedingt merken für´s nächste Mal, wenn ich wieder die Kavallerie reiten habe: Ich schreibe keine Western. Ich schreibe keine Thriller. Ich interessiere mich nicht für Verschwörungen. Ich quäle keine Blondinen. Ich schreibe Melodramen und Komödien. Und ich kann so lieb sein, wenn ich will.
(*) http://www.youtube.com/watch?v=M5D1aeNB2Bc&feature=related
Mittwoch, 26. Mai 2010
Wurm
Dünn bin ich geworden. Es sprechen mich schon Leute auf der Straße darauf an. Eine Bekannte kommt mir entgegen auf der Rolltreppe; sie runter, ich hoch. Sie erschrickt, als sie mich sieht. Macht die Geste mit den hohlen Wangen. Schmal bist du geworden. Was ist denn los? - Keine Ahnung. Aber jetzt kriege ich es allmählich mit der Angst zu tun. Und ich merke es auch schon selbst. Gürtel im letzten Loch. Kein Arsch mehr in der Hose. Angebot einer einfachen Erklärung, als ich sehe, dass sich im Clo was bewegt. Was ich so alles sehe. - Habe ich einen Wurm? Einen Fuchsbandwurm vielleicht? Wenn Wurm, dann unbedingt lebensbedrohlich.
In der Arztpraxis ein Laborgefäß abgeholt. Neben der Closchüssel gekniet und mit der kleinen Schaufel, die dem Laborgefäß beigegeben ist, Darminhalt ins Röhrchen gefüllt. Auch mal ein Erlebnis. Dabei an eine Gestalt aus der Heidelberger Vergangenheit gedacht. Mitsu Kürbihs. Sein Standardspruch, wenn jemand es in seinem Job vermasselt hat: Der kann jetzt in die Fabrik gehen und Scheiße nach Geschmack sortieren. - Laborbefund: Kein Wurm. - Und die Gewichtabnahme? - Vielleicht wegen des ständigen inneren Dramas. Vielleicht habe ich auch zu wenig gegessen. - Teller wieder voller machen. Schokolade. Nüsse. Rotwein. Noch besser, mal wieder glücklich oder wenigstens nicht ständig unglücklich sein. Abwarten, ob ich wieder zunehme. Wenn nicht, dem Rat der Ärztin folgen. Darmspiegelung. Sollte ich sowieso mal machen lassen. Nächstes Erlebnis. Fortsetzung folgt.
Heute in der Post die Rechnung des medizinischen Labors. Muss die Brille aufsetzen. Dachte erst, es ist ein dreistelliger Betrag. Nein. Günstig. Ein Mal Scheiße angucken kostet 18 Euro 26.
In der Arztpraxis ein Laborgefäß abgeholt. Neben der Closchüssel gekniet und mit der kleinen Schaufel, die dem Laborgefäß beigegeben ist, Darminhalt ins Röhrchen gefüllt. Auch mal ein Erlebnis. Dabei an eine Gestalt aus der Heidelberger Vergangenheit gedacht. Mitsu Kürbihs. Sein Standardspruch, wenn jemand es in seinem Job vermasselt hat: Der kann jetzt in die Fabrik gehen und Scheiße nach Geschmack sortieren. - Laborbefund: Kein Wurm. - Und die Gewichtabnahme? - Vielleicht wegen des ständigen inneren Dramas. Vielleicht habe ich auch zu wenig gegessen. - Teller wieder voller machen. Schokolade. Nüsse. Rotwein. Noch besser, mal wieder glücklich oder wenigstens nicht ständig unglücklich sein. Abwarten, ob ich wieder zunehme. Wenn nicht, dem Rat der Ärztin folgen. Darmspiegelung. Sollte ich sowieso mal machen lassen. Nächstes Erlebnis. Fortsetzung folgt.
Heute in der Post die Rechnung des medizinischen Labors. Muss die Brille aufsetzen. Dachte erst, es ist ein dreistelliger Betrag. Nein. Günstig. Ein Mal Scheiße angucken kostet 18 Euro 26.
Dienstag, 25. Mai 2010
Veranda
Kalter Frühling. Und wenn mal die Sonne scheint, ist es so: Als ich vorgestern Nachmittag im hinteren Zimmer meinen Router ausschalte Blick durch Euer Wohnzimmer auf die Veranda. Du mit großer schwarzer Sonnenbrille im Liegestuhl. Du bemerkst mich sofort, setzt Dich auf und schaust zu mir rüber. Schirmst dabei Deine Augen ab mit dem Manuskript oder was es ist, das Du gerade liest.
