Montag, 31. Januar 2011

Oh! Oh! Oh!

Der lachende Mann hat sich diese Woche frei genommen, sagt der jüngere Mann, der immer mit ihm zusammen auftritt beim Frühschwimmen im Hallenbad am Sachsendamm. – Warum? - Weiß er nicht, der jüngere Mann. -  Ich hoffe, es ist nichts Ernstes, sage ich. – Das heiße Wasser aus der Dusche ist heute ganz besonders heiß. Die Badehose des jungen russischen Mannes, der neben mir steht ist, vorne ausgebeult. - Ich hoffe, ich habe nicht gestört. - Der andere junge russische Mann, der neben dem mit der ausgebeulten Hose steht, hat auch seine Badehose an beim Duschen. - Im Gegensatz zu den meisten anderen dusche ich auch vor dem Schwimmen ohne Badehose. Das habe ich von Bernd gelernt, der mal gesagt hat: Sonst hat es doch gar keinen Sinn. Weil man doch gerade da schwitzt nachts. – Von Bernd habe ich auch gelernt, dass man in der Umkleide des Bades nicht seine Hornhaut an den Füßen abschmirgelt, weil das von anderen als unangenehm empfunden werden könnte. So haben wir uns kennengelernt. Er hat mich deswegen zurechtgewiesen. Und zwar über mehrere Kabinengänge hinweg. Er hatte mich gar nicht gesehen, nur das Geräusch gehört und sich dann lautstark empört. Darauf habe ich mich auch empört und zurückgerufen, er soll sich beim Aufsichtspersonal über mich beschweren, wenn ihm etwas nicht passt, und nicht mich anquatschen. Bei dem sodann von Angesicht zu Angesicht geführten Streitgespräch verwies ich darauf, dass ich den Abrieb nicht auf den Boden, sondern auf meine Badeschlappen rieseln lasse. Was er nicht gelten lassen wollte, da es ihm ums Prinzip ging: kein Hornhautabschmirgeln an öffentlichen Orten. Nachdem jeder von uns seinen Standpunkt dargelegt hatte, sagte ich zu ihm: Ich verachte Sie! - Worauf er in Hohngelächter ausbrach. – Ein paar Wochen später hat er angefangen, mich freundlich zu grüßen und wir wurden die allerbesten Schwimmbadbekannten – mit einem fast zärtlichen Verhältnis zueinander; wir klopfen uns immer gegenseitig auf die Schultern. Er hat damit angefangen und dann habe ich mir das auch angewöhnt. Bernd ist der Erste und für sehr lange Zeit Einzige gewesen, mit dem ich über die Tess geredet habe, die ich damals noch mit dem vollen Namen, den ich ihr gegeben hatte, mit Contessa bezeichnet habe. Und Bernd war mithin der Erste, demgegenüber ich den Namen ausgesprochen habe und demgegenüber ich erkennen ließ, dass ich mich in sie verguckt hatte. – Darauf sagte er: Oh! Oh! Oh! Womit er bis zum heutigen Tag recht behalten sollte. Bei dem Oh! Oh! Oh! hat er sich nicht lange aufgehalten, sondern hat die Gelegenheit genutzt, um sich über die Tess zu beschweren. Weil sie so stur ist und ihn bei der Wende am Beckenrand nicht vorbei lässt. - Ich habe sie in Schutz genommen, indem ich erklärte, dass sie aus ihrem Schwimmrhythmus kommt, wenn sie seinetwegen anhält, um ihn vorbei zu lassen. Und um eine Diskussion darüber zu verhindern, habe ich abgelenkt und über ihren Schwimmstil gesprochen: das contessenhafte Brustschwimmen ohne Untertauchen des Kopfes und ihr hinreißendes Power-Kraulen. - Stimmt, sagte er strapaziert, Kraul schwimmt sie inzwischen auch noch. - Ich: Sie ist immer schon Kraul geschwommen. – Danach hat er sich noch ein paar mal höflich nach ihr erkundigt, als sie beim Schwimmen nicht mehr zu sehen war. Ich habe jedoch so getan, als hätte ich sie aus den Augen verloren. Obwohl ich sie inzwischen in der Dachwohnung gegenüber häufiger sah als zuvor beim Schwimmen. Aber erstens war ich mir zu Anfang nicht sicher, ob die Frau gegenüber auch tatsächlich die Contessa aus dem Hallenbad ist, und als ich mir sicher war, da war die Geschichte zu kompliziert geworden, um sie bei einem fünfminütigen Gespräch am Beckenrand auszubreiten. Bernd hörte schließlich auf, nach ihr zu fragen und das war mir gerade recht so. – Worauf will ich hinaus? – Ich wollte Bernd in diesem Text nur kurz erwähnen, mit dem heutigen Gespräch am Beckenrand, in dem es um die Grüne Woche ging, bei der ich noch nie gewesen bin und bei der er gerade eine Gruppe von 120 Russen betreut hat mit seinem Berlin-Tourismusservice. Im Anschluss daran wollte ich von dem jungen Mann berichten, der mir heute beim Schwimmen mehrmals in die Quere gekommen ist, obwohl genug Platz im Becken für uns beide war, und mit dem ich am Ende unter der Dusche einen kurzen Dialog darüber hatte, dass montags aus der Kaltwasserdusche nie richtig kaltes Wasser kommt. Erklärung: Am Wochenende ist das Hallenbad geschlossen, das Wasser steht in den Leitungen, wärmt sich auf. Eine These des sympathischen Sachsen. – Die habe ich dem jungen Mann gegenüber erwähnt, denn er fand auch, dass das kalte Wasser nicht richtig kalt ist: Es könnte ein wenig kälter sein, hat er gesagt. Ich wollte noch mehr von dem jungen Mann berichten. Wie er erst scheu und verschlossen war und dann beim Weggehen gleich zweimal gegrüßt hat. Das als Ausgangspunkt dafür, dass ich mich ab jetzt für junge Männer interessieren werde – für das scheue und verschlossene Verhalten junger Männer im Hallenbad, im Unterschied zum leutseligen Verhalten älterer Männer. Bernd ist übrigens maximal zwei Jahre jünger als ich. Dazu noch Rheinländer. Heißt, er liegt mir, weil: ich habe gerne mit Menschen aus dem Rheinland zu tun. Umso weniger verstehe ich, dass ich ihm gegenüber nie auch nur angedeutet habe, was ich mit der ihm als Contessa bekannten Frau inzwischen erlebt und nicht erlebt habe. Und das, obwohl er der einzige in Frage kommende Gesprächspartner ist, der die Tess schon mal gesehen hat. - Warum habe ich Stillschweigen bewahrt über die Tess ihm gegenüber?  - Erscheint er mir als Vater zweier erwachsener Söhne (beide in England studierend) und als zum zweiten Mal verheirateter Ehemann zu gediegen als Gesprächspartner für so eine wolkige Geschichte? Will ich vor ihm nicht dastehen als einer, der so eine wolkige Geschichte hat? Oder will ich nicht wieder eine Bemerkung hören nach der Melodie von Oh! Oh! Oh! ? Möchte ich mich, was die Tess angeht, lieber nicht dem pädagogischen Einfluss aussetzen, den Bernd auf mich hat?

Sonntag, 30. Januar 2011

Uprhs

Was habe ich heute Vormittag geschrieben? Arbeit am Verdorbenen? – Notizen dazu, wie weiter machen, wenn ich weiter machen werde. Beim Verlinken des I-Ging-Textes zum Zeichen 18: Gu habe ich ihn noch mal gelesen: Das Verdorbene (...) ist dadurch gekommen, dass die sanfte Gleichgültigkeit des unteren Urzeichens mit der starren Trägheit des oberen Urzeichens zusammengekommen ist, so daß die Verhältnisse in Stagnation gerieten. Da also eine Verschuldung vorliegt, so enthalten diese Zustände die Aufforderung zu ihrer Beseitigung. Daher ist die Bedeutung des Zeichens nicht einfach «das Verdorbene», sondern «das Verdorbene als Aufgabe», die «Arbeit am Verdorbenen».  Das ist es doch. Das bin ich, das ist meins. Wie überhaupt das Verdorbene mein Verdorbenes ist. Und kann es da anders sein, als dass es mich runterzieht, wenn ich mich diesem Verdorbenen stelle, indem ich es schreiberisch ausbreite? Was jetzt fast vollständig geschehen ist, so dass im nächsten Schritt die eigentliche Arbeit erst kommt, die dann führen kann zum erhabenen Gelingen. Idee dafür: den schönen I-Ging-Text einschreiben meinen Texten – sechs sind es, eben so viele wie ein I-Ging-Zeichen (Hexagramm) Linien hat. – Geht es also gerade so weiter, nur mit neuer Rhetorik? – Möchte keine Prognose abgeben. Nur so viel: Nachdem ich die Notizen beendet hatte, war ich zufrieden wie lange nicht mehr und habe die Datei geschlossen und die andere geöffnet mit den Planungen für das, was wegen Arbeit am Verdorbenen seit Wochen liegengeblieben ist. Stichwort: Porträts. Mehr dazu, wenn es welche gibt. – Und was habe ich gestern Abend gemacht? – Den Entwurf für das Posting überarbeitet - und eine Mail bekommen. Von Patrina Roseanna: patrinaroseannayf@greenjungle.com. – Patrina Roseanna kenne ich nicht. Also Spam. Weg damit! Markieren und: Der Spam-Polizei melden. Greenjungle.com macht aber nicht den Eindruck, als wäre das die übliche Junk-Mail von einem Botnetz. Deshalb die Mail geöffnet, denn wer weiß, vielleicht ist sie von jemandem, dessen richtigen Namen ich schon seit zwei Jahren nicht kenne. – Der sphinxische Inhalt schließt das zumindest nicht aus. Betreff: Uprhs. – Im Textfeld: 6. – Nur die Ziffer 6. – Kürzel für Sex ist das nicht, denn 6 heißt auf Deutsch sechs und auf Englisch six. Und Sex heißt nun mal Sex. – 6? – Ich lasse diesen Teil des Rätsels beiseite und versuche es mit dem Betreff: Uprhs. Probiere es phonetisch u = you, pi, are, eitsch, es. – Nä. – Ich probiere es mit Anfangsbuchstaben von Wörtern. Komme nicht weit. Vorher habe ich das kryptische Kürzel selbstverständlich gegoogelt. Am Ende der ersten Ergebnis-Seite gibt es was mit Union Pacific. - Nä. – Und eine Antwort-Mail mit der Frage: uprhs? habe ich auch zweimal abgeschickt. Zweimal habe ich darauf keine Antwort bekommen: Mail delivery failed. – Wie das! Wenn die Mail wo herkommt, muss die Antwort doch auch wohin gelangen. Und greenjungle.com gibt es, wie ich überprüft habe. Patrina Roseanna gibt es allerdings nicht - über Google kein Ergebnis und bei Facebook auch nicht. – Ich weiß, dass das langweilig ist. Ich höre auch schon auf. Gestern Abend habe ich drei oder viermal aufgehört und gleich danach wieder angefangen; dies noch nachzugucken, das noch zu überprüfen, über das Kürzel zu grübeln. Bis es irgendwann zu spät war, um mir noch Mad Men Season 2, Disc 3, Episode 8 anzugucken. Mit der Auflösung des Cliffhangers von Episode 7, an deren Ende die Frau von Don Draper auf dem Heimweg von der Party sich erbricht (die adrette Betty kotzt nicht), auf dem Beifahrersitz sitzend sich erbricht, nachdem sie auf der Party vorher erfahren hat, dass ihr am Steuer sitzender Mann Don seit Episode 2 der zweiten Staffel ein Verhältnis mit Bobbie, der Frau von Jimmy Barrett hat. Betty weiß es von Jimmy, der es ihr auf rüde Weise gesteckt hat. Danach hat sich Jimmy Don vorgenommen und ihn scum (Abschaum) genannt. Unter vier Augen ist das geschehen. Don weiß noch nicht, dass Betty es weiß. Die beiden schweigen. Da erbricht sie sich. Ende der Episode. Lakonischer kann man das nicht erzählen. MAD MEN!  – Und was habe ich heute Morgen gemacht, als ich viel zu früh aufgewacht bin? - Gleich wieder über das Kürzel Uprhs nachgedacht. Und plötzlich hatte ich die Lösung. Aber dann bin ich noch mal eingeschlafen. Und als ich wieder aufgewacht bin eine Stunde später, hatte ich die Lösung vergessen – das Haben der Lösung also nur geträumt, als ich wieder eingeschlafen bin.
Wenn jemand eine Idee hat, wofür das Kürzel Uprhs stehen könnte, bitte melden! Und wenn jemand es enttäuschend findet, wenn ich Arbeit am Verdorbenen nicht schreiben werde, bitte auch melden!

