Biest zu Biest: Titin 1

The Kiss combined technique 35 x 25 cm 2003

Tijana mit ihrem Bild Obscure Swinging war für mich die Entdeckung in der Stipendiaten-Ausstellung im Haus am Kleistpark, weil da war es endlich wieder einmal, was ich suche und was so selten ist, weil die Verhältnisse nicht so sind, dass sie zu Wagnissen ermutigen, denn die Märkte, die Kulturmärkte, verlangen nach Bewährtem, nach der Wiederholung des Bekannten, die Kundschaft ist faul und verdorben und will immer nur den gleichen Puderzucker, um ihn sich in den Arsch blasen zu lassen. Das müssen die Künstler dann auch noch leisten: ihr angepasstes Zeug aufjuxen für den Diskurs.

Ich habe Tijanas Bild entdeckt. Sie hat mein Posting über die Ausstellung entdeckt, als sie ihren Namen gegoogelt hat. Sie hat mir eine Mail geschrieben und sich bedankt. Ich habe ihr vorgeschlagen, mehr Arbeiten von ihr zu zeigen in meinem Blog. Ich habe sie in ihrem Atelier besucht. Wir haben uns gut verstanden. Sie braucht mir nicht zu erklären, wo ich Rücksicht nehmen muss. Ich weiß schon selbst, was besser unerwähnt bleibt, damit ich ihr nicht schade: bei ihrem Job, auf dem Kunstmarkt. Aber mit Rücksichtnahme funktioniert meine Art zu schreiben nicht. Dass ich so viel Zeit habe vergehen lassen seit dem Atelierbesuch, nimmt mir den Rest von meinem Schwung und Feuilleton will ich nicht schreiben. – Was mache ich? – Teil 1: Ich zeige die erotischen Zeichnungen Tijanas. – Teil 2: Ich konkretisiere das mit dem Blasen des Puderzuckers, indem ich mich gegen einen populären Irrtum bei der Erklärung von Tijanas erotischer Malerei wende, dabei selbst eine Erklärung abgebe und das in Ordnung finde als Vorwand, um ihre Malerei zu zeigen in Teil 2 und zum Schluss mich zu dem zu bekennen, was für mich das Wagnis ist in Tijana Titins Kunst.

Where is my hair combined technique
16,3 x 22,5 cm 2003

Jetzt die Zeichnungen. Erotic Drawings. Entstanden 2003 und 2006. Im Herbst 2003 wurde Tijana 22. Das wird mir in ihrem Atelier erst klar, als ich zum ersten Mal die Originale sehe: dass diese Zeichnungen wie Blätter aus dem Tagebuch einer jungen Frau sind, die ihre Sexualität entdeckt und ihre Illusionen verliert. Doch wären sie nur das: würden wir nur wieder einer jungen Frau dabei zusehen, wie sie sich autobiografisch vor uns auszieht, wären sie nicht so aufregend. Das sind sie, weil da etwas passiert, das es nur in den Zeichnungen gibt und das ebenso intim ist wie der Sex, den sie zeigen: wir können dabei zusehen, wie Tijana in diesen Zeichnungen sich selbst als Künstlerin erschafft und wie sie dabei ihr Thema findet, das sie verfolgt seither wie ein Traum, den sie immer wieder träumt, mal als Alptraum, mal als wunderschönen Traum, in dem kein Wunsch unerfüllt bleibt. Der Traum vom Paar.