Deine Erwiderung meines Blicks. - Was war das? – Kontaktaufnahme nicht. - War es: Was willst Du? Was gibt es? Was schaust Du? Und war da schon Dein Mann hinter Dir gesessen, den ich erst später bemerkt habe, als ich noch mal zurück kam, weil ich Dir Zeichen geben wollte: Komm raus, Tess! Treffen wir uns!
Warst Du so herausfordernd abweisend für Deinen Mann? Musstest Du das machen für ihn? Verständlicherweise? Oder bist Du so? Oder bist Du so, wenn Ihr Euch gerade versöhnt habt? Verständlicherweise? Jetzt wieder ganz die Frau Deines Mannes. Und was will der Typ da drüben?
Oder hat Dein Mann da noch gar nicht bei Dir gesessen, als ich Dich bemerkt habe und Du so abweisend warst? Hast Du vielleicht angenommen, dass ich noch mal zurückkommen und Dir Zeichen geben werde? Und deshalb hast Du ihn zu Dir gerufen, Deinen Mann? Komm doch mal her, Mann, und setz Dich zu mir! Er da drüber glotzt schon wieder.
Schwierige Szene, Tess. Kriege sie nicht aus dem Kopf. War das unser Treffen in der Realität? Schlüsselszene?
Deine Erwiderung meines Blicks. - Was war das? – Kontaktaufnahme nicht. - War es: Was willst Du? Was gibt es? Was schaust Du? Und war da schon Dein Mann hinter Dir gesessen, den ich erst später bemerkt habe, als ich noch mal zurück kam, weil ich Dir Zeichen geben wollte: Komm raus, Tess! Treffen wir uns!
Warst Du so herausfordernd abweisend für Deinen Mann? Musstest Du das machen für ihn? Verständlicherweise? Oder bist Du so? Oder bist Du so, wenn Ihr Euch gerade versöhnt habt? Verständlicherweise? Jetzt wieder ganz die Frau Deines Mannes. Und was will der Typ da drüben?
Oder hat Dein Mann da noch gar nicht bei Dir gesessen, als ich Dich bemerkt habe und Du so abweisend warst? Hast Du vielleicht angenommen, dass ich noch mal zurückkommen und Dir Zeichen geben werde? Und deshalb hast Du ihn zu Dir gerufen, Deinen Mann? Komm doch mal her, Mann, und setz Dich zu mir! Er da drüber glotzt schon wieder.
Schwierige Szene, Tess. Kriege sie nicht aus dem Kopf. War das unser Treffen in der Realität? Schlüsselszene?
Montag, 24. Mai 2010
Hack
Heute Früh bei den Nachbarn und sie direkt darauf angesprochen. Erzählt, dass ich eine – ähm. Liebes-Kommunikation mit einer Frau in – ähm, nächster Nähe habe und die basiert darauf, dass die Frau in meinen Rechner eingehackt ist. Das Phänomen heißt Bluesnarfing, das wird hauptsächlich bei Mobiltelefonen gemacht, funktioniert aber auch bei Laptops. Das haben mir Leute vom Chaos Computer Club bestätigt, bei denen ich in der Sprechstunde war (Donnerstag, ab 17 Uhr, Marienstraße, Berlin-Mitte). Voraussetzung für den Hack ist, dass Bluetooth aktiviert ist und unter Windows die Remotefunktion (Remote Desktop). Die kann man nicht von außen aktivieren, also online, das muss man am Rechner selbst machen. – Kaffee? – Nein, danke. Also, warum erzähle ich euch das? Weil ich irgendwann gemerkt habe, dass nicht nur - ähm, meine Geliebte bei mir eingehackt ist, sondern auch noch andere Nachbarn. Nämlich ihr. Nur, versteht mich bitte richtig. Keine Vorwürfe. Ich bin nicht hier, um euch zur Rede zu stellen. Ich weiß, dass ihr euch bei mir eingehackt habt. Ihr wisst, dass ich es weiß. Deshalb seid ihr auch immer noch bei mir drin. Weil ihr wissen wollt, was ich damit jetzt anfange. Aber macht euch deswegen keine Sorgen. Ich sehe das inzwischen völlig entspannt. Ihr habt mir keinen Schaden zugefügt. Ihr seid nur neugierig gewesen. Das verstehe ich, ich bin auch neugierig. Und deshalb tut mir einen Gefallen: Zeigt mir, wie es geht. Zeigt mir, wie es aussieht auf der anderen Seite des Hacks. Zeigt mir, was ihr seht von meinem Rechner. Und damit gut.
