Radierung, Kaltnadel, Buntstift 22 x 10 cm 2010 |
Ende Februar stellt sie bei subjectobject aus. Das ist mir zu lange bis dahin. Ich will vorher über sie schreiben. Jetzt habe ich sie entdeckt, jetzt will ich was über sie machen.
Inga Altenkirch. Ein jüdischer Name ist das schon mal nicht. Aus Kiel kommt sie. Gestern sie kennengelernt auf der Couch Ulianes. Gut, dass die zwei jungen Frauen, die Uliane noch erwartet hat, nicht gekommen sind: frühere Schülerinnen von ihr, mittlerweile auf der Akademie, die eine in Leipzig, die andere in Halle. Da wäre es bestimmt hauptsächlich um die gegangen. So ging es z.B. darum, dass Uliane unbedingt wieder galeristisch was machen sollte, ideengebend, beratend, in der Galerie auf der anderen Straßenseite. Da muss mehr Initiative rein. Dass die Galerie in einem Hof gelegen ist, das kann doch keine Entschuldigung dafür sein, dass bei den Vernissagen sich alle fragen, warum ist denn anderswo so voll, aber keiner sagt was und jeder denkt sich was anderes. Zum Beispiel, dass Julie August schließlich auch keine Schaufenster zur Straße raus hat und trotzdem ihre Wohnung voll ist bei den Vernissagen. Die Galeristin macht sicher sehr vieles richtig, aber es kann nicht jeder alles können – und was sie nicht kann, das kannst du, Uliane, sage ich und Inga widersprich nicht. Die beiden haben sich kennengelernt, als Inga zu Uliane in die Galerie kam, die sie damals noch hatte, sich die Bilder angesehen hat und dann sagte: Ich male auch. – Uliane: Ach ja. – Aber beim nächsten Mal hat Inga Arbeiten von sich mitgebracht und was Uliane da sagte, ist nicht überliefert, ich weiß nur, wie sie mir zusetzt, seit wir im Gespräch sind: Die Altenkirch musst du dir mal anschauen. Über die musst du mal schreiben. Schau, das hier ist von der Altenkirch. – Also ein paar Arbeiten hatte ich schon gesehen von ihr bei Klaus und bei Liljana. Respekt, Respekt. Aber hin und weg bin ich erst, seit ich heute Morgen Ingas Website angeschaut habe. Das ist ja ein richtiges Werk! Was heißt das? Es gibt einen Zusammenhang und der ist mehr als eine Handschrift, auch mehr als ein Thema. Es ist ein Blick auf die Welt, den nur sie hat. Die skurrile, witzige Person, deren Bekanntschaft ich gestern gemacht habe und mich gefragt: Was ist das denn für eine? – Fast drei Stunden auf der Couch gesessen – und das will was heißen: länger als 60 Minuten halte ich so was sonst nicht aus –, mit den zwei Frauen das sehr gute Gespräch gehabt und die ganze Zeit Inga beobachtet und dabei immer wieder gedacht: Das wird nicht leicht, die zu beschreiben, wenn sie sich überhaupt beschreiben lässt. Irgendwann muss jemand mal Nein sagen. Hoffentlich nicht sie. Obwohl es gut sein könnte. So eigen der Blick, so eigen die Person. Und dazu gehört nun mal auch die Verweigerung. In dem Katalog der Gruppenausstellung Berlin - Choreographie einer Stadt, den sie uns stolz gezeigt hat, figuriert sie mit einem Kinderbild, das ihre Mutter von ihr gezeichnet hat, als sie drei (?) war. Das ist süß, aber auch ein Hohngelächter auf den Jugendwahn der Galerien-Szene. Auf ihrer Website zeigt Inga in der Rubrik Vita einen Cartoon. Mit dem erzählt sie sehr viel über sich, verweigert jedoch komplett, was sonst an Informationen unter der Überschrift Lebenslauf gegeben wird. Doch das mit großem Humor. Richtigem Humor. Nicht das Lachen über andere. Der Humor, der damit