Montag, 5. März 2012

Freundinnen









Katrin singt deshalb so akzentfrei Französisch, weil ihr Vater Franzose ist und sie in der Bretagne aufgewachsen ist, im Finistère in Quimper. Wo das ist, muss sie mir nicht erklären, denn dort habe ich zweimal magische Zeiten erlebt. Am Meer. Dem Atlantik. Katrin hat mit ihrer Familie auch direkt am Meer gelebt. Nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, ist sie zum Studieren nach Hamburg gegangen, Kunstakademie. Dort hat sie Janina Wick kennengelernt und dann ist eigentlich zehn Jahre lang nichts gewesen, sagt sie und meint damit, dass es so lange gedauert hat, bis sie beide auf die Idee gekommen sind, gemeinsam auszustellen und es dann gar nicht mehr lassen wollten. Was nicht heißt, dass sie nicht auch einzeln ausstellen. Katrin hat gerade eine Ausstellung in Oslo mit dem wunderschönen Titel Very Important Tragedy, bei der sie von allem, was sie macht etwas zeigt: Bilder, Texte, eine Installation, einen Song. Und auch Entwürfe für ein Bühnenbild? habe ich ganz vergessen zu fragen. Das der zweite Schwerpunkt ihres Schaffens: Bühnenbild für Oper und Schauspiel. Nächstes Engagement in Mainz. Der Regisseur ist mitgekommen zur Finissage am Sonntagnachmittag. Jetzt verabschiedet er sich und gibt Katrin noch das Ticket für die Zugfahrt nach Mainz. So sieht also ein in Berlin lebender und an Provinzbühnen arbeitender junger Opernregisseur aus! Guter Typ! Gut angezogener Typ auch. Gefällt mir. – Was inszeniert ihr in Mainz? – Onegin.


Auch wenn es zehn Jahre gedauert hat bis zur ersten gemeinsamen Ausstellung, sind Katrin und Janina Freundinnen, gute Freundinnen. Daran ändert auch das Missverständnis nichts, das es in meinem Gespräch mit Janina wegen ihrer Freundschaft zur damals abwesenden Katrin gegeben hat. Wir verständigen uns darauf, dass das nicht so wichtig ist, und ich mache die allerliebsten Freundinnenfotos von den beiden.




Danach will ich den beiden nur noch sagen, am besten mehrmals, dass sie mich auf dem laufenden halten sollen darüber, was sie künstlerisch machen. Die Gelegenheit dazu bekomme ich in Julies Küche, wo sich nun alle einfinden und eine Platte mit verschiedenen Käsesorten eben noch unberührt und dekorativ dastand, und als ich wieder hingucke, ist sie fast leergegessen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Janina fotografieren soll, denn es gilt die Regel, keine Fotos von Menschen, die essen und/oder trinken. Aber es gilt auch die Regel, Menschen die gerade essen, keine Fragen zu stellen. Ich mache es trotzdem. Ertappe mich dabei, ziehe die Frage zurück, aber da ist Janina schon am Antworten: Ja, sie wird demnächst wieder in dem Ort im Taunus sein, wo die Fotoserie entstanden ist, die sie in der 18m Galerie gezeigt hat (siehe Gold). Die Mädchen sind jetzt zwei Jahre älter. Fünfzehn. Ja, das Projekt ist angelegt als Langzeitbeobachtung. In Berlin gibt es auch ein paar Mädchen, die sie in Abständen fotografiert. Eine hat gerade die Schule abgeschlossen und ist in ihre erste eigene Wohnung eingezogen. Ja, natürlich blickt sie dabei auch zurück auf ihre eigene Pubertät, auf ihr Erwachsenwerden. – Coming of age im Englischen. Ich weiß was das bedeutet, aber ich habe den Ausdruck nie in seiner Zusammensetzung verstanden, sage ich. – In die Jahre kommen, schlägt Janina vor. – Nein, das kann man bei mir sagen, aber noch nicht bei den Mädchen auf ihren Fotos. Als ich sage, das kann man bei mir sagen, da grinst sie. Sie hat offenbar im Blog gelesen. – Was hast du fotografiert vor den pubertierenden Mädchen? – Leere Räume. Dann war sie mit einem Stipendium ein halbes Jahr in Paris und hat dort auch leere Räume fotografiert, leere Räume in heruntergekommenen Vierteln, wo eine junge Frau aus Hamburg besser nicht alleine unterwegs sein sollte. Und dann ist ihr dort eines Tages auf der Straße eine Gruppe pubertierender Mädchen entgegen gekommen. Die hat sie fotografiert und hatte ihr Thema gefunden. 


Hier die Bilder der Ausstellung Vor lauter Purpur: Gold
Fotos: Ó w.g.