Samstag, 29. Januar 2011

Träge

Abends schaue ich mir an The American von Anton Corbijn; einen melodramatisch extrem verlangsamten Thriller mit George Clooney, den ich nie besser gesehen habe als hier, und den beiden schönen Frauen Violante Placido und Thekla Reuten; die eine in der Rolle der gut angezogenen Edelprostituierten Clara, die andere als Profikillerin Mathilde und auch gut angezogen. Der Film kann gelesen werden als Western. Doch darauf komme ich trotz plakativem Sergio-Leone-Zitat erst, als ich mir hinterher das Making of anschaue, in dem Anton Corbijn erklärt, dass er sich den Film so gedacht hat. Die Totalen auf die karge Gebirgslandschaft der Abruzzen (Italien), das von George Clooney mit bewundernswertem Geschick zusammengebaute Präzisionsgewehr, der einsame Held, der dann aber nicht einsam bleibt, und das wird ihm zum Verhängnis. Will nicht mehr verraten. Nur: Das Ende der Geschichte könnte nicht bitterer sein. Trotzdem zum ersten Mal ein gutes Gefühl an diesem Tag, an dem ich mich die längste Zeit so schlecht gefühlt hatte, dass ich zwischendurch mal dachte, es wird nie wieder gut, und dumm bin ich außerdem noch. Dafür gibt es zwei Gründe. Der eine Grund ist, dass ich nun doch weiter über den Schlub schreibe. Schon die ganze Woche, jeden Vormittag. Stur. Obwohl nichts Gutes dabei entsteht und das Schreiben mich so runterzieht, dass ich hinterher jedes Mal völlig fertig bin. Gestern so bleiern müde hinterher war, dass es sich angefühlt hat wie der Anfang einer schweren Grippe. Nur noch dreimal kräftig Niesen und es wäre so gewesen. Doch dann bin ich raus, habe mich bewegt, habe mich mit anderem beschäftigt, das Bleierne war weg, und deshalb habe ich gestern Abend nach dem Film beschlossen: neues Leben! Und das fängt damit an, dass ich aufhöre, auf den Erinnerungen an den Schlub rumzuschreiben. Mit der Erleichterung darüber ins Bett und heute Früh, was mache ich nach dem Aufwachen? - Überlege mir, wie ich gleich weitermache mit dem Schlub-Text. Um bald zu einem Ende zu kommen. Aber eben weiter. Weil ich jetzt auch schon so viel Text habe, kein guter Text, aber das ist nun mal von Text über den Schlub und mich nicht zu erwarten. Dafür aber ein guter Titel: Arbeit am Verdorbenen. Zitat aus dem I Ging. Zeichen 18, Gu: Die Arbeit am Verdorbenen hat erhabenes Gelingen. - Heute endlich mal das Guggenheim-Ereignis beschrieben. So wie es jetzt da steht, keine große Sache. Es war eine Zurechtweisung. Der Schlub hat mich zurechtgewiesen. Und darüber habe ich mich aufgeregt. Was wahrscheinlich genau das war, was er wollte. Mehr ist nicht passiert. - Nach dem Schreiben heute mich nicht bleiern müde gefühlt, aber trotzdem nicht gut. Befremdet von mir selbst, von meiner Hartnäckigkeit, mit der ich immer weiterschreibe, obwohl ich jeden Tag wieder erkenne, dass es nichts wird, dass es nicht losgeht, dass ich zu nichts komme, was ich nicht schon weiß. – Danach wieder schnell raus. Zum Winterfeldmarkt, um Kartoffelsalat zu kaufen am Stand von Butter Lindner, und um jemanden zu überfallen in einem der umliegenden Cafés. Doch Kartoffelsalat war schon ausverkauft und die Person, die ich überfallen wollte, war nicht da. Dafür auf der Goltzstraße die liebenswürdige Isolde getroffen, Frau von Amadeus, der hier auch endlich mal auftreten könnte. Isolde sieht mich von der Seite an und sagt: Deine Haare sind lang geworden. – Ich: Die sind so lang wie immer. – Isolde: Aber sie waren doch mal kürzer. – Ich: Vor sieben Jahren. – Isolde: Oh! – Ich tröste sie, indem ich ihr erzähle von einer Frau, Gabi, die zu einem Bekannten- und Freundeskreis zählte, mit dem ich mich in den 80er und 90er Jahren regelmäßig zum Essen getroffen habe. Eines Abends zünde ich mir eine Zigarette an nach dem Essen und Gabi, sie sitzt mir gegenüber, schaut mir dabei entgeistert zu und sagt: Du rauchst?! – Sie hatte mich schon unzählige Male rauchen gesehen, aber die Wahrnehmung nicht an sich rangelassen, weil, wie sie jetzt erklärte, sie in mir eine solche Vernunftsperson gesehen hat, dass sie es für ausgeschlossen hielt, dass ich rauche (nicht geklärte Frage, was an dem Abend, als sie es endlich bemerkte, dass ich rauche, anders war). Nachdem ich Isolde das zu ihrer Entlastung erzählt habe, sagt sie: Es ist schon erstaunlich, wie der menschliche Geist arbeitet. – Und ich füge aus aktuellem Anlass hinzu: Und wie er nicht arbeitet. Wie träge er ist. –Stichwort des Tages: Träge. Dieses sture Festhalten an etwas. Genannt Hartnäckigkeit. Am Ende nur Trägheit? – Mal sehen, ob ich mich damit rumkriege. Aufzuhören mit dem Schreiben über den Schlub. Morgen Vormittag endlich was anderes zu machen. Aufzuhören damit, mich runterzuziehen. Meine Trägheit zu überwinden?

Freitag, 28. Januar 2011

Beobachter

Meine neue Rolle: Leutseliger älterer Mann quatscht Leute an, wie es ihm gerade einfällt, und das ist neben den sozialen Kontakten beim Frühschwimmen im Hallenbad und beim Einkaufen am Nachmittag sein Gesellschaftsleben. Noch bin ich nicht eins mit der Rolle. Noch ist da ein Gefühl der Peinlichkeit - in Erinnerung daran, wie ich Leute, die so drauf sind, immer belächelt habe. Das wird sich verlieren. Im Moment hemmt es mich noch. – 8 Uhr 05. Die Große Kreuzung Dominicus-Hauptstraße. Fußgängerüberweg. Mann Anfang, Mitte 30, kurzer dunkler Mantel, dunkle Hose mit Bügelfalte, Halbschuhe mit Ledersohlen. Mann mit Kinderwagen. Steht neben mir an der Ampel. – Grün! Und los. Ich hastig, ausgehungert nach dem Schwimmen. Schnell nach Hause zum Frühstück. Zu meiner Überraschung ist der Mann mit dem Kinderwagen auf der anderen Straßenseite mit mir immer noch gleichauf (Hauptstraße zweispurig plus Busspur in beiden Fahrtrichtungen). – Ich: Sie sind aber schnell mit dem Kinderwagen. – Was er darauf sagt, entgeht mir. Ich höre es nicht richtig, weil ich nun doch schneller bin als er. Wegen des Frühstücks. Und weil ich mich noch nicht gefunden habe in meiner neuen Rolle. – Besser geht es vorhin am Geldautomaten (Berliner Sparkasse). Am Terminal neben mir Mädchen im roten gefütterten Kinder-Overall (Skianzug?). Sie muss sich strecken, um auf die Tastatur des Terminals gucken zu können und sagt zu ihrem Vater: Vielleicht hast du den falschen Code eingegeben. – Ich sage verblüfft zum Vater: Das kleine Kind kann schon Code sagen? - Der Vater, nicht so geschäftsmäßig angezogen wie der Vater mit dem Kinderwagen, antwortet: Oh ja. Sie kann sogar schon programmieren. – Ich blöde: Nä?! – Er erklärt mir, dass das ein Witz war und fügt hinzu: Und Geld kann sie auch noch nicht verdienen. –Ich: Na, dafür sind ja Sie da. - Abruptes Ende des Dialogs. Wegen der Stumpfheit meiner Bemerkung oder weil ich einen wunden Punkt getroffen habe. Ich kriege nicht mit, ob er nach Eingabe des richtigen Codes Geld bekommt vom Automaten. da ich mich nun darauf konzentriere, so verdeckt wie möglich meine Geheimzahl einzugeben, um den Vorgang vor den rundum postierten Kameras des internationalen Verbrechens zu verbergen. Vater mit Tochter ab. Er wünscht mir im Weggehen noch einen Schönen Tag und ich den beiden noch Viel Spaß. – Zweite Vater-Tochter Szene an der Kasse bei Rossmann. Ohne Leutseligkeit von mir. Mann Anfang, Mitte 30 mit Kinn- und Halsbart, beiger Mantel, beige Feincordhose, aber nicht so ein Arme-Leute-Beige, sondern Gebügelte-Feincordhosen-Beige. Tochter drei, vier Jahre alt, im blauen gefütterten Overall und – ich kann das so schreiben, weil das Kind kriegt es nicht mit -  sie hat ein – wie soll ich es nennen? – irgendwie dämliches Gesicht; Kind mit einem Gesicht, wie ich es nicht haben wollte, so ein Kind. Ihr Vater hat drei Tüten Katzenstreu gekauft, und als endlich die zweite Kasse geöffnet wird, startet er so fix wie ich. Wir können beide gerade noch rechtzeitig abbremsen, um nicht zusammenzustoßen. Er: Pardon, Monsieur. – Ich mache eine Geste, mit der ich ihm den Vortritt lasse. Er: Merci, Monsieur. – Er höflich, ich höflich: wie angenehm. - Pardon, merci, Monsieur: das ist entweder affig oder er ist Franzose. Wenn er Franzose ist, dann verstehe ich auch das Edel-Beige. Aber nicht den Kinn- und Hals-Bart. Patrick Bahners (*), der Feuilleton-Chef der FAZ hat so einen Kinn- und Hals-Bart. Ob das Patrick Bahners ist? Was macht der in Berlin mit Tochter? – Zur Kassiererin sagt der Mann in Beige dann dreimal merci und ist wahrscheinlich Franzose, denn so affig kann er nicht sein, dass er prinzipiell merci sagt statt Danke. – Hätte ich ihn angequatscht, wüsste ich jetzt, ob er einen französischen Akzent hat und zweifelsfrei Franzose ist. Andererseits fühle ich mich wohler dabei, ihn nicht angequatscht zu haben. Stiller Beobachter liegt mir mehr als die leutselige teilnehmende Beobachterrolle. Aber als stiller Beobachter denkt man sich nur viel und weiß am Ende nichts.

(*) Patrick Bahners sieht so aus. Er hat nicht nur einen Kinn- und Halsbart, sondern auch einen Oberlippenbart. Er ist auch deutlich älter als der Mann in Beige, der im übrigen auch keine Brille trug. Im Vergleich mit Patrick Bahners auf dem Foto sah der Mann in Beige richtig gut aus. Und seine Tochter hatte wahrscheinlich nur einen schlechten Gesichtstag.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Gerücht

Gegendarstellung. Weil es mir keine Ruhe gelassen hat, zurück zu gestern: Rio Reiser. Todesursache. – AIDS, meinte Peter. – Nachfrage, woher er das so genau weiß? – Er hat es von verschiedenen Seiten gehört und auch mal irgendwo gelesen (Aktuell: inzwischen hat er bei Google Rio Reiser und Aids eingegeben und zig Seiten mit Treffern erhalten). – Ich habe inzwischen den Wikipedia-Artikel über Rio Reiser gelesen. – Als Todesursache wird dort genannt: Kreislaufversagen auf Grund innerer Blutungen aus Ösophagusvarizen. Krampfadern in der Speiseröhre. Und wenn sie platzen, ertrinkt man in seinem Blut.  Ösophagusvarizen treten hauptsächlich bei Lebererkrankungen im fortgeschrittenen Stadium auf, zum .Beispiel bei der Leberzirrhose. Und die wiederum bekommt man bevorzugt durch Alkoholmissbrauch. Es ist also nicht gerade eine Todesursache, die für nahestehende Personen eines Verstorbenen erste Wahl ist, wenn sie eine andere, die tatsächliche Todesursache verschleiern wollen. Dass die Todesursache Kreislaufversagen infolge innerer Blutungen in dem Wikipedia-Artikel genannt wird, - einem Text, der ganz sicher von den Rio Reiser nahestehenden Personen gepflegt = redigiert wird - erscheint mir daher der Beweis dafür zu sein, dass Rio Reiser nicht an AIDS gestorben ist, sondern an den Folgen eines Leberschadens, verursacht vermutlich durch gewohnheitsmäßigen Alkoholmissbrauch über viele Jahre hinweg. Das hätten die ihm nahestehenden Personen bestimmt auch gerne verschleiert. Aber da sie dem AIDS-Gerücht entgegentreten wollten, weil es nach ihrem Wissen schlicht falsch ist und weil das Gerücht ein hartnäckiges Gerücht war, haben sie es auf die harte Tour gemacht. Mit der Wahrheit. Säufertod. Auch nicht schön. Aber AIDS war es nun mal wirklich nicht. – Außerdem, sage ich zu Peter, als ich ihn mit dieser Interpretation konfrontiere, war Rio Reiser ein bekennender Schwuler. Warum sollten seine ihm nahestehenden Personen verschleiern wollen, dass er an einer Krankheit gestorben ist, die unter anderem übertragen wird durch das Sexualverhalten homosexueller Männer? – Die interessante Antwort Peters: Von den über hundert Aidskranken, die er bei ihrem Sterben begleitet hat, wollten 70 Prozent nicht, dass die Todesursache nach ihrem Ableben im Freundes- und Verwandtenkreis bekannt wird. Obwohl ihnen das nun wirklich hätte egal sein können. Doch ob Junkies oder homosexuelle Männer, die Mehrzahl von ihnen traute sich nicht, sich zu ihrer HIV-Infektion und deren Ursache zu bekennen. – Auch seine Freundin Susanne, ein ehemaliger Junkie, hat zwar nicht ihre HIV-Infektion, aber ihre Ursache verleugnet, sogar vor sich selbst, indem sie sich eingeredet hat, sich beim ungeschützten Sex mit einem Geschäftsmann infiziert zu haben, mit dem sie einmal in Frankfurt mehrere Wochen zusammen gewesen ist. Ihr Illusionsgewinn: Nicht sie selbst war verantwortlich, weil sie eine infizierte Nadel benutzt hat beim Spritzen von Heroin, sondern ein anderer war schuld.  – Das nur der Vollständigkeit und der interessanten Antwort Peters wegen und weil ich auf Grund meiner Lesart des Wikipedia-Artikels über Rio Reiser und trotz der interessanten Antwort Peters überzeugt davon bin, dass das AIDS-Gerücht im Fall von Rio Reiser falsch ist. Auch wenn es wirklich egal ist, woran einer gestorben ist, wie Peter abschließend meint. - Aber warum reden wir dann darüber? Und: Den nahestehenden Personen ist es nun mal nicht egal. Und sei es nur deshalb, weil sie es besser wissen als das Gerücht.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Schrecken