Das der Versuch. Ergebnis: Der Nachbar ist richtig begeistert. Tolle Geschichte. Dass ich beim Chaos Computer Club war, beeindruckt ihn ganz besonders. Haben die mir nicht zeigen können, wie das geht. - Nein. Ins Detail wollten sie nicht gehen. Wie übrigens alle, die ich dazu befragt habe. - Auch die Nachbarin hat mir gerne zugehört. Allerdings missfällt ihr die Bestimmtheit, mit der ich auftrete. Sie kritisiert, dass ich es gar nicht für möglich halte, dass sie mit der ganzen Sache nichts zu tun haben, - Würde das denn etwas ändern daran, dass ihr es abstreitet, frage ich sie. Das die einzige Stelle in ganzen Gespräch, an der der Ton schärfer wird. Gleich geschickt moderiert vom Nachbarn. Ob ich Microsoft Security Essentials kenne, fragt er. - Nein. - Die Nachbarin reicht mir einen Block und einen Stift. Ich notiere und sage, dass ich Norton verwende und dass die CCC-Leute da nur gelacht haben, als ich das erwähnte. - Der Rest ist Pflege der nachbarschaftlichen Beziehung inklusive Führung durch die Wohnung. Kinderzimmer wie ein Spielzeugladen. Ich staune: Da ist ja einiges passiert, seit ich das letzte Mal mit Lego gespielt habe. Und: Was für ein reiches Kind! - Schade nur, dass sein Kind so selten da ist, sagt der Nachbar. - Wie oft? - Nur alle zwei Wochen. - Schlimm, sage ich.
Im Nachhinein fällt mir auf, dass sie gar nicht gefragt haben, wie ich überhaupt auf sie gekommen bin. Ich sprach nur von Beobachtungen, die mich darauf gebracht haben. Sie wollten nicht wissen, was für Beobachtungen, und ich bin nicht näher darauf eingegangen, weil ich wollte sie nicht in die Enge treiben, ich wollte sie nicht anklagen. - Und was wollte ich noch mal? - Mit ihnen darüber reden. Haben wir getan. - Gucken, was passiert. Nichts. - Herausfinden, wie es geht. Wie sie es gemacht haben. Und vor allem sehen, wie es aussieht am anderen Ende des Hacks. Sehen, was die Contessa von meinem Rechner sieht.
Sonntag, 23. Mai 2010
Biest
Soll ich den Blog-Titel verändern? Artikel weglassen? Tägliches Biest? Das ist schlanker. Und ich beruhige mein Gewissen wegen Titel-Klau. Andererseits: The Daily Beast "is an american news reporting and opinion website published by Tina Brown" (Wikipedia). Das hier wird sein ein Blog von mir, in dem ich mein Leben veröffentliche und mich mit Diagnose und Therapie narzisstischer Persönlichkeitsstörung befasse. "The Daily Beast", das ist Journalismus und "The Daily Beast" ist wie "The Daily Telegraph". "Das tägliche Biest" soll sein eine Fortsetzungsgeschichte in Tagebuchform und "Das tägliche Biest" ist wie "mein tägliches Schreiben", wenn mein tägliches Schreiben aufgehört hat, ein liebeskrankes Schaf zu sein.
