Ich hatte ein Bild von Klaus Karwat – einen Eindruck von einem Telefonat, bei dem ich ihn um einen Gefallen bat und er sehr entgegenkommend und unkompliziert war; einen Eindruck von ihm bei einer Vernissage. Jetzt sitze ich mit ihm in seinem kleinen Büro und alles, was er mir erzählt, ist so, wie ich es mir vorgestellt habe, weil es meinem Bild von ihm entspricht. Bild eines vollkommen entspannten Mannes. Und eines sanftmütigen Mannes. Niemand der aneckt. Die Leute haben gerne mit ihm zu tun. So einer muss sich nicht anstrengen und quälen. Menschen kommen auf ihn zu. Gelegenheiten ergeben sich. Er muss sie nur erkennen. Gelegenheit: Völlig vergammelte Wohnung in der Merseburger Straße. Zum Verkauf stehend. Klaus Karwat hat geerbt, weiß noch nicht, was mit dem Geld anfangen. Einen Salon würde er gerne machen: Lesungen, Musikabende. Und seine Frau kocht so gerne, Kochen für eine größere Zahl von Gästen, vielleicht lässt sich das kombinieren mit seinen Salon-Plänen. Die heruntergekommene Wohnung war vor dem Krieg ein Tabakwarenladen, hat also Schaufenster, die müssen nur wieder freigelegt werden. Ein Nachbar ist Architekt, er vermittelt ihm die polnischen Handwerker, die günstig die aufwändigen Holzarbeiten machen, die bei der Instandsetzung der Räume anfallen. Trotzdem reichte sein Geld gerade mal für die Grundfinanzierung, sagt er. Doch der Aufwand lohnt sich. Als alles fertig ist, hat er ein Schmuckstück und was er damit macht und wie, das muss er sich nicht lange überlegen. Aus der Nachbarschaft kommen Leute auf ihn zu, wie die Chorleiterin Reka, die donnerstags ihren jour fixe bei Klaus Karwat hat. So hat er sich das vorgestellt: um seinen Salon zu finanzieren, wird er seine Räume für kleine Veranstaltungen vermieten. Den Plan, eine Galerie zu machen, hat er da noch nicht. Der entsteht erst, als zwei Kunsthändlerinnen die Räume mieten wollen, um sie als Showroom zu nutzen, und er mit den beiden überhaupt nicht zurecht kommt (stelle ich mir schwierig vor, mit Klaus Karwat nicht zurecht zu kommen). Danach überlegt er sich, dass er selbst Ausstellungen machen könnte. Als erstes zeigt er die Vulkanbilder-Serie eines befreundeten Fotografen, der für National Geographic arbeitet, und von da an ergibt eine Ausstellung die andere. Er hat keine Kontakte, er macht keine Kontakte, er kriegt sie. Er hat den schönen Platz, die Künstler kommen auf ihn zu. Von ganz alleine entsteht so über die Jahre ein Profil: gegenwärtige figurative Kunst. Und er wächst in die Rolle des Galeristen hinein, ohne seine Salon-Idee aufzugeben: einen Mittelpunkt kultivierten Gesellschaftslebens zu schaffen. Wie sieht das aus? – Beispiel: Aus Anlass einer jeden Ausstellung laden er und seine Frau Maria Genau zu einem Essen zu Ehren des/ der ausstellenden KünstlerIn ein. Die Zahl der Gäste ist begrenzt auf 18 Personen, Maria Genau kocht und das anscheinend sehr gut. Was für Leute kommen zu einem Galerie-Essen bei Gondwana und wie es da zugeht, darüber werde ich berichten, wenn ich einmal dabei gewesen bin. Das weiß ich allerdings jetzt schon: so wie ich Klaus Karwat kennengelernt habe, piefig wird es da nicht sein.
Zweiter Teil des Gesprächs folgt. ´
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