Gestern das Kennenlernen und die Begeisterung über seine Arbeit, heute das Burchard-Vossmann-Erlebnis mit mir: Erzählung, wie es angefangen hat mit Burchards Sammelleidenschaft und es dann kam zu seinen Shred-Art-Objekten. Wie kam er darauf, das auf der Straße aufgelesene Alltagsmaterial zu schreddern? Hat er mir gestern nicht erzählt. Wie wird es dazu gekommen sein? Das kann ich mir denken. In den 80er Jahren war das. Recycling war ein Riesenhype damals. Und um wieder verwertet werden zu können, muss Abfall erst einmal zerkleinert, zerhackt, zerstückelt werden. Von der Recycling-Technik hat Burchard das also mit dem Schreddern. Das setzt er ein, um seinen gesammelten Abfall verwertbar zu machen zu Kunst. Gefällt mir die Formulierung. So gut, dass ich mich überreden muss dazu, ihn anzurufen und zu überprüfen, ob das auch stimmt. Ich kriege mich rum mit der Aussicht: Vielleicht gibt es noch eine kleine Geschichte dazu, wie er seinen ersten von mehreren Akten-Schreddern angeschafft hat, die er heute besitzt. Gibt es nicht. Aber dafür gibt es eine große Geschichte, die unter anderem davon handelt, dass Burchard in den 80er Jahren sein Abfallmaterial noch gar nicht geschreddert hat. Damals hat er seine Funde noch im Stück zu Kunst gemacht, hat sie collagiert zu Tableaus und in Glaskästen. Wie der von Burchard als seine kunsthistorische Bezugsperson genannte Nouveau Réaliste Arman in den Poubelles. Von ihm kommt auch die Bezeichnung Akkumulation, die ich gestern mehrfach von Burchard gehört habe. Bezeichnung für ein Verfahren der Material- oder Objektkunst, mit dem gleichartige Gegenstände angehäuft werden zu einem Ensemble, das je nach Befinden des Betrachters schön bunt und dekorativ oder beklemmend wirkt. Ist der Betrachter unbefangen und vielleicht sogar unbedarft, was in dem Fall kein Fehler ist, findet er die Anhäufung imposant und hat eine kindliche Freude daran. Fühlt sich der Betrachter hingegen zivilisationskritisch verpflichtet, weil er einen Kunstkatalogtext oder einen Wikipedia-Artikel verfassen muss, entwickelt die Akkumulation einen Verweisungshorizont, der die moderne Lebenssituation, das Okkupiertsein von Technik und Konsum, offenlegt.
Zwei Beispiele für Akkumulation im Rohzustand, gestern gesehen im Magazin von Burchard Vossmann:
Shred-art:
Marlboro - Hardbox Collage auf Holz 40x40x2cm 2004 |