… und am Nachmittag habe ich Claudia von Funcke bei Julie August in der 18m Galerie wiedergesehen, wo sie kurz vorbei schaute bei der Finissage von Vor lauter Purpur. Claudia hat hier auch schon ausgestellt. Defekte Wahrscheinlichkeit hieß ihre Ausstellung in der 18m Galerie. Und sie sollte auch dabei sein, als Julie im ehemaligen Hertie (später Kaufhof) in der Hauptstraße eine Ausstellung mit 30 Künstlern aus ganz Europa (oder war es aus aller Welt?) plante, organisierte, die ganzen Vorarbeiten waren schon abgeschlossen, es musste nur noch losgehen, da hieß es auf einmal, ein spanischer Investor sei an der Immobilie interessiert, und die Nutzungserlaubnis für die Ausstellung wurde von einem Tag auf den anderen zurückgezogen. An dem Tag hätte ich nicht in Julies Haut stecken wollen. Was für eine großartige Idee, die Etagen des Kaufhauses, das uns allen hier so sehr fehlt, mit Gegenwartskunst schockartig vollzustopfen bis unter das Dach. Das wäre es gewesen! Aus dem Geschäft mit dem spanischen Investor ist, wie wir täglich sehen können, nichts geworden. Aber bei der Absage ist es geblieben. Im Januar letzten Jahres war das. Und die Einzige, die danach nicht mit leeren Händen dastand, war Claudia von Funcke. Studierte Bildhauerin, hervorgetreten mit Installationen, Fotos gemacht hat sie stets nur nebenbei: Fotografieren war für mich immer nur wie Notizenmachen. Und so fing es auch an mit den Fotoarbeiten, die seit gestern in der Ausstellung des Frauenmuseums zu sehen sind. Bei einer Begehung im Vorfeld der Kaufhaus-Ausstellung war sie fasziniert von dem verspiegelten Rolltreppenaufgang. Sie machte ein paar Schnappschüsse und bei denen wäre es geblieben. Doch da kam die Absage und sie hat sich an die gespiegelten Rolltreppen erinnert. Claudia von Funckes Fotoserie Moving Stairs ist also im Gebäude des ehemaligen Hertie in der Hauptstraße entstanden. Keine 100 Meter vom Eingang des Hauses Akazienstraße 30 entfernt, in dessen zweitem Stock sich Julie Augusts 18m Galerie befindet. Julie im Vorstand des Frauenmuseums. Wie wehmütig muss sie gewesen sein am Vormittag bei der Vernissage in der Kommunalen Galerie Berlin, als sie von Claudias Arbeiten an ihr großartiges gescheitertes Projekt erinnert wurde.
Fotos: Ó w.g.