Produzent Bernd Eichinger gestorben. Diese Meldung lese ich nach dem Abendessen, als ich ins Internet gehe und wie immer zuerst die Seite von SPON aufrufe. Es ist einer der Momente, in denen ich vor mich hin murmle: Ach jaaa! – Ach jaaa heißt? – In dem Fall: Ach jaaa, sterben kann der also auch. – Das keine Schnoddrigkeit, wäre auch seltsam, weil schnoddrig ist immer für die anderen, und ich bin schließlich gerade alleine. Das Ach jaaa, sterben kann der also auch, weil er so ein Kraftstrotz war als Mensch und als Produzent - mit unzähligen Filmen, von denen ich außer Wir Kinder vom Bahnhof Zoo allerdings keinen wichtig fand, aber Respekt habe ich trotzdem gehabt vor ihm und seiner Arbeit - und weil er mal mit Hannelore Elsner zusammen gewesen ist und mit Katja Flint. An einem Herzinfarkt gestorben in Los Angeles beim Essen in einem Restaurant, Mitten drin in der Arbeit am Drehbuch über die Lebensgeschichte von Natascha Kampusch, deren Rechte er erworben hatte, sie möglicherweise vor der Nase weggeschnappt hat dem Nico Hoffmann, der dem Vernehmen nach auch dran war. Alleine daran wird das Großformat von Bernd Eichinger deutlich, wenn man sich neben ihm vorstellt den jüngeren Nico Hofmann von Teamworx, der auch eine Karriere gemacht hat mit dem publikumswirksamen Plattmachen großer Erzählstoffe. Auch eine starke Persönlichkeit; nachdem Nico Hofmann seinen Weg gemacht hatte, war das Fernsehen nicht mehr wiederzuerkennen. Während Bernd Eichingers Produktionen immer noch wie Kino aussahen. Für deutsche Verhältnisse sogar wie großes Kino. Bruno Ganz den Hitler spielen zu lassen - Hitler durch die Besetzung mit Bruno Ganz zu vermenschlichen - bleibt allerdings auch nach seinem Tod unverzeihlich (*). Gäbe es eine Hölle, würde Eichinger da seit gestern sitzen und müsste sich in der Endlosschleife anschauen, wie Hitler seinen Schäferhund streichelt. Braver Hund! Immer wieder und wieder: Braver Hund!
Keine Überleitung, obwohl sie leicht gewesen wäre, weil der Peter gleicher Jahrgang ist wie Bernd Eichinger und sich auch so sehr für den Fall Kampusch interessiert hat. Außerdem habe ich zu Beginn unseres Telefongesprächs (vor der Eichinger-Meldung) gefragt, warum er so schnauft und was eigentlich mit seinem Herzen ist. – Er: Herz ist gut. – Ich: Kurzatmigkeit kann nämlich auch vom Herzen kommen – Doch er: Nein, mein Herz ist gut. – Hat auch so schon genug Leiden, der Peter. Gestern allerdings nichts zu beklagen. Nicht nur das Herz auch alles andere gut. Dafür geht es mir schlecht und ich bin schon kurz davor, darüber zu reden, damit es mir leichter wird. Doch dann reden wir über vegetarische Ernährung und die Motive, die es dafür geben kann. Ein Motiv, von dem ich mal gehört habe: Die Scheiße stinkt nicht so, wenn man kein Fleisch ist. - Von da kommen wir auf die Gründe, die es wiederum dafür geben kann, dass die Scheiße nicht so stinken soll. Dabei streifen wir zum ersten Mal das Thema AIDS. Kommen danach auf die Musik der Tuareg zu sprechen und ich nehme das zum Anlass, Peter zu fragen, ob er Bruce Chatwin kennt, weil ich gerne mal wieder über Bruce Chatwin reden würde. Das gelingt, da Peter Chatwin nur dem  Namen nach kennt. So kommen wir wieder zurück auf das AIDS-Thema, weil Bruce Chatwin an AIDS gestorben ist, aber seiner Familie war das peinlich und dann wurde so getan, als sei die Todesursache mysteriös (gestorben nach dem Verzehr eines Tausendjährigen Eis, das schon ein paar Tage über dem Verfallsdatum war? Haha!).  – Peter meint, bei Rio Reiser (Macht kaputt, was euch kaputt macht) sei das genauso gewesen mit der Vertuschung der AIDS-Todesursache. – Hatte der AIDS? Ich habe neulich gelesen, dass er an Herzversagen gestorben ist. – Peter lacht. – Dafür weiß er nicht, dass Rio Reisers sterbliche Überreste von dem jüngst verkauften nordfriesischen Bauernhof, auf dem er beerdigt ist, nach Berlin gebracht werden sollen – auf meinen Lieblingsfriedhof in der Großgörschenstraße, wo auch die Brüder Grimm begraben sind und sehr viele Leute aus der Schöneberger Schwulenszene, die in den 80er und 90er Jahren an AIDS gestorben sind. Darauf erzählt Peter, dass er in der Zeit, in der er als Gruppenleiter bei der Aidsberatung arbeitete, weit mehr als hundert Mal Menschen begleitet hat beim Sterben, indem er in den letzten 24 Stunden vor ihrem Tod bei ihnen war. Zu einigen der Sterbenden hatte er eine persönliche Beziehung aufgebaut, während er sie von Amts wegen betreute. Bei anderen fühlte er sich beruflich zur Anwesenheit verpflichtet, weil sonst niemand bei ihnen gewesen wäre, als sie starben. Peter sagt: In der Zeit hat der Tod seinen Schrecken verloren für mich. - Und deshalb hat er auch keine Angst gehabt vor dem Sterben in den Monaten, als es nicht klar war, ob er seine Krebserkrankung überstehen würde: Weil Tod für mich nichts Unbekanntes war. Weil ich weiß, was beim Sterben passiert. – So hat er es noch nie erzählt und zum ersten Mal nehme ich es ihm ab, dass er keine Todesangst hatte damals. Aber: War es nicht so, dass du damals die Lebensbedrohung auch verdrängt hast? Und dass dich das dann Monate später eingeholt hat und zum Auslöser für deine Lebenskrise wurde? – Das kam daher, dass ich dann die Geschichte mit Nora hatte. – Und du auf einmal wieder am Leben gehangen hast? – Ja. Ich wollte sie sogar heiraten, damit sie meine Pension kriegt. So sentimental war ich. – Ist das sentimental? Ist das nicht einfach nur praktisch gedacht? – Praktisch und sentimental. So wie Peter denkt, wenn er sentimental ist. – Danach, wie er durch die Liebe zu Nora eingeholt wurde von der verdrängten Todesangst, muss ich ihn aber noch mal fragen. Gestern war dazu keine Zeit mehr. Da haben wir uns nur noch gegenseitig gesagt, wie froh wir sind, dass wir kein AIDS haben, und ich war außerdem noch froh, dass wir über alles Mögliche gesprochen haben, nur nicht darüber, warum es mir gestern so schlecht gegangen ist.

(*) Seine Selbstverteidigung siehe Nachruf in der New York Times am Ende des Artikels.

Dienstag, 25. Januar 2011

Explosion

Nass und kalt. Was mit der Tess ist, weiß ich nicht. Und dadurch, dass ich mich aufführe wie ein wütendes Kind, wie gestern Abend, erfahre ich auch nicht mehr. – Das Dachlukenlicht mal untertiteln? – Spärlicher sind sie geworden, die Lichtzeichen. Professor wieder zurück, nachdem er die vergangene Woche über weg war. Wie angenehm. Jetzt vielleicht schon wieder weg. Oder er zeigt sich nur nicht. Lichtzeichen jedenfalls immer noch spärlich und gedämpft. Kann heißen: die Tess ist traurig. Kann aber auch was anderes heißen. Keine Untertitel. Nichts, worauf ich mich beziehen kann. Sobald ich was von Treffen schreibe und von Reden, macht sie das Licht aus. Das verstehe ich auch ohne Untertitel. Aber ich verstehe nicht warum. Wer bist du? schreibe ich. Wer ist er? Wie kann er Dir vorschreiben, mit wem Du reden darfst und mit wem nicht? Das ist das 21. Jahrhundert. Wir leben in einem freien Land. Folgen Beschimpfungen des Professors. Geschmacklose, obszöne Umschreibungen eines möglicherweise gegebenen Selbstbewusstsein-Defizits und seiner Ursachen, vielleicht nur einer. Ich bin geistig ein Kind der 60er Jahre; wer damals Porsche fuhr und dann auch noch Pfeife rauchte, wie der damals berühmte ZEIT-Journalist Rudolf Walter Leonhardt, musste sich Mutmaßungen über das Längenmaß seiner Männlichkeit gefallen lassen. Jetzt raucht der Professor aber keine Pfeife. Der raucht überhaupt nicht. Und er fährt U-Bahn, Bus und Fahrrad wie ich, hat nur dieses archaische Macho-Gebaren, weswegen ich ihn neulich schon mal mit Burt Reynolds verglichen habe, Über-Männchen, das es in den 70er Jahren zu einem schnell verblassenden Ruhm gebracht hat und - nicht! - weiteren Kreisen bekannt wurde durch seine Rolle an der Seite von Jill Clayburgh in An Unmarried Woman, weil er da gar nicht mitgespielt hat, wie ich es in Erinnerung hatte, aber zum Glück habe ich es eben noch mal nachgeprüft auf IMDb. Ich bin völlig durcheinander. Und ich schweife ab. Der Professor hat übrigens keinen Schnurrbart. Es geht auch überhaupt nicht um ihn. Es geht um die Tess. Die stolze Contessa, in die ich mich vor zwei Jahren verguckt habe und die jetzt nur noch den sterbenden Schwan am Lichtschalter gibt und nicht mir redet, weil sie nicht darf. Darf! – Ich kann es nicht fassen. Ich kann es vor allen Dingen nicht glauben, dass sie sich das gefallen lässt und keine Wege findet, heimlich oder offen. So raffiniert wie sie ist, und das ist sie wirklich. – Also wieder – immer im Kreis – die Frage, ob sie gar nicht will, mich treffen, mit mir reden. Aber was will sie dann? - Und wie soll ich klarkommen, wenn ich nicht weiß, was sie will? – Fantasie aus meinem oft zitierten Brief an sie: dass sie eine Schriftstellerin ist und mich herumirren lässt in dem Labyrinthversuch, den sie mit mir macht, um mich zu beobachten und über mich zu schreiben. Wie interessant! Welche Ehre! Und warum nicht? Ich helfe gerne, wo immer ich kann. Aber nach zwei Jahren müsste sie doch ihr Material komplett haben. Wiederholt sich doch alles nur noch. Wie gerade wieder: letzte Woche noch sehe ich sie als das bemitleidenswerte Aschenputtel, jetzt als die durchtriebene Tess, die könnte, wenn sie wollte, aber warum will sie denn nicht? Rätselhafte Tess. – Alles schon gehabt. In zahlreichen Varianten. – Nur Böse Tess hat es noch nicht gegeben. Das kriege ich nicht hin. Das würde ich mir nicht abnehmen. So weit lasse ich es erst gar nicht kommen. Und das ist die eigentliche Faszination der Tess, dass ich das bei ihr nicht schaffe, sie schlecht zu machen. – Da führe ich mich lieber auf wie ein wütendes Kind wie gestern Abend und schreibe ihr so Verzweiflungssätze wie: Die Situation ist nicht gut. Sie muss aufgegeben oder sie muss zur Explosion gebracht werden. Was ein Kind sich so alles vorstellt. Explosion. Keine Ahnung, wie das gehen soll. Aber vielleicht sollte ich mal darüber nachdenken. Denn alles ist besser als die ewigen Wiederholungen.

Montag, 24. Januar 2011

Gutes

Brief an Claudia. Da sie nicht Online ist, lege ich ihr Kopien von Texten aus dem Blog bei. Kommentiere die Geschichte mit dem Hamburger (hierhier, hier). Den Satz, den seltsamen, unverständlichen Satz: Ich kann nur vor mir warnen.  – Dass der spielerisch hingeschrieben war, aber auch zu verstehen ist als ein Ausdruck des Erschreckens und des schlechten Gewissens, das ich hatte, als ich erfahren habe, dass der Hamburger gestorben ist. So ein schlechtes Gewissen, dass ich verschwiegen habe, was zur Feindschaft zwischen mir und dem Hamburger geführt hat. – Nach jahrelangem freundlichen Umgang hatte es auf einmal Reibereien zwischen uns gegeben und ich hatte ihm dabei zu verstehen gegeben, dass ich mit einer Art von ihm, die ich als buchhalterisch und kleinlich empfand, nichts anfangen konnte. Eines frühen Morgens kam ich nach dem Schwimmen in den Laden – damals hatte das Hallenbad in der Hauptstraße noch geöffnet, und da ich vor dem Schwimmen nicht frühstücke, war ich völlig ausgehungert, und deshalb einmal wieder unterwegs wie ein offenes Klappmesser. Die Angestellte des Hamburgers war da, er nicht. Zigaretten, Lottospielen. Irgendwas über 10 Euro. Ich hätte gerne bargeldlos gezahlt. Ging nicht, weil, wie die Angestellte erklärte, der Chef das nicht akzeptiert bei so kleinen Beträgen. Also zahlte ich mit meinem Rest Bargeld und schraubte mich dabei in einen Zorn hinein. In drei, vier Jahren wird es nur noch bargeldlos geben, behauptete ich. Und dann wird Ihr Chef gar nicht anders können, als mitzumachen. Wenn er das noch erlebt, fügte ich hinzu. Und fügte außerdem noch hinzu: Der Gesündeste ist er ja nicht. – Autsch! – Mir war sofort klar, dass sie ihm das weitererzählen würde. Und fortan wartete ich auf eine Gelegenheit, es wieder gutzumachen. Die kam erst Monate später. Ich bezog mich dabei nicht auf die böse Aussage über seine Lebenserwartung. Denn von mir hatte er die schließlich nicht gehört. Stattdessen versuchte ich, den aktuellen Streit, den wir in diesem Moment hatten, zu schlichten, indem ich erklärte: Ich drücke mich manchmal überspitzt aus. Aber das sind nur Worte. Wenn ich etwas gegen Sie hätte, käme ich nicht in Ihren Laden. – Außerdem habe ich noch gesagt: Wir sind uns nicht grün. Das kommt vor. Aber deswegen müssen wir uns doch nicht hassen. – Versöhnungsangebot. Ausgestreckte Hand sozusagen. - Wollte er nicht annehmen. Er wollte mir weiter böse sein. Deshalb war ich ihm dann böse. Wir wurden Feinde. – Es gab dann noch etwas anderes. Zwei Vorfälle. Etwas, das er vielleicht nur gemacht hat, um mich vorzuführen – um mich reinzulegen, um es mir zu zeigen. Ich habe es gemerkt. Ich habe es mir nicht gefallen lassen. Und ich behalte es für mich. Wegen: de mortuis nil nisi bene. Über die Toten nichts, es sei denn Gutes. Nicht aus Ehrfurcht vor dem Tod oder vor den Toten, sondern aus Fairness. Weil sie sich nicht mehr wehren können. – Inzwischen habe ich erfahren, dass er den Laden schon vier Monate vor seinem Tod verkauft hatte und er dem neuen Eigentümer abgehandelt hatte, das Geschäft noch bis Jahresende weiter führen zu können. Der neue Eigentümer hat es ihm zugestanden, weil er so an dem Laden hing. - Das hat man ihm nicht angemerkt. Auch andere Leute hatten Reibereien mit dem Hamburger, hat mir der neue Eigentümer erzählt. Trotzdem, und wenn ich das sage als langjähriger Feind, dann ist das kein Schmus: Er fehlt mir. Und das werde ich bestimmt noch lange denken.