Kein Licht im Contessa-Zimmer. Tess schläft wieder im hinteren Teil der Wohnung. Bei ihrem Mann oder Ex-Mann oder Freund oder Ex-Freund; ich nenne ihn ab jetzt einfach ihren Mann. Sie haben sich wieder versöhnt, nachdem sie sich letzten Sonntagabend gekracht hatten. Seinetwegen? Ihretwegen? - Meinetwegen bestimmt nicht. Unsere Fenster-zu-Fenster-Affäre nervt ihn. Mehr aber auch nicht. Sie ist zwischen 30 und 35. Er ist, wenn er alt ist, 45. Ich bin 57, und das sieht man mir auch an. Er ist erfolgreicher Hochschullehrer. Ich bin erfolgloser Drehbuchautor. Er ist einen Kopf größer als ich. Gut aussehend. Wenn er nur nicht diese zu kleinen Augen hätte. Ich schiele. Aber nur, wenn ich sehr müde bin. - Wir haben am gleichen Tag Geburtstag (habe ich mal mitgekriegt). Aber das bedeutet nicht einmal astrologisch etwas, weil ein Tag ist lang. Ich bin kein ernst zu nehmender Konkurrent für ihn. Meine einzige Chance ist, dass er ganz offensichtlich etwas falsch macht. Sie ist nicht glücklich mit ihm. Irgendetwas fehlt ihr. Sonst würde es ihr nicht so gefallen, von mir begehrt zu werden. - Und wenn sie sich einfach nur langweilt? - Sage ich doch, es fehlt ihr was.
"Und warum habt ihr eigentlich kein Kind?" habe ich ihr mal geschrieben. Unverschämtheit. Gründe genug, kein Kind zu haben; darunter einige, die unabänderlich sind. Sie ist sehr empfindlich, leicht kränkbar, schnell beleidigt. Das mit dem Kind hat ihr nichts ausgemacht. Ich wollte darauf hinaus, wie gerne ich ein Kind mit ihr hätte. Das hat sie gerührt, als ich ihr das geschrieben habe. Vielleicht will ihr Mann kein Kind. Noch nicht.
Wenn ich deprimiert bin wie gestern, denke ich, es wird so ausgehen, dass sie ein Kind bekommen. Und vielleicht wird unsere verhuschte Affäre am Ende sogar dazu beigetragen haben. Und wenn es ganz glücklich ausgeht, dann wird das Kind die schönen Augen seiner Mutter haben, mit denen sie so listig und unternehmungslustig gucken kann.
Kein Licht im Contessa-Zimmer. Tess schläft wieder im hinteren Teil der Wohnung. Bei ihrem Mann oder Ex-Mann oder Freund oder Ex-Freund; ich nenne ihn ab jetzt einfach ihren Mann. Sie haben sich wieder versöhnt, nachdem sie sich letzten Sonntagabend gekracht hatten. Seinetwegen? Ihretwegen? - Meinetwegen bestimmt nicht. Unsere Fenster-zu-Fenster-Affäre nervt ihn. Mehr aber auch nicht. Sie ist zwischen 30 und 35. Er ist, wenn er alt ist, 45. Ich bin 57, und das sieht man mir auch an. Er ist erfolgreicher Hochschullehrer. Ich bin erfolgloser Drehbuchautor. Er ist einen Kopf größer als ich. Gut aussehend. Wenn er nur nicht diese zu kleinen Augen hätte. Ich schiele. Aber nur, wenn ich sehr müde bin. - Wir haben am gleichen Tag Geburtstag (habe ich mal mitgekriegt). Aber das bedeutet nicht einmal astrologisch etwas, weil ein Tag ist lang. Ich bin kein ernst zu nehmender Konkurrent für ihn. Meine einzige Chance ist, dass er ganz offensichtlich etwas falsch macht. Sie ist nicht glücklich mit ihm. Irgendetwas fehlt ihr. Sonst würde es ihr nicht so gefallen, von mir begehrt zu werden. - Und wenn sie sich einfach nur langweilt? - Sage ich doch, es fehlt ihr was.
"Und warum habt ihr eigentlich kein Kind?" habe ich ihr mal geschrieben. Unverschämtheit. Gründe genug, kein Kind zu haben; darunter einige, die unabänderlich sind. Sie ist sehr empfindlich, leicht kränkbar, schnell beleidigt. Das mit dem Kind hat ihr nichts ausgemacht. Ich wollte darauf hinaus, wie gerne ich ein Kind mit ihr hätte. Das hat sie gerührt, als ich ihr das geschrieben habe. Vielleicht will ihr Mann kein Kind. Noch nicht.
Wenn ich deprimiert bin wie gestern, denke ich, es wird so ausgehen, dass sie ein Kind bekommen. Und vielleicht wird unsere verhuschte Affäre am Ende sogar dazu beigetragen haben. Und wenn es ganz glücklich ausgeht, dann wird das Kind die schönen Augen seiner Mutter haben, mit denen sie so listig und unternehmungslustig gucken kann.
