Dienstag, 11. Oktober 2011

Kreise

Wenn einen der Dauerregen so runter zieht, dann stimmt es auch sonst nicht. Zu wenig Süße in meinem Leben? – Im Süßwarenladen Ecke Salzburger-/Wartburgstraße werden angepriesen Mohrenköpfe aus Bremen von Mayer A. jun. mit doppeltem Schokoladenguss, handgemacht, für 1 Euro das Stück. Ich bleibe stehen, ich gehe weiter, ich gehe wieder zurück, ich zögere: das wäre die Rettung jetzt und hinterher wäre es mir wohlig übel. Aber ich habe es geschafft, acht Monate keine Süßigkeiten zu essen, das halte ich durch. Ich kann ja so konsequent sein. Während ich die Martin-Luther-Straße überquere, ärgere ich mich über meine Standhaftigkeit und dann gleich noch mal darüber, dass ich nicht umkehre. Es gibt keine Süße in meinem Leben und Großzügigkeit gibt es auch nicht. Ich gehe jetzt bei Mini Kapur vorbei und sage zu ihr: Wenn Sie mich zu Ihrer Vernissage eingeladen hätten, wäre ich gekommen. – Gestern habe ich nämlich gesehen, dass es eine neue Ausstellung in ihrer Galerie gibt: Koreanischer Künstler. Kreischbunt alles. Optical Art? – Schreibe ich über die Ausstellung, obwohl sie mich nicht zur Vernissage eingeladen hat? Deshalb nicht, weil ich nicht so über sie geschrieben habe im Sommer, wie sie sich das ausgemalt hatte? Na klar. Das muss ich verstehen. Aber schreiben werde ich trotzdem nicht über die Ausstellung. Ich laufe niemandem hinterher. Ich werde meinen Satz sagen: Wenn Sie mich eingeladen hätten zur Vernissage, wäre ich gekommen. Und dann werde ich darüber schreiben, wie sie darauf reagiert. Sicher ohne Ausflüchte. Ich schätze mal, sie wird sagen, dass sie schließlich nicht jeden einladen kann (so wie sie einmal gesagt hat, dass sie nicht jedem die Hand geben möchte; mir also nicht). Oder sie könnte auch sagen, dass sie nur Freunde einladen wollte zur Vernissage. Und Freunde sind wir - bei allem Respekt - wirklich nicht. Gleich, was sie antwortet, es wird darauf keinen Moment betretenen Schweigens geben. Denn dann werde ich mein Sponsoring-Angebot an ihr testen, das ich mir zurechtgelegt habe. Sie können Sponsor meines Blogs sein, werde ich sagen, um dann sogleich, noch bevor sie auch nur eine Miene verziehen kann, die Vorteile aufzuzählen, die sich einem Sponsor des Blogs bieten. Es sind drei Vorteile (später einmal vielleicht sogar vier). Und an Mini Kapur will ich jetzt mal ausprobieren, wie es sich anfühlt, wenn ich diese Vorteile beschreibe. An ihr es ausprobieren, weil es bei ihr nicht darauf ankommt, denn sie lädt mich nicht mal zu ihrer Vernissage ein. Gestern Nachmittag war sie nicht da. Heute sehe ich schon von weitem, dass die Eingangstür einladend offen steht. Im hinteren Raum Musik, das hat es noch nie geben. Und dort steht auch ein Tisch an der Wand, wo er noch nie stand, und da sitzt jemand, das ist nicht Mini Kapur, das muss der koreanische Künstler sein. Er macht die Musik aus. Er spricht kein Deutsch. Englisch spricht er fließend, aber mit einem solchen Akzent, dass ich nur zehn Prozent dessen verstehe, was er mir sagt über seine ausgestellten Arbeiten. Die Kreise, das sind Menschen. Die einen gut, die anderen (die schwarzen?) nicht gut. Wer jetzt gut ist, wird in Zukunft ein gutes Leben haben. – Schön wär´s. Wie sagt man das auf Englisch? – Mein Englisch ist stockend, weil ich schon lange keine Gelegenheit mehr hatte, Englisch zu sprechen. Und mein Akzent muss in seinen Ohren so hart sein wie seiner für mich. Wir bräuchten einen Simultandolmetscher. Ich frage ihn, ob seine Kunst narrativ ist. - Pardon?  - You´re telling stories? – Ja, aber nur, wenn er seine Arbeiten den Besuchern der Ausstellung erklärt, um ihre Phantasie anzuregen. Er erzählt Geschichten, um seine Arbeiten zu erklären! Er ist ein richtig guter Typ. Ich darf ihn fotografieren. Er wird mir Abbildungen seiner Arbeiten mailen. Mini Kapur ist bis Ende der Woche verreist. Ich wollte mehrere Tage mal nichts über Kunst machen, weil das letzte Woche einfach zu viel war. Aber ihn jetzt getroffen zu haben, war natürlich viel besser als die Komödie, die ich mit Mini Kapur vorhatte. Letzte Woche hätte dringend etwas passieren müssen, das mich vor der Kunst rettet. Heute hat mich ein Künstler gerettet. Gunu Kim. Auf der Website von Mini Kapur ein erster Eindruck von Gunu Kims Kunst. Und hier ein Eindruck von Gunu Kim selbst: 

Auf Wunsch Gunu Kims mein Foto ersetzt durch ein Foto seiner Wahl


UNDER THE MANGO TREE
Design Studio
Merseburgerstrasse 14
10823 Berlin
mini.kapur@utmt.net
www.utmt.net


Foto: © Gunu Kim