Sonntag, 23. Januar 2011

Einzelfall

Es geht nur noch um den Schlub in meinem Kopf. Ich will ihn da rauskriegen. Erkenntnis der Woche: Er und ich, das war nur eine Bekanntschaft, die zu weit gegangen ist. Freundschaft war das nicht. Wir haben es gewollt, es hat nicht geklappt, dabei sind wir uns so nahe gekommen, wie es besser nicht passiert wäre. Ich habe mich dabei so aufgeregt, dass ich mich immer noch nicht wieder ganz eingekriegt habe. Und ihm, nehme ich an, hat es sehr weh getan, nun von mir erfahren zu müssen, wie ich über ihn denke, schon lange über ihn denke. - Zweite Erkenntnis der Woche: Ich war nie einverstanden mit ihm. Meine freundliche Art, damit umzugehen, war meine Vorstellung, dass er wie ein kleiner Bruder für mich ist, den ich beschützen will. Vor sich selbst. Vor seinen Dummheiten. Und vor mir, indem ich ihm lange Zeit verschwiegen habe, was ich über ihn denke. Immer auch in der Hoffnung, dass er sich noch ändert. Jung genug war er. Die Möglichkeiten hatte er. Die hat er nicht genutzt. Dabei ist er alt geworden. – So in etwa das Denken. Fazit. Rückzug. Aber immer noch kein Schluss. - Was ich angefangen habe, muss ich zu Ende erzählen. Das schulde ich den Lesern. – Wirklich? – Und wenn ich erkläre, ich behalte es lieber für mich? Es ist vergangen und vorbei. Es ist nicht nur unschön, es ist teilweise sogar scheußlich trostlos, es sind keine Einsichten von Belang daraus zu gewinnen. Denn es handelt sich um einen hoffnungslosen Einzelfall. Er ist ein hoffnungsloser Einzelfall. Unsere Bekanntschaft ist ein hoffnungsloser Einzelfall. Ich sowieso. Und mit mir selbst habe ich hier gerade genug zu tun. – Und schon könnte ich mich entspannen. – Mal sehen, wie weit ich damit komme. – Vielleicht will ich wieder, wenn ich ein paar Tage lang nicht mehr denke, ich muss. – Mal sehen, ob es sich jetzt schon anders anfühlt. – Zwei Illustrationen zu den Gedanken oben. Freundschaft: Der Schlub kann ein sehr hingebungsvoller, wirklicher Freund sein. Das habe ich mitgekriegt: Mann in seinem Alter. Seine Statur auch. Komischer Name, ich erfinde ihn um: Zacko. Die Zärtlichkeit, mit der der Schlub über ihn redet. Und wenn man sie zusammen sieht, die beiden, wie zwei verliebte Jungs sind sie. Zacko ist Erbe wie der Schlub. Nur, Zacko kommt nicht ran an sein Geld, sagt der Schlub. Deshalb muss er arbeiten, aber nicht mit seinem Vermögen, wie der Schlub es kann, sondern er arbeitet in der größten Buchhandlung in Krefeld. Jetzt ist mir neulich einmal aufgefallen, dass der Zacko nun schon seit bald 20 Jahren nicht rankommt an sein Geld. Kann das denn sein, dass die den immer noch nicht ranlassen an sein Erbe? – Prince-Charles-Schicksal? – Muss da erst noch jemand sterben, bevor er rankommt, oder – habe ich mir auf einmal gedacht – stimmt das vielleicht gar nicht mit dem Erbe? Hat der Zacko dem Schlub das nur erzählt, um ihm ebenbürtig zu erscheinen? Weil er glaubt, der Schlub braucht das, was vielleicht auch stimmt. –  Dass ich so etwas denke, charakteristisch dafür, wie ich den Schlub sehe: Dass ihm etwas vorgemacht wird und er fällt darauf rein. – Zweite Illustration: In den vier Jahren zwischen meinem Bruch mit dem Schlub und der Versöhnung im letzten Jahr hat der Schlub eine Frau kennengelernt und geheiratet. Frau mit vier Kindern, die ihm von vornherein gesagt hat: viel kannst du von mir haben, aber ein Kind will ich nicht noch eins. Tolle Frau, tolle vier Kinder. Herzlichen Glückwunsch, Schlub! Aber, habe ich ihm gesagt, noch gar nicht so lange her: Aber wenn du mich um Rat gefragt hättest, ich hätte dir abgeraten von dieser Ehe. – Warum? – Warum hast du dir nicht eine junge Frau gesucht, die alles noch vor sich hat und mit der du dich hättest fortpflanzen können? – Schlub: Pfff. – Ich weiß natürlich schon, dass dem Schlub die Frauen nicht nachgelaufen sind, trotz seines Geldes Also sage ich: Dann hättest du dir eben über ein jüdisches Single-Netzwerk ein armes russisches Mädchen gesucht oder wärst nach Israel gegangen und hättest dir da ein armes russisches oder sonst ein armes Mädchen gesucht. – Schlub wieder: Pfff. – Ich: Und beim Aussuchen hätte ich dir geholfen. – Schlub hat gerade The Kids Are Alright   gesehen und sagt: Patchwork-Familie. Zeitgemäß. – Ich sage: Fortpflanzen hättest du dich sollen, mit deinen eigenen Kindern konfrontiert sein. Nicht Vater spielen, Schlub. Vater sein. Deine Brut. Deine Gene. Dann wäre vielleicht noch was aus dir geworden, menschlich. – Er: Sehr konservative Einstellung. – Ich: Sogar archaische Einstellung. Kann, wenn es um Mutter, Vater, Kind geht, auch gar nicht anders sein. – Er schüttelt den Kopf. – Ich sage: Wenn deine Eltern noch leben würden, die hätten dir das Gleiche geraten. – Womit auch schon alles gesagt ist. Wer bin ich denn? Ich bin nicht seine Mutter, ich bin nicht sein Vater, ich bin nicht sein älterer Bruder, ich bin nicht einmal sein Freund. Ich bin nur ein langjähriger Bekannter. Und er macht, was er für richtig hält, oder macht es so, wie es nun mal gekommen ist. Da kann ich denken darüber, was ich will. Das muss ich ihm aber doch nicht sagen.

Samstag, 22. Januar 2011

Tierfreund

Glucksendes Lachen schon beim ersten Satz des Artikels: Bären sind dem Wesen nach nur schwer zu ergründen. Anhaltende Heiterkeit bei der sich anschließenden Inhaltsangabe von Jean-Jacques Annaud`s Der Bär, den ich, ich weiß nicht, wie viele Male gesehen habe. Doch die Realität ist anders und jetzt wird es ernst. Aber nicht für mich, es tut mir leid, ich muss immer noch lachen. Death of A Clown. Geschichte von Timothy Treadwell, der im Katmai-Nationalpark in Alaska 13 Sommer lang mit Bären zusammengelebt hat. Ein Buschpilot, der es mit ansah, wie Treadwell sich dabei zum Narren machte, wird zitiert: er habe Bären behandelt, als seien es verkleidete Menschen. In Wahrheit sei der einzige Grund, warum sie ihn so lange in Ruhe gelassen hätten, der, dass die Bären dachten, irgendetwas sei mit ihm nicht in Ordnung, er sei wahnsinnig. Bis einem von ihnen dann doch eingefallen sei: „Könnte trotzdem schmecken.“ – In einer Regennacht hört die im Zelt liegende Freundin Treadwells ihn draußen brüllen: „Komm raus, ich werde umgebracht!“ Sie ruft: „Spiel toter Mann!“ – Sie ist in diesem Augenblick noch so kaltblütig, erst die Videokamera einzuschalten, bevor sie rausgeht, um ihrem Freund mit der Bratpfanne zu Hilfe zu eilen. Aber so kaltblütig auch wieder nicht, denn sie vergisst, die Kappe vom Objektiv zu nehmen. So dass es von dem, was dann geschah, nur eine Tonaufnahme gibt. – Werner Herzog hat über Treadwells Bärenbegeisterung und über das Splatter-Szenario, in dem sie endete, einen Dokumentarfilm gemacht: Grizzly Man. Herzogs Fazit: Es ist falsch, Bären zu lieben. Wer Brehms Tierleben kennt, hat das schon immer geahnt: Der Bär, steht dort geschrieben, ist ein tölpelhafter und geistloser Gesell, der die Achtung, welche er genießt, nicht verdient. – Diese und weitere Warnungen (Menschen und Bären sollten sich besser aus dem Wege gehen) und alles, was es sonst noch zu wissen gibt über Bär & Mensch, ist nachzulesen in Jörg Albrechts Artikel Zum Fressen gern, der mir gestern beim Frühstück solchen Spaß gemacht hat, dass ich ihn unbedingt weiterempfehlen möchte. – Nicht das Gleiche in Pinguin, aber auch schön: der Artikel Pinguinautobahn durchs ewige Eis von Hilke Segbers (dpa) auf SPON. – Ganz beseelt von der Vorstellung der Kieselsteine sammelnden Pinguine in ihren Kolonien überlege ich mir nach der Lektüre des Artikels: Wenn es Seelenwanderung gäbe, würde ich gerne als Pinguin wiedergeboren werden. Aber da ich nun mal zu denen gehöre, die glauben, dass unser Leben nur eine Reise von Nirgendwo nach Nirgendwo ist, würde es mir auch schon genügen, wenn ich eines Tages nach Hause käme, ins Badezimmer ginge, um mir die Hände zu waschen, und denken würde, irgendetwas ist heute anders als sonst, und dann würde ich plötzlich die drei Pinguine entdecken, die in meiner Badewanne sitzen und darauf warten, dass ich Wasser für sie einlasse.

Freitag, 21. Januar 2011

Narkose

Als bei Peter vor zwei Jahren ein Zungenbodenkarzinom diagnostiziert wurde, ging das so: Der HNO-Facharzt macht eine Biopsie an dem pickelartigen Gewächs unter der Zunge, das nach vier Monaten Beobachtung durch Peter in seinem Badezimmerspiegel immer noch nicht verschwunden ist. Der HNO-Arzt zwickt mit einer Zange in das pickelartige Gewächs, so dass hinterher das Blut nur so fließt. Die Gewebeprobe wird labortechnisch untersucht. Nichts. Alles gut. Aber dann doch nicht. Der Pickel wurde größer. Überweisung in die Klinik. Ärztin, die schon einiges gesehen hat in ihrem Berufsleben, schaut ihn sich an und sagt: Ich fress ´n Besen, wenn dass kein Karzinom ist. Wiederholung der Biopsie. Jetzt unter Klinikbedingungen. Vollnarkose. Tiefer Schnitt. Und am nächsten Tag kommt die Ärztin zu Peter ins Zimmer, hebt den Daumen und sagt strahlend: Hab ich´s nicht gesagt? Karzinom! – Diese Anekdote hat Peter mir inzwischen so oft erzählt, dass ich sie hier endlich mal wiedergeben muss. Auch deshalb, um verständlich zu machen, weshalb Peter es so gelassen hinnimmt, dass er nach dem Termin bei Professor B. gestern immer noch nicht weiß, woran er ist mit seinen zwei Knubbeln am Hals. Könnte bösartig sein. Deshalb: Biopsie, erneute Blutabnahme wegen Keratinin-Wert (wieso denn das?) und Wiederholung der MRT, weil Professor B. mit dem Bild nicht zufrieden war. Am 1. Februar nächster Termin bei B. und dann hoffentlich mehr. – Die Dauerkrise mit der anstrengenden jungen Freundin. Die Trauerarbeit nach dem Auszug des Sohnes. Die Angst davor, dass der Amtsarzt ihn beim Termin in vier Wochen berufsunfähig schreiben könnte. Jetzt das schleppende Diagnose-Verfahren wegen der Knubbel. Und dann noch die Skype-Freundinnen und ich, die wir ihm ständig damit in den Ohren liegen, dass er wegen seines schwerwiegenden Darm-Problems, das er nämlich auch noch hat, endlich was unternehmen muss. – Hast du mit deinem Hausarzt darüber geredet? – Ja. – Was sagt er? – Darmspiegelung. – Wann? – Mach ich nicht. – Warum nicht? – Weil mir das zu gefährlich ist mit der Propofol-Narkose bei der Darmspiegelung. Da ist Michael Jackson dran gestorben. - Aber doch nicht bei einer Darmspiegelung. - Ich lasse mich nur narkotisieren, wenn drei Anästhesisten um mich herum stehen. – Dann lasse es eben in der Klinik machen. – Das kommt aus nicht genannten, aber mir verständlichen Gründen für ihn nicht in Frage. Also locke ich ihn mit der Telefonnummer einer Praxis in der Nähe des Bayrischen Platzes, wo sie alle hingehen und bei der ich seit einem Dreivierteljahr eine Vorsorgeuntersuchung plane. Beeindruckt ihn nicht. Auch dort wird mit Propofol narkotisiert. Von Ärzten, die nicht als Anästhesisten ausgebildet sind. Nicht mit ihm. – Peter, ich habe das Gefühl, du verspielst dich. – Schweigen. – Spiele ich also auch, indem ich ihn daran erinnere, dass er mehrfach behauptet hat, nicht am Leben zu hängen. Noch während ich es sage, merke ich, dass das nicht zieht. Bleibe aber auf der Linie: Sterben musst du sowieso irgendwann. Wenn du während einer Narkose stirbst, ist das die angenehmste Art, es hinter dich zu bringen. Einschlafen und nicht mehr aufwachen. Keine Schmerzen, keine Todesangst, kein Leiden, kein Drama. – Lockt ihn nicht. Und wahrscheinlich ist das Darm-Problem ohnehin nur ein psychosomatisches. – Das weißt du aber erst nach der Darmspiegelung, entgegne ich. Dann fasele ich noch etwas von einem Tritt in den Arsch, den er bräuchte. Er erwidert, dass das nach seiner sozialpädagogischen Erfahrung überhaupt nichts bringt. Strafe nützt nichts. – Ich erwidere, dass ich den Tritt in den Arsch nicht als Strafe meine, sondern als Motivation. Das Gespräch zerfranst. Ich bin erschöpft. Er ist erschöpft. Hinterher denke ich: Warum kann ich ihn nicht in Ruhe lassen und mich damit begnügen, Fragen zu stellen und mit ihm zu lachen? Er hat es doch auch so schon schwer genug. 