Samstag, 22. Mai 2010
Contessa
Vier Versuche, Dich hier reinzuschreiben. Als „Du“, als „mein Mensch“, als Tess, die Du geworden bist in meinem Schreiben an Dich. Letzter Versuch gestern Abend. Fortsetzung der Kommunikation mit Dir jetzt im Blog. Schwerer Schreibunfall. Fünf Zeilen lange Sätze. Jeder eine Geschichte für sich. Niemandem zu vermitteln. Und am Schluss war es stockfinster auf der anderen Seite der Straße; das zuvor offene Fenster geschlossen.
Bleibt: „sie“. Die junge Frau in der Dachwohnung gegenüber. Die Frau, die ich vom Frühschwimmen im Hallenbad kenne. 20 Minuten Brustschwimmen, 15 Minuten Kraul, 10 Minuten Rücken, zum Schluss noch mal 5 Minuten Brust. Der Tag, als wir das Becken verlassen müssen wegen Überlastung der Kläranlage. Sie: „Vielleicht, wenn wir zehn oder zwanzig Minuten warten, das Wasser ist wieder gesund.“ Amerikanischer Akzent. Schlaksige Anmut. Contessa aus Übersee. Die kriege ich nie. Gelegenheiten, die sie mir gibt, die ich vermassle. Meine Dachwohnung. Die Dachwohnung gegenüber, in der sie wohnt mit ihrem Mann. Oder ist es ihr Ex-Mann? Freund, Ex-Freund? Paar oder nicht Paar? – Schreiben an sie. Auf „Only me“ eingestellte Texte auf Facebook. Die kann sie lesen, egal jetzt wie. Jeden Tag „Für Dich, Contessa“, 1 bis 153. Ihre Zeichensprache. Licht im sogenannten Contessa-Zimmer. Dachlukenlicht. Wohnzimmerlicht. Helles Licht. Gedimmtes Licht. Mystical-Child-Licht. „Happy New Year. Und danke für den Zauber.“ „Gute Nacht, Contessa“. „Schlaf gut, Contessa“. „Liebe, Tess“. - Variationen. Wiederholungen. Immer wieder: „Aber was will die Contessa?“ Noch mehr Variationen. Nur noch Wiederholungen. Klagen, Missverständnisse, Verwirrung. Zauber wird Qual. „Was ist noch mal das Gegenteil von Virtualität? Treffen wir uns dort.“
Treffen wir uns in der Realität, Tess.
Mittwoch, 19. Mai 2010
Tagebuch
12/31/57
“ … in Harriet´s journal about me – that curt, unfair, uncharitable assessment of me which concludes by her saying that she really doesn´t like me but my passion for her is acceptable and opportune. God knows it hurts, and I feel indignant and humiliated. We rarely do know what people think of us (or, rather, think they think of us) … Do I feel guilty about reading what was not intended for my eyes? No. One of the main (social) functions of a journal or diary is precisely to be read furtively by other people, the people (like parents + lovers) about whom one has been cruelly honest only in the journal. Will Harriet ever read this?”
1/12/58
“ … Harriet is beautiful, relaxed, affectionate. I – dizzy with passion and need for her, and happy … good god, I am happy! I suppose, with my sore heart + unused body it doesn´t take much to make me happy. Yet that´s not all, and I do both her and myself an injustice to say that. It´s she, it´s she, it´s she.”
Susan Sontag, Reborn. Early Diaries 1947-1963
“ … in Harriet´s journal about me – that curt, unfair, uncharitable assessment of me which concludes by her saying that she really doesn´t like me but my passion for her is acceptable and opportune. God knows it hurts, and I feel indignant and humiliated. We rarely do know what people think of us (or, rather, think they think of us) … Do I feel guilty about reading what was not intended for my eyes? No. One of the main (social) functions of a journal or diary is precisely to be read furtively by other people, the people (like parents + lovers) about whom one has been cruelly honest only in the journal. Will Harriet ever read this?”
1/12/58
“ … Harriet is beautiful, relaxed, affectionate. I – dizzy with passion and need for her, and happy … good god, I am happy! I suppose, with my sore heart + unused body it doesn´t take much to make me happy. Yet that´s not all, and I do both her and myself an injustice to say that. It´s she, it´s she, it´s she.”
Susan Sontag, Reborn. Early Diaries 1947-1963
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