Donnerstag, 20. Januar 2011

Ballerinarock

Les Mads; 4.Januar 2011Spiele heute graue Maus mit einem Hemd sowie Blazer von Acne, die Kette ist selbstgemacht und wurde auf dem Travelettes-Flohmarkt ertauscht. 
Was ist das Gegenteil von Bad hair day? – Meine Haare liegen heute so gut. Und keine relevante Person hat es gesehen oder wird es sehen. Völlig egal, wie ich aussehe. Könnte auch in einem dunkelblauen Overall rumlaufen und meine angeklatschten Haare unter einem Plastik-Helm verbergen. Helm, wie ihn Männer auf Bohrinseln tragen. Gibt einen Mann hier im Kiez, der so auftritt. Helm in einem exquisiten Braunton. Bernstein? Overall immer fleckenlos. Arbeitskleidung ist das nicht. Das ist ein Stil-Bekenntnis. – Sonst der Kiez, was Style and Fashion angeht, Diaspora. Hier denken sie immer noch, Mode ist ein Diktat und merken gar nicht, wie sie sich an Codes verdeppen, die viel rigider sind, zum Beispiel an den Code der Unscheinbarkeit und Eleganzverweigerung. – Immer wieder die Überraschung beim Verlassen der U-Bahn in Charlottenburg oder Mitte: wie Menschen aussehen können! Zum Beispiel soDie Ausrede für meinen Ballerinarock von Pins & Needles: Ich habe als Kind zuviel Sissi gelesen und seither den Wunsch gehegt, plötzlich Prinzessin zu sein. Damit es kombiniert mit einem Pullover von Carin Wester nicht allzu lieblich ausschaut, trage ich eine UO-Jacke und den Schal von Acne. - Die Frau, die den Ballerinarock trägt und darüber schreibt, ist Jessica Weiß. Schreibt im Modeblog Les Mads. Gegründet vor drei Jahren zusammen mit Julia Knolle. Toller Name. Idee des Blogs: Zwei Mädchen sprechen über Mode und schreiben darüber. - Sehr erfolgreiche Idee. 650.000 LeserInnen hat der Blog inzwischen und jetzt auch mich gewonnen als Fan der Rubrik Outfits. Erzählung, Fortsetzungsgeschichte vom sich anziehen und sich was draus machen: Die gesamte Woche lag mein uralter roter Trenchcoater, den ich secondhand in einem Londoner Shop gekauft habe, unangerührt in meinem Koffer. So recht getraut habe ich mich nicht, die doch sehr auffällige Farbe zu tragen und gab mir dann doch irgendwie den Ruck, einfach mal zu machen. / Mit Cremefarben gefällt mir der Rotton sehr gut, aber ich denke ich muss noch ein wenig kombinieren und ausprobieren, bis das Stück wieder zu meinem Liebling wird. Top und Schal sind von Acne, Schuhe von Vagabond. Foto der Autorin im roten Mantel. - Aufmerksam geworden bin ich auf Les Mads durch ein Interview mit Jessica Weiß in der FAZ. Tags darauf  gleich noch ein Artikel über Les Mads im Welt-Feuilleton  mit dieser Grundsatzerklärung: Oft genug ist die Mode in ihrem von den Marktzwängen forcierten Tempo das genaueste ästhetische Sensorium der Gesellschaft, findet deren Selbstverständigung über Geschlechter- und Machtverhältnisse, legitime und illegitime Geltungsstrategien und Körperwahrnehmungen ihren Niederschlag in Farbwahlen und Mustermixen. Ganz abgesehen davon, dass etwa die Jacken, die Jil Sander für das japanische Unternehmen Uniqlo entwirft, schöner, schlauer und zeitgenössischer sind als das meiste, was man beim Galerien-Hopping durch Berlin-Mitte zu sehen bekäme. - Ein Feuilleton, in dem so etwas steht, kann nicht so schlecht sein, wie es immer hingestellt wird. - Und heute gar nichts über die Tess? Gestern nichts und heute schon wieder nichts? - Ich überhöre den ironischen Unterton der Frage und verlinke auf Les Mads vom 14. Januar 2011: Die letzten Sale-Lieblinge. Vorgestern Abend es der Tess gezeigt und dazu geschrieben: Das ist einfach nur schön! – Auf sexy kommt man erst mit dem dritten oder vierten Gedanken.  – Korrektur: zweiter oder dritter Gedanke. Und insgeheim: So schön würde es aussehen, wenn die Tess die Bluse tragen würde. 

Wegen Streichung siehe Bedrohung.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Gong

Falls sich jemand gewundert haben sollte, warum ich gestern nicht gemeldet habe, was Peter bei Professor B. über seine Knubbel am Hals erfahren hat, ich habe mich auch gewundert. Um 12 Uhr sollte er den Termin im Virchow-Klinikum haben. Ab 14 Uhr habe ich darauf gewartet, dass er anruft und sagt: Alles gut. Professor B. hat zu mir gesagt, wenn ich so alt werde, wie ich mit den Knubbeln werden kann, soll ich mich glücklich schätzen. – Komische Ausdrucksweise, hätte ich dann gesagt und mich gefreut mit dem Peter. So aber hatte der Peter um 15 Uhr immer noch nicht angerufen und um 15.30 Uhr auch noch nicht. Hatte er vergessen, dass wir ausgemacht hatten, dass er mich informiert, sobald er aus der Klinik zurück ist, oder war der Befund so, dass er jetzt in einem desolaten Zustand der Unansprechbarkeit war? – Anruf bei Peter. Er meldet sich mit verschlafener Stimme: Wie viel Uhr ist denn? – Ich schaue auf die Turmuhr des Schöneberger Rathauses, weil ich gerade rauchend an der offenen Balkontür stehe, und sage: 15 Uhr 59. Und es tut mir leid, dass ich ihn geweckt habe. Das macht aber nichts. Im Gegenteil, er will nämlich noch einkaufen gehen später, sagt er. – Und? – Was und? – Der Befund. – Kein Befund. – Wieso? – Es müssen noch die Ergebnisse der Blutuntersuchung abgewartet werden. – Was?! Deshalb hat dich der B. kommen lassen, um dir das zu sagen? – Naja. – Folgt meine sehr kritische Betrachtung des Verhaltens von Professor B., während Peter nichts dabei zu finden scheint, dass er umsonst ins Virchow-Klinikum geschlappt ist. – Und was war gestern? – Gestern? – Da hast du doch auch einen Termin gehabt wegen der Knubbel. – Na, da haben sie mich in die Röhre geschoben. – Röhre? – Na, MRT. – MRT hast du doch letzte Woche gemacht. – Was haben wir heute? – Dienstag. Es ist Dienstag, der 18. Januar. Beim Gongschlag ist es 16 Uhr und vier Minuten. Gong! – Und weil mir das komisch vorkommt, dass der Peter gestern in die Röhre geschoben wurde, wo er doch am Donnerstag schon bei der MRT war, werde ich jetzt auch komisch und setze das Spiel fort: Beim Gongschlag ist es 16 Uhr, 4 Minuten und 30 Sekunden. Gong! – Peter hat sich inzwischen daran erinnert, dass er vergangenen Donnerstag schon bei der MRT war. - Und was haben sie dann bei dem Termin gestern gemacht? – Blutentnahme. – Aha. – Nächster Termin bei Professor B. ist nun morgen Vormittag. Am frühen Vormittag. Denn am Mittag ist Peter bei seinem Psychotherapeuten. – Gut bei alldem ist, dass ich mir mehr Sorgen mache wegen des Befundes als Peter, der so gelassen wirkt, dass ich mehrmals nachfrage, ob Professor B. ihm irgendetwas Beruhigendes gesagt hat. Aber das hat er nicht. Er hat Peter bei dem Termin gestern nur gesagt, dass er ihm noch nichts sagen kann. Das muss man sich mal vorstellen!  – Das Spiel mit der Zeitansage ist übrigens ein Zitat gewesen aus meiner Lieblingskomödie Bringing Up Baby (Leoparden küsst man nicht). Da gibt es eine Szene, in der Katharine Hepburn sich vor einem Anrufer verstellt, indem sie so tut, als sei sie die Zeitansage. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass Katharine Hepburn, die eigentlich eine großartige Komödiendarstellerin ist, in dieser Szene ganz schlecht spielt. So schlecht, dass ich mich jedes Mal, wenn ich den Film sehe, frage, ob Howard Hawks was gegen sie hatte und sie vorführen wollte, indem er diese Szene nicht herausgeschnitten hat. Aber weil die Szene so schlecht gespielt ist, kann man als Schauspieler-Laie auch nicht viel falsch machen, wenn man sie nachspielt.

Dienstag, 18. Januar 2011

Betrogen

Wieder mal: Keine so große Sache schreiberisch daraus machen, wie ich denke, dass sie es sein sollte. Die beiden Schreibkrämpfe, Aschenputtel 1 + 2, Texte von gestern und vorgestern, stelle ich in Das alte Biest. – Hier statt dessen ein Auszug aus dem, was ich an die Tess am vergangenen Freitagabend geschrieben habe. Worauf es eine Reaktion der Tess gab, nach der ich mich nicht nur ermutigt fühlte, meine Vorstellung mit mehreren Unbekannten nicht länger für mich zu behalten, sondern zu dem Schluss gekommen bin, dass die Tess sogar will, dass ich darüber schreibe. – Dass ich es schreiberisch nicht so hingekriegt habe, wie ich es mir vorgenommen hatte, ist kein Schaden. Denn so wie es jetzt dasteht, improvisiert, unfertig, mit mehr Fragen als Antworten, entspricht es dem Charakter der Vorstellungen, um die es geht. Vorstellungen am Anfang eines neuen Kapitals. Im weiteren Verlauf des Kapitels sollen sie geklärt werden.

An die Tess am Freitag, 14-01-11:
(…) Nachdem es keinen zu verfolgenden Plan zu Dir hin mehr gibt im Blog, bleibt nur mehr: Authentizität von mir. Jeden Tag wieder zu schaffen. Heute damit, indem ich beschreibe das Denken an Dich beim Ansehen des Films – und wie es in Erinnerung gebracht hat eine Szene, die ich schon mehrfach erwähnt habe, aber nie vollständig beschrieben, weil ich nie eingestanden habe, was ich mir zu der Szene gedacht habe. Was aber wichtig ist, da es als Vorstellungsfetzen immer weiter herumfliegt und neue Vorstellungen beeinflusst, die ich habe über Dein Leben dort drüben. Dein Leben dort drüben wiederum als Erklärung, was ich mit Dir erlebt habe. Erklärung. Erklärung. Erklärung. Alles, was noch bleibt zu tun. Mir zu erklären, was mir passiert ist mit Dir, indem ich mir zu erklären versuche, was mit Dir ist.
Der Text heute Nachmittag wahrscheinlich auch deshalb so sperrig geraten wegen des Widerstands dagegen auszusprechen, was ich mir vorgestellt habe bei der so oft schon beschriebenen Szene 15. September 2009  und bei Deinem Satz, der bis hier herüber zu hören war durch die geöffneten Fenster: Oh yeah, I had my fun! Nachdem der Professor, nur so kann es gewesen sein, zu Dir gesagt hatte: You had your fun. – Warum gesagt? Wann sagt so ein Mann das, der so etwas sagt? – Wenn er sich trennt von einer Frau. – Oder wenn sie schwanger ist und er will das Kind von ihr nicht haben. – Übersehe ich weitere Möglichkeiten? – Da er sich hinterher um Dich bemüht hat - da ich gesehen habe, wie ihr an den drei Abenden hinterher intensiv miteinander geredet habt - da ich ihn viel später einmal gesehen habe, wie er verzweifelt nach Dir Ausschau gehalten hat - da ich überhaupt mitkriege, wie er sich anstrengt, Dich festzuhalten – glaube ich nicht, dass er sich damals trennen wollte von Dir. Glaube ich eher, dass Du schwanger warst und er wollte das Kind nicht mit Dir haben. Daran habe ich gestern Abend gedacht. Und an Dich habe ich gedacht. Wer Du bist, der das passiert ist. – Und weil ich bisher einiges mehr weiß, wenn auch nichts genau, habe ich mir überlegt, warum er das Kind nicht haben wollte. – Weil es eine zweite Frau gibt? Die, die damals (15. September 2009) am Tisch saß und gelacht hat (gefeixt) über Euren Streit und er hat ihr Wein eingeschenkt und dann sich und dann haben sie angestoßen. – Xxxxxxxxx Xxxx, nehme ich an. Sie bezeichnet sich als die Frau des Professors. Du bist seine Freundin. Im Blog habe ich das immer ironisch in der Schwebe gehalten. Zunächst es als Lüge von ihr abgetan, als sie am Telefon zu mir sagte: ich bin seine Frau; Lüge, um mich irrezuführen. Inzwischen sehe ich es anders. Gibt es sie und Dich? – Hey! What a lucky man he was! - Is? – Und solltest Du kein Kind bekommen mit dem Professor, weil Du nur die Geliebte bist, während sie ist seine Frau. Hauptfrau. Während Du die Nebenfrau bist. Und musst Du das alles hinnehmen aus Gründen, die mit Liebe zu tun haben (Du liebst ihn trotz allem) oder mit Geld (Versorgung)? – Aber weil Du das hinnehmen musst, hast Du bei ihm auch was gut. Du kannst Dir was rausnehmen. Deshalb darfst Du Affären haben – er kann sie Dir zumindest nicht verbieten. Nur eine Affäre mit mir darfst Du nicht haben. Du darfst eine Affäre sonst wo in der Stadt mit sonst wem haben, aber auf keinen Fall mit mir. Mit mir darfst Du nur die schattenspielartige Schreib-Licht-Affäre haben. Weil das zu nah ist. Weil das die Nachbarn mitkriegen könnten, weil der Professor fürchtet dann ins Gerede zu kommen. Nicht wegen Deiner Untreue, sondern weil er verhindern will, dass ich und in der Folge andere davon erfahren, was er Dir zumutet und wie er Dich hält und benutzt als sein persönliches Aschenputtel in seiner Dachwohnung. Deine Abhängigkeit ausbeutend? - Tut er das? – Ist das der Grund dafür, dass Du nicht einmal mit reden darfst, weil er verhindern will, dass es nach außen dringt, unter was für  Bedingungen Du bei ihm lebst? - Aschenputtel, bist Du das, Tess? - Oder bist Du einfach nur die Betrogene? - Aber warum bist Du dann noch da? - Warum lässt Du Dich betrügen?
(...) Wenn Du mir ein eindeutiges Zeichen gibst, dass Du nicht willst, dass ich über diese Vorstellungen schreibe, tue ich es nicht. Und am Ende bin ich noch froh darüber, dass ich es nicht tun muss. – Über das Geheimnis Deiner schönen Beine (e i n  Geheimnis, denn es ist nicht das Einzige) schreibe ich dann ein andermal ... .

Montag, 17. Januar 2011

Engel

Poste ich Aschenputtel 1 heute Abend oder warte ich mit dem ersten Post, bis Teil 3 geschrieben ist? – Und wenn ich es nicht poste, was mache ich dann? – Was über mich? – Wer bin ich eigentlich? Was mache ich hier eigentlich? – Vertrauter von Peter bin ich. Der sagte gestern: Natürlich darf der Blog alles über ihn wissen. Alle dürfen alles wissen. Er hat keine Geheimnisse. Auch seinen Slype-Freundinnen sagt er alles. – Auch, dass du immer noch trinkst? - Ja, natürlich. - Und am Freitag betrunken warst? – Ich, betrunken? - Was er also weit von sich gewiesen hat. Er ist nie betrunken. Er trinkt nur zwei Gläser Wein am Tag. Ein Fortschritt gegenüber zwei Flaschen, die es noch im Herbst waren. – Ich will nicht trocken sein, sagt er. Nicht ganz trocken. – Ein bisschen trocken geht aber nicht, sage ich. Das ist wie mit tot oder schwanger. Entweder ganz oder gar nicht. - Er verweist auf Millionen Menschen, die kontrolliert trinken. – Ich verweise darauf, dass er im Herbst im Aufnahmezimmer einer psychosomatischen Klinik saß und seine Hände beim Ausfüllen der Formulare so gezittert haben, dass die Klinik-Leute es bemerkt und ihn wieder nach Hause geschickt haben, weil sie Alkoholiker-Entgiftung nicht im Programm haben in ihrer Klinik. – Jetzt nennt er Gründe, warum er nicht aufhören kann/will: Die Freundin, die er zuletzt eher selten sah und bald hoffentlich wieder öfter trifft, die trinkt auch Alkohol. Und er hat Angst davor, ins Delirium zu fallen, wenn er ganz aufhört. – Peter, das ist die Logik der Sucht. Die findet immer Gründe dafür weiterzumachen. Damit kenne ich mich aus. Was meinst du, was mir alles einfällt, warum ich nicht mit dem Rauchen aufhören kann/will? - So geht das. Immer im Kreis. - Nein, anstrengend ist es nicht. Für mich nicht. Für ihn ist es anstrengend. So wie es für mich anstrengend ist, mir eine Wirklichkeit zu schaffen, aus dem Wenigen, viel zu Wenigen was ich weiß über die Tess. Warum mache ich das? Warum kann ich mich nicht begnügen mit dem, was ich sehe, und mich abfinden mit dem, was nicht ist? – Bin schon dabei und gleich darauf nicht mehr. Das mit dem Begehren kann sich auch schnell wieder ändern, habe ich gestern an die Tess geschrieben in der guten Stimmung, in der ich war. Es ist allgemein bekannt, dass die versengten Flügel von Engeln sehr schnell heilen, wenn die Engel sich wieder zu fliegen trauen. Versengt = leicht verbrannt, habe ich dann noch dazu geschrieben, falls die Tess das Wort versengt nicht kennt. - So geht das. Immer im Kreis. Doch Aschenputtel 1 – 3 ist keine Aktion von Begehren. Das schreibe ich für die Tess. An ihrer Stelle, weil sie es selbst schreiben würde, wenn sie ihr Leben veröffentlichen würde, so wie ich es tue, indem ich zum Beispiel meine Vorstellungen über das Leben der Tess veröffentliche und dabei das Gefühl habe, dass die Tess das will und dass der Blog es will, weil es auch der Blog der Tess ist. Ganz schön verstiegen! Und einen Engel mit leicht verbrannten Flügeln gibt es jetzt auch schon. So weit ist es gekommen. So weit allerdings noch nicht, dass ich glaube, ich bin der Engel. Der Engel ist mein Begehren. – Das Begehren ein Engel? - Wundert mich selbst. Aber als das Begehren weg war, hat sich die Leere angefühlt wie die Abwesenheit eines Engels. - Die Tess ist übrigens auch kein Engel. Niemals. Die Tess ist eine Contessa.

Sonntag, 16. Januar 2011

Gelöst

Was heißt hier eigentlich: mich im Alleinsein einrichten? – Ich telefoniere täglich mit Peter. Etwa eine Stunde. Ich bin für ihn derjenige, dem er alles sagen kann, weil ich nicht so moralisch bin wie seine Skype-Freundinnen. Die machen ihm Vorhaltungen. Ich erinnere ihn nur immer wieder an die Tatsachen. Streng bin ich. Aber nicht moralisch, sagt Peter. Gut, dass mir das mal jemand bestätigt. - Jetzt muss allerdings noch geklärt werden, ob das besondere Vertrauensverhältnis auch gegenüber dem Blog gilt. Darf der Blog auch alles wissen? - Bernd, der Raucher auf der Straße, war gestern Nachmittag Raucher vor dem Felsenkeller. Ihn erinnert an den Neujahrstag, als er noch ganz berauscht war von seiner  rauschenden Silvesternacht, in der er so gelöst war. So gelöst. Gelöst. Gelöst. Immer wieder hat er es gesagt. – Und wie kam´s? Wo warst du? – Wo genau er war, stellt sich heraus, war nicht so wichtig. Entscheidend war, dass er  n i c h t  in Dänemark war mit seiner Frau und seiner Tochter wie seit Menschengedenken, weil die Tochter erwachsen und bei ihrer eigenen Feier und die Frau zwei Tage vorher ausgezogen und weg wahrscheinlich für immer. – Das Fernsehgerät hat sie auch mitgenommen. Jetzt freut Bernd sich auf das Leben ohne TV-Programm. Hat einen Stapel Bücher neben die Badewanne gestellt und sich vorgenommen, nun endlich Infinite Jest zu lesen. Roman von David Foster Wallace, den ich ihm empfohlen habe, den er sich auch gekauft hat, dann sich aber nur beklagt darüber, dass das Buch so dick ist, und woher soll er die Zeit nehmen, das alles zu lesen. - Zeitungsmeldung von neulich: Fernsehkonsum in deutschen Haushalten nicht rückläufig, wie erwartet. Im Gegenteil. – Wie denn das? – Die Gesellschaft altert. Die Paare altern. Was bleibt dann noch zu tun, wenn man nicht gerade in Dänemark, auf der Mittelmeerinsel oder in Südindien in Urlaub ist? Gemeinsam fernsehen zum Beispiel. – Da ist der Mann zu Hause und nicht in der Kneipe. Und die Fehler, die machen die anderen (Politiker, Sportler, Opfer, Täter, Kommissare, Clowns, Moderatoren). Das mal sehen: die Bedeutung gemeinsamen Fernsehens als Paaraktivität. – Am Ende nachgebohrt, ob Bernd denn wirklich nur froh ist über den Auszug seiner Frau? – Er versucht, nicht darüber nachzudenken, sagt er kurz angebunden, aber wie immer ehrlich, und verschwindet im Felsenkeller. Wahrscheinlich will er vermeiden, seine Äußerungen in meinem Blog wieder zu finden. Schon passiert. – Auch noch gestern: Anruf bei einer Freundin, die Geburtstag hatte. In den vergangenen Jahren habe ich sie immer angetroffen am frühen Morgen. Gestern dreimal AB, auf dem ich schließlich unwillig eine Nachricht hinterlasse. – Sie ist eine gemeinsame Freundin vom Schlub und mir. Vorstellung, dass sie meinen Anruf vermeiden will, um nicht in meine Geschichte mit dem Schlub hineingezogen zu werden. Dabei hatte ich mir vorgenommen, mich nicht zu äußern über den Schlub, wenn sie mich nicht auf ihn anspricht. Kann aber auch sein, dass sie mit Kindern, dem Lebensgefährten und engsten Freunden verreist ist, weil sie keine Lust hatte auf das große Fest, das von ihr erwartet wurde an ihrem 50. Geburtstag. Ich werde sie in den nächsten Tagen noch mal zu erreichen versuchen und ihr die Adresse meines Blogs zum Geburtstag schenken, mit dem Zusatz: Was ich in dem Blog schreibe, ist eigentlich so, dass ich mich dafür schämen müsste. Das Besondere an dem Blog ist, dass ich es nicht tue. – Die Aussage charakterisiert die Freundin und das Verhältnis, das wir zueinander haben. Es ist so, dass ich mit ihr auf diese Art rede - und: mit ihr nicht meine Geschichte mit dem Schlub durchhecheln  will. Weshalb sie meinetwegen nicht hätte wegfahren müssen und gestern ruhig ans Telefon hätte gehen können. Ich bin albern, weil gut gelaunt. - Heute Vormittag: Das neue Tess-Kapitel. Fortsetzung folgt in den nächsten Tagen. Das gute Gefühl dabei, dass es der Tess recht ist, was ich schreibe. Der Professor wird es hassen. Aber da kann ich nur mein Angebot wiederholen: Wenn ich ihm Unrecht tue - Kommentar, Gastbeitrag, Anruf. Alles ist möglich. Komisches Gefühl, das ich auch noch habe: Dass ich mit dem Professor eher ins Gespräch kommen werde als mit der Tess.

Samstag, 15. Januar 2011

Leer

Was mache ich jetzt? – Szene von vorgestern Abend retten vor dem Text von gestern und mich damit erst so richtig in Schwierigkeiten bringen mit einer Vorstellung mit so vielen Unbekannten, dass es besser wäre, ich würde sie für mich behalten. Das kann ich aber nicht, weil sie wieder aufgetaucht ist in meinem Bewusstsein, sicher nicht zufällig, und da sie aufgetaucht ist, muss auch über sie berichtet werden. – Szene von vorgestern Abend: Ich schaue mir auf DVD an Enter the Void von Gaspar Noé und muss dabei an die Tess denken, obwohl ich nicht mehr ständig an die Tess denken will, das auch in den vergangenen Tagen einigermaßen geschafft habe, doch jetzt muss ich so intensiv an sie denken, weil ich mich an etwas erinnere und daraus sich Vorstellungen formen, die mich nicht mehr loslassen, so dass ich darüber zu schreiben beschließe. – Text von gestern, den ich nicht hingekriegt, deshalb den Schlub-Text gepostet habe. Text fängt so an: Die Tess hat lange schlanke Beine. Ihre Oberschenkel sind muskulös. Auf eine zarte Art muskulös. Wenn sie nicht muskulös wären, dann wären ihre Oberschenkel dünn. Entweder die Tess macht einen Sport oder hat einen Sport gemacht, bei dem sie diese muskulösen Oberschenkel bekommen hat. Oder sie hat sie sich gezielt antrainiert (body shaping), weil ihr ihre dünnen Oberschenkel nicht gefallen haben. Weil sie nicht so lange dünne Beine haben wollte wie Linda, Schwester von Oscar, in dem Film Enter the Void, (...). Die langen dünnen Beine Lindas ein Key Visual des Films. Immer wieder Lindas nackte lange Beine mit den dünnen Oberschenkeln. Linda ohnehin die meiste Zeit halbnackt zu sehen in dem Film. Deshalb, weil sie als Tänzerin in einem Nachtclub arbeitet. Aber auch, um uns ihre Schutzlosigkeit spüren zu lassen ... . – Folgt im Text von gestern eine Beschreibung des Films. Die lasse ich jetzt weg. Über die Beine der Tess wollte ich letzte Woche schon schreiben, Aber dann habe ich sie an dem Nachmittag zum zweiten Mal in der Woche an einer Supermarktkasse gesehen und habe darüber geschrieben, wie ich sie gesehen habe und wir uns danach wieder verpasst haben. Vermeintlich verpasst haben. Denn in den Tagen danach ist mir klar geworden, dass die Tess nicht mehr wollte, als sich mir zeigen, damit ich weiter an sie und über sie schreibe. Und am Wochenende ist mir ein Mal mehr und endgültig klar geworden, dass es immer nur das und nichts anderes geben wird  – mein Schreiben und ihr Licht. Den dämlichen Auftritt des Professors am Montag brauchte es dazu nicht mehr. Es war mir auch egal, ob er die Tess genötigt hatte, an seiner Demonstration teilzunehmen, oder ob sie freiwillig dabei mitgemacht hatte. Denn ich hatte schon aufgegeben. Ich war frei. Weg von meinem Begehren. Habe alles nur noch gesehen, wie es ist. Ich bin 58, ich bin erfolglos und arm. Wenn sich die Tess einen anderen Mann sucht, was sie hoffentlich bald tut und vielleicht hat sie ihn auch schon, dann bin das sicher nicht ich. Ich bin der, mit dem sie diese einzigartige, merkwürdige Geschichte einer schattenspielartigen Affäre hatte. Es war schön, sie zu erleben, und es bleibt davon zurück ein großes starkes Gefühl für die Tess. Frei von Begehren. Es bleibt allerdings auch zurück eine Leere. Was mache ich jetzt mit der Freiheit? Und: Was mache ich mit all den Fragen, die nie beantwortet wurden? – Gedanke in der Mitte der Woche: Es ist nur ein Kapitel zu Ende. Noch nicht die Geschichte. Die wird erst zu Ende sein, wenn alle Fragen beantwortet sind. Wenn ich weiß, wer die Tess ist. Doch das hat Zeit. Jetzt richte ich mich wieder im Alleinsein ein. Und jetzt schreibe ich nur noch über das, was ich mit Sicherheit weiß. Keine Mutmaßungen mehr. Keine Vorstellungen mehr mit unzähligen Variablen. – Und jetzt passiert schon wieder, was auch gestern passiert ist bei dem Text, den ich aufgegeben habe. Ich komme nicht auf den Punkt. Der Punkt ist, dass es in Enter the Void eine Abtreibungsszene gibt: Linda ist schwanger von dem Geschäftsführer des Nachtclubs in Tokio, in dem sie arbeitet. Abtreibung. Hyperrealistisch dargestellt. Die Geräusche der gynäkologischen Instrumente bei der Ausschabung von Lindas Gebärmutter. Großaufnahme der Nierenschale mit ihrem Blut und dem winzigen Embryo. Und zum zweiten Mal während des Films muss ich an die Tess denken und höre danach nicht mehr auf damit. Sehe den Film weiter und denke gleichzeitig an die Tess und an den Abend des 15. September 2009, als ich sie in der Dachwohnung gegenüber rumschreien hörte (Yeah, I had my fun), und an das, was ich mir danach gedacht habe und was ich mir seither alles zusammengereimt habe über ihre Lebensverhältnisse dort drüben. Mehrfach schon habe ich darüber geschrieben, was ich an dem Abend damals gehört habe. Aber ich habe es immer für mich behalten, was ich mir damals gedacht habe und welche Schlussfolgerungen ich bis heute daraus ziehe. – Das alles für mich behalten, weil es Vorstellungen mit zu vielen Unbekannten sind. Aber hat es in dieser Geschichte schon einmal etwas anderes gegeben als Vorstellungen mit zu vielen Unbekannten? – Neues Kapitel. In dem Kapitel sollen die offenen Fragen beantwortet, es soll eine Erklärung gefunden werden für das, was ich erlebt habe. Beim Ansehen eines Films werden Vorstellungen, die ich schon lange habe, wieder lebendig. Es gab immer einen Widerstand in mir, diese Vorstellungen auszusprechen. Gestern wieder. Auch deshalb habe ich den Text gestern nicht hingekriegt. Neues Kapitel. Am Anfang des Kapitels steht eine Hypothese. Die Vorstellungen mit den vielen Unbekannten werden ausgesprochen. Fortsetzung folgt.

Freitag, 14. Januar 2011

Angebergeburtstag

Von allen Texten, die ich in den letzten drei Wochen über den Schlub geschrieben habe, werde ich nur einen dokumentieren. Text vom Montag. Denn die Texte davor zeigen nur, wie es nicht geht. Auf keinen Fall nach dem Muster: der Schlub ist so und so – hat zum Beispiel einen grobianischen Materialismus. Denn den hat er in meinen Augen, wie er in den Augen von anderen erscheint, weiß ich nicht. Und wie er in Wirklichkeit ist, schon gar nicht. Das weiß nur er. – Es hat auch zu nichts geführt, mich selbst in den Mittelpunkt und zugleich in Frage zu stellen – um nicht zu schreiben über den Schlub, sondern darüber, was mir passiert ist mit ihm, und zu betrachten, was ich für einer bin, dass mir so etwas passiert. Dabei ist mir klar geworden, dass ich in der Zeit, als es losging mit den Unerfreulichkeiten zwischen mir und dem Schlub, ein ganz und gar uninteressanter Mensch war. Und dass das die Erklärung dafür sein könnte, dass der Schlub mit mir nichts anderes mehr anzufangen wusste, als mir zu zeigen, was aus ihm geworden ist. Aber auch dieser Ansatz hat nichts gebracht. Jeden zweiten Tag finde ich einen neuen Ansatz und am Abend habe ich schon wieder ein Unbehagen daran. Ganz hoher Schwierigkeitsgrad. Zu bewältigen wahrscheinlich nur, wenn ich es schaffe, einfach drauf los zu erzählen und keine so große Sache daraus zu machen, wie ich immer denke, dass sie es sein müsste. - Text vom Montag:

Da der Schlub hier (noch) nicht mitmacht, kann ich nicht von unserem gemeinsamen Festhalten an unserer Freundschaft trotz zunehmender Unerfreulichkeit erzählen. Ich kann nur erzählen von meinem Festhalten trotz zunehmender Abneigung. Die Abneigung ausgelöst durch eine Zurückweisung meiner Person, die eine inszenierte Zurückweisung war. – Das war die Pointe des Guggenheim-Ereignisses. Nicht, dass es an diesem Nachmittag etwas Wichtigeres für den Schlub zu tun gab, als seine Zeit mit mir zu verbringen – so dass ich mich als nach Hause geschickt betrachten konnte. Die Pointe war, dass er das vorbereitet, also inszeniert hatte, sich so mir gegenüber zu verhalten: dass er sich nur mit mir verabredet hatte, um mir das zu zeigen. – Zu bemerken, dass ein Muster zu erkennen ist: Bei der Verweigerung der Bitte um Hilfe war die größte Enttäuschung nicht, dass er sie mir verweigert hat, die größte Enttäuschung war, wie er das gemacht hat. Indem er sich entzogen und mich mit einer Lüge (*) abgefertigt hat, die sehr ausgefeilt war und von mir nur deshalb als solche erkannt wurde, weil ich über Erfahrungen mit Fiktion verfüge. Also wieder eine Inszenierung. Er könnte sein, das er häufiger mit Inszenierungen arbeitet. Das ist bemerkenswert, aber darum kann es nicht gehen. Es kann nur darum gehen, dass er mit mir auf diese Art kommuniziert. Um mich kann es nur gehen. Dass mit mir so kommuniziert wird und wie ich damit umgehe, nur davon kann ich erzählen, weil ich nur darüber alles weiß. Über die Motive des Schlub, sich so zu verhalten in einer Kommunikation weiß ich nichts. Dazu müsste ich zum Beispiel wissen, ob er das in anderen Kontexten auch macht, sich über Inszenierungen zu verständigen und so seinen Willen durchzusetzen. Wenn ich das herausfinden wollte, müsste ich es recherchieren, müsste ich Leute befragen, die mit ihm zu tun haben. Aufwendig. Zu aufwendig. Dazu ist der Schlub nicht wichtig genug. Das ist ähnlich wie damals, als er seinen Angebergeburtstag (50 Jahre) auf einer Mittelmeerinsel gefeiert hat (denkt, es war Sardinien, auch wenn es nicht Sardinien war), und ich ihm sagte: Wenn du bei dir zu Hause in Krefeld feiern würdest, da würde ich hinkommen, da es dein 50. Geburtstag ist. Aber mich in ein Flugzeug zu setzen nach Sardinien, mich in einer Pension einzumieten, für all das Geld zu bezahlen, damit ich dabei sein kann bei deiner Geburtstagsfeier dort, wohin Du selbst nur hinfährst mitten im Winter, um deinen Geburtstag zu feiern, also nicht, weil du ohnehin da bist wie im Hochsommer, sondern nur, um dich dort zu präsentieren, ich könnte auch sagen anzugeben, dazu, Schlub, bist du nicht wichtig genug. Mir nicht wichtig genug und überhaupt nicht wichtig genug. – Das habe ich ihm zweimal gesagt. Einmal im Februar, als wir alleine zusammensaßen. Und dann noch einmal im Juni bei einem Mittagessen im Einstein Unter den Linden, bei dem seine Frau zugegen war und ihre vier Kinder. Die habe ich bei dieser Gelegenheit kennengelernt und ich war beeindruckt von der Frau und die Kinder haben mir auch gefallen, mehr noch als die Kinder allerdings die Art, wie die Frau mit ihren Kindern umgegangen ist. Gestandene Frau. Und: Attraktive Frau. So attraktive Frau, dass ich mich schon gefragt habe, wie der Schlub zu so einer Frau kommt. - Sein Geld? Die Versorgung? – Als wir nach dem Essen aufgestanden sind, bei dem die Frau neben mir gesessen hat, da habe ich sie dann auch von hinten betrachtet und bemerkt, dass sie nicht so tolle Beine hat wie sie sonst aussieht (**) Also doch nicht so eine attraktive Frau, habe ich darauf gedacht. So bin ich.
Als ich es dem Schlub zum ersten Mal gesagt habe, dass ich zu seinem Angebergeburtstag nicht kommen will, dieses Wort gebrauchte und ihm erklärt habe warum, da hat er geantwortet, genau so hätte sich auch eine alte Freundin von ihm geäußert, und schien dabei auch die frotzelnd gemeinte Bezeichnung Angebergeburtstag gelassen hinzunehmen. Beim zweiten Mal, als ich es in Anwesenheit seiner Frau und seiner angeheirateten Kinder wiederholt habe, dass ich nicht kommen werde (und dabei wegen der Frau und der Kinder darauf verzichtet habe, das Wort Angebergeburtstag zu verwenden), da hat er nur verständnislos den Kopf geschüttelt und schien verbittert. Auf meine als Entgegenkommen gemeinte Bemerkung, wenn er mir das Flugticket bezahlt und ein anständiges Hotelzimmer, dann könnte ich mir vielleicht vorstellen, seiner Einladung nach Sardinien zu folgen, ist er allerdings nicht eingegangen. Worauf ich mir gedacht habe, dann kann es ihm so wichtig auch wieder nicht sein, dass ich dabei bin; dann ist es ihm mal wieder nur darum gegangen seinen Kopf durchzusetzen. An seinem Geburtstag habe ich ihm dann eine Mail geschickt. Die ist mir launiger geraten, als ich es wollte, weil mir keine herzlichen Worte eingefallen sind. Ich habe das Wort Angebergeburtstag aufgegriffen in der Mail, indem ich ihm u.a. schrieb, dass ich ihm viel Erfolg und Freude wünsche bei seinem Angebergeburtstag und ihm wünsche, dass alles so sein wird, wie er es sich vorgestellt hat. - Zwei Wochen später, nachdem er schon längst wieder zu Hause in Krefeld war, hat er geantwortet auf meine Mail, erbost über das Wort Angebergeburtstag und darüber, dass ausgerechnet ich mich so äußere, ich, der ich noch nie eine Feier ausgerichtet hätte. Und gegen Ende hat er geschrieben: Schade. Schade. Schade. – Was mir besonders dämlich vorgekommen ist, diese schade, schade, schade. Und dass ich noch nie eine Feier ausgerichtet hätte, stimmte einfach nicht. Ich hatte noch nie eine große Feier ausgerichtet. Das ist nicht meine Art, obwohl ich schon Spaß daran hätte, nur hat mir bei den passenden Gelegenheiten die Lebensgefährtin gefehlt, mit der zusammen ich vielleicht eine solche Feier ausgerichtet hätte. Alleine nun aber nicht. Allerdings habe ich den Schlub einmal zusammen mit einem Paar, mit dem ich eng befreundet war, zu einer kleinen Feier eingeladen. Zu einem für meine Verhältnisse sehr teuren Geburtstagsessen in einem Restaurant. Unvergessen für mich dabei übrigens das Geburtstagsgeschenk vom Schlub: zwei CDs, in die ich danach mehrfach versucht habe, mich einzuhören, bis mir eines Tages klar wurde, dass er die aus guten Gründen aus seiner umfangreichen CD-Sammlung aussortiert hatte. – In meiner Mail habe ich allerdings seine Behauptung, ich hätte nie Leute eingeladen, nicht richtiggestellt, sondern mich darauf konzentriert, ihm die Freundschaft zu kündigen. Es hatte aus meiner Sicht schon hässlichere Auftritte des Schlub gegeben. Aber die Beschimpfungen in seiner wütenden Mail (ich habe daraus nur den einen Punkt zitiert, weil ich mich nur noch an den erinnern kann), das war für mich der eine hässliche Auftritt zu viel. Da wollte ich den Schlub nur noch hinter mir haben. Einen ganzen Nachmittag lang habe ich an dieser Mail gesessen. Mein Ehrgeiz war, ihn mit keinem Wort anzugreifen, und trotzdem ihn spüren zu lassen, wie dringend es mir ist, fortan nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ganz konkret ging es mir auch darum, ihm keinen Anlass zu geben, auf meine Mail zu antworten, weil ich so eine Mail wie seine wütende Mail nicht mehr bekommen wollte. Leider habe ich diese Mail nicht archiviert. Zehn Zeilen Text, für die ich einen ganzen Nachmittag gebraucht habe, weil ich so lange daran feilte, bis ich mir sicher sein konnte, dass ihm nichts anderes übrig bleiben würde, als meinen Wunsch, die Freundschaft zu beenden, hinzunehmen. Das war die einzige und als solche auch geplante Bösartigkeit meiner Mail, ihn daran zu hindern, auf meine Mail zu antworten. Vier Jahre lang habe ich nichts mehr von ihm gehört. Manchmal habe ich an ihn gedacht. Es nie bedauert, keinen Kontakt mehr mit ihm zu haben. Es nicht bereut, ihm die Freundschaft gekündigt zu haben. Allerdings auch keinen Groll mehr gegen ihn gehabt. So dass ich, als eine gemeinsame Freundin in seinem Auftrag vorfühlte, wie ich reagieren würde, wenn er auf mich zukäme, nichts dagegen hatte. Darauf hat er mir einen Brief geschrieben und ein Treffen vorgeschlagen für eine Aussprache. Bereits in seinem Brief wurde klar, warum er diesen Zeitpunkt gewählt hatte. Es ging wieder um eine Feier. Die Bat Mitzwa  seiner angeheirateten Tochter, die als einziges seiner angeheirateten Kinder zum Judentum übertreten wollte - um ihrem angeheirateten Vater, dem sie von allen Kindern am nächsten steht, eine Freude zu machen, dabei allerdings auch nicht so viel zu verlieren hatte wie ihre drei Brüder.
Liegen ein kleiner jüdischer Junge und ein anderer kleiner Junge in einem Krankenhauszimmer. Beide sollen sie am nächsten Tag operiert werden und machen sich deshalb große Sorgen. Dem jüdischen Jungen sollen die Mandeln entfernt werden. Tröstet ihn der andere Junge: Ach, das ist doch gar nicht schlimm. Im Gegenteil, da darfst du hinterher ganz viel Eis essen. – Will der jüdische Junge den anderen Jungen auch trösten und fragt: Woran sollst du operiert werden? – Ich habe eine Phimose, antwortet der andere Junge. Ich soll beschnitten werden. – Oh, oh, oh, sagt der jüdische Junge. Das ist schlimm. Ich bin acht Tage nach meiner Geburt beschnitten worden. Hinterher konnte ich über ein Jahr lang nicht laufen.
(*) Lüge nach meiner Ansicht. Ob es wirklich eine Lüge war, das weiß nur der Schlub.
(**) Nicht so tolle Beine in meinen Augen. Wie überhaupt alles hier nur in meinen Augen ist. Auch das Guggenheim-Ereignis. Obwohl ich in diesem Fall auf den Subjektivitäts-Vorbehalt verzichten könnte. Bei unserer Aussprache konnte sich der Schlub nämlich nicht mehr daran erinnern, was er da gemacht hat. Folglich habe ich das Guggenheim-Ereignis exklusiv und könnte nun eigentlich erzählerisch damit machen, was ich will. Was ich aber nicht tun werde. Es ist auch so schon ungewöhnlich genug. Um so verwunderlicher daher, dass der Schlub sich nicht daran erinnert. 

Donnerstag, 13. Januar 2011

Warten

Ist das auch mal jemandem anderen passiert in der Eile: Der Einkaufswagen bei Penny ist nicht angekettet. Im Schlitz steckt eine Münze. Ein Einkaufswagen-Chip wäre mir lieber gewesen. Der Euro wird selbstverständlich auch angenommen. – Die Frau, die ich immer gerne gesehen habe und die noch nie zurückgeguckt hat, guckt zu mir her. An der Kasse ist sie vor mir dran. Nachdem sie ihren Einkauf eingepackt hat, blickt sie erst die Kassiererin und dann mich an und sagt – mit einem Lächeln, das als amüsiert bezeichnet werden kann: Tschüss. Ich bin so erstaunt darüber, dass ich nicht auch Tschüss sage. – Als ich die Konditorei betrete, begrüßt mich die Verkäuferin strahlend mit den Worten: Heute habe ich ein Stück Kranzkuchen für Sie. Eben frisch angeliefert. – Sie erinnert sich also daran, dass ich in den letzten Wochen mehrfach keines mehr bekommen habe. Zweimal mit dem Zusatz: Vor wenigen Minuten das letzte Stück verkauft. Deshalb sucht sie mir heute das größte Stück aus. Es ist so groß, dass man damit eine Familie ernähren kann, wie ich feststelle. Oder so groß, dass es für zwei Tage reicht, wie ich dann auch noch sage. Auf dem Nachhauseweg denke ich, wenn das jetzt so weiter geht mit den Glücksfällen, dann kommt der Tag, an dem ich nichts Süßes mehr essen muss. Ich kann es kaum erwarten. – Jetzt muss es nur noch bei Peter gut gelaufen sein. 15.45 Uhr. Wenn er gleich dran gekommen ist bei seinem Termin um 15 Uhr im Virchow, dann weiß er jetzt, was los ist. Ich rechne damit, dass die Knubbel an seinem Hals gutartig sind und dass das Nasenbluten und was er sonst noch hat an Störungen, dass das alles nur psychosomatisch ist. Zwischen 18 und 19 Uhr werde ich ihn anrufen. – Wenn sich meine Erwartung bestätigt, melde ich das später noch.
16.45 Uhr. Telefon. Peters Nummer auf dem Display. Er meldet sich. Darauf Schweigen. – Oh nein! denke ich und warte angespannt, bis er weiter redet. Er lässt sich Zeit. Dann werde ich mal berichten, sagt er. Und wie er das sagt, hört es sich nicht gutartig an. Doch dann stellt sich heraus, dass Professor B., bei dem er das Diagnose-Gespräch haben sollte, kurzfristig zu einem Kongress musste. - Wie kann man kurzfristig zu einem Kongress müssen? Kongress weiß man doch schon lange vorher. Doch immerhin hat die Sekretärin von B. heute Früh angerufen, um den Termin abzusagen. Den Termin, den sie gestern noch bestätigt hatte. Gut, dass Peter trotzdem zur MRT in die Charité gegangen ist. Aber dort haben sie ihm nichts gesagt. Obwohl sie es bestimmt gekonnt hätten. Das sind Techniker, sagt Peter. – Ich: Bestimmt auch Mediziner, aber Medizintechniker. Die haben es nicht drauf, mit Patienten zu sprechen und ihnen dann unter Umständen einen ungünstigen Befund mitteilen zu müssen. – Wie komme ich auf ungünstigen Befund? Was rede ich? Ich wechsle sofort das Thema: Wann ist jetzt dein Termin bei Professor B.? - Dienstag. - Wieder vier Tage banges Warten und Schlafstörungen. Wenigstens ist die MRT jetzt gemacht. Klasse, Peter, dass du da warst.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Stark

Mit vollgepackten Tüten vom Einkaufen zurückkommend hat Peter gestern einen Schwächeanfall gehabt im Treppenhaus und ist gestürzt. Die Treppe runtergefallen. Leute aus dem Haus haben sofort den Rettungsdienst alarmiert, als sie den Peter neben seinen Tüten und dem verstreuten Inhalt auf der Treppe haben liegen sehen. Gleich zwei Notärzte sind darauf angerückt. Sie wollten Peter mitnehmen und in eine Klinik einweisen. Das hat er nicht zugelassen (verstehe ich). Darauf musste er unterschriftlich bestätigen, dass er die Hilfeleistung nicht angenommen hat. Die Unterschrift ist das Einzige, wozu er bereit war. Sonst hat er sich die beiden Notärzte beharrlich vom Leib gehalten. Nicht mal seine Rippen hat er sie abtasten lassen, damit sie feststellen konnten, ob er sie sich gebrochen hat bei dem Sturz (verstehe ich nicht). Inzwischen tun ihm die Rippen so weh, dass es schon gut wäre, wenn mal jemand, der etwas davon versteht, nachschauen würde, ob sie gebrochen oder nur geprellt sind. Zu alledem hat er seit gestern wieder Nasenbluten. Unabhängig von dem Sturz; es fing an, als wir am frühen Abend miteinander telefoniert haben, und tritt seither immer wieder auf. Bluten aus der Nase, wie er es im Herbst schon mal hatte. Auch das wäre gut, wenn mal jemand, der etwas davon versteht, abklären würde, woher das Nasenbluten kommt. Überhaupt wäre gut: Wenn jemand, der etwas davon versteht, sich den ganzen Peter mal angucken würde. – Du brauchst einen Hausarzt, der alles über dich weiß und der sich hauptverwantwortlich um dich kümmert. – Habe ich doch. – Ja, und? – Dem erzähle ich nicht alles. – Wie kann das sein? Stellt er dir keine Fragen? – Ich bagatellisiere eben auch. – Warum, muss ich ihn nicht fragen. Ich weiß es. Und wir müssen auch nicht darüber reden. Denn er weiß es auch: Weil er immer stark sein will. Weil er das älteste von vier Kindern gewesen ist - die beiden jüngsten von einem anderen Vater -, und weil das ein harter Konkurrenzkampf war um die Liebe und die Anerkennung, und er dabei großen Erfolg hatte in der Rolle dessen, der sich nichts anmerken lässt, der sich zusammenreißen kann, der stark ist. drollig, witzig, klug und immer obenauf. Dann hat er jahrzehntelang in seinem Beruf anderen geholfen und war weiter obenauf. Und jetzt ist er nicht mehr obenauf und hat es einfach nicht in seinem Repertoire, die Hand auszustrecken und sich aufhelfen zu lasen. – Weinen hast du doch auch gelernt auf deine alten Tage, habe ich vorhin zu ihm gesagt. Da kannst du doch jetzt auch noch lernen, dir helfen zu lassen. Sonst hat das Weinen nämlich keinen Sinn. Weinen ist dazu da, um Hilfe herbeizurufen. – Ich habe ja Leute, die mir helfen. – Deine Freundinnen und mich. Wir hören dir zu, wir geben dir Ratschläge, wir verstehen dich, du verstehst uns, aber es passiert nichts. Du steckst fest in einem ständigen, immer nur in sich selbst kreisenden Gerede (Vorstellung von etwas, das in sich selbst kreist, ist meine Vorstellung der Woche. Siehe Montag). – Ich habe Peter angeboten ihn zu begleiten, wenn er morgen erst in die Charité geht zur MRT (12 Uhr) und zum anschließenden Diagnose-Termin im Virchow-Klinikum (15 Uhr). Habe mir gedacht, dass ihm das hilft während des bangen Wartens, bis er erfährt, ob die beiden Knubbel an seinem Hals harmlos sind oder nicht. Dass ihn das entspannt, wenn er den vertrauten Dialog mit mir hat, in dem er alles aussprechen kann, was ihm durch den Kopf geht, und dabei seine Witze machen, und jemand mit ihm lacht. Anstatt nach außen den Unerschütterlichen geben zu müssen und in ihm drinnen rast die Panik. - Vorhin hat er mir gesagt, dass er lieber alleine gehen will. Verstehe ich. Bei dem, was er morgen durchzustehen hat, wäre ich auch lieber alleine. Warum eigentlich? - Hoffentlich geht er auch hin!

Dienstag, 11. Januar 2011

Hamburger

Ich kann nur vor mir warnen. Nach dem Tai Chi am frühen Nachmittag denke ich, dass ich heute am liebsten mal nicht über mich schreiben würde, dass es gut wäre, wenn ich so wen wie die Frau mit dem Selbstgespräch treffen, oder wenn sonst was passieren würde, was mich eigentlich nichts angeht. Danach in die Bibliothek, um einen Brief an die GEZ auszudrucken. Hinterher zur Post. Nachdem ich die lange Warteschlange dort gesehen habe, beschließe ich, mir bei Sinan und Sülo eine Briefmarke zu kaufen. Was allerdings ein Umweg wäre. Deshalb will ich mal fragen, ob der Hamburger auch Briefmarken hat, und Zigaretten kann ich dann auch gleich bei ihm kaufen. Wenn er nicht schwerer erkrankt ist, müsste er seinen Laden wie angekündigt ab heute wieder geöffnet haben. Doch dann sehe ich schon von weitem, dass der Rollladen am Schaufenster immer noch runtergelassen ist. Der Rollladen an der Tür allerdings nur halb runtergelassen. Mal nachsehen, was da los ist. Ob es vielleicht einen neuen angeklebten Zettel gibt mit einem Hinweis, wann er wieder öffnen wird. Vor dem Laden steht die Sonderschullehrerin, mit der ich so einen unkomplizierten Gesprächskontakt habe. – Was ist los? Ist er immer noch krank. – Nein, gestorben. – Was?! – Die sympathische Lehrerin weiß nichts Genaues; sie verweist mich an Michaela, die gerade aus dem Felsenkeller kommt und einkaufen gehen will (für alle, die nicht in Schöneberg leben: Michaela ist die Wirtin des Felsenkellers). – Ich sage, dass ich den Hamburger immer geärgert habe, weil er ein Feind von mir war, und füge kleinlaut hinzu: Hoffentlich habe ich damit nicht zu seinem Tod beigetragen. – Michaela erklärt vergnügt, dass sie ihn auch immer geärgert hat, obwohl sie sich gut mit ihm verstanden hat. Am Montag vor einer Woche war er noch bei ihr in der Kneipe und hat die Post abgeholt, die sie für ihn entgegengenommen hatte. Am Tag darauf hat er einen Herzinfarkt gehabt und war tot. – Und der Zettel, der seit letzten Montag am Rollladen klebte? Wegen Krankheit geschlossen. Was hatte er da?– Nichts. Das hat er nur hingeschrieben, damit es kein Gerede gibt, wenn der Laden mehrere Tage geschlossen ist, bis er ihn an die neuen Eigentümer übergeben hat. – Neue Eigentümer? – Die türkische Familie mit dem Kiosk gleich um die Ecke in der Hauptstraße, die wird den Laden übernehmen. – Da bin ich immer hingegangen, wenn es mir beim Hamburger zu lange gedauert hat. Sehr angenehme Leute. Jedes Mal, wenn ich da war, habe ich mich gefragt, warum ich nicht immer die paar Schritte weiter gehe, statt mir das mit dem Hamburger anzutun. - Jetzt hast du es näher, meint Michaela trocken. Sie erzählt dann noch, dass der Hamburger mehrere Bypässe hatte. Das weiß ich; von Gesprächen mit ihm aus der Zeit, als wir noch nicht verfeindet waren. Und seit zwei Jahren litt er außerdem noch an einer Borreliose infolge eines Zeckenbisses. Das wusste ich nicht. - Wegen all dem ist es ihm sowieso schon nicht gut gegangen. In den letzten Wochen ging es ihm noch schlechter. Und an dem Abend letzte Woche, als er die Post bei Michael abholte, war es ihm deutlich anzusehen, wie schlecht es ihm ging. – Zu Hause fällt mir ein, dass ich vergessen habe, Michaela nach seinem Alter zu fragen. Rufe deswegen ihren Mann Günter (Wirt des Felsenkellers) an: Wie alt war euer verstorbener Nachbar? – 69, sagt Günter. – Ich bin überrascht. – Günter: Ja, er hat sich gut gehalten. – Ich: Äußerlich. – Seine Frau mochte ich immer sehr gerne. Mein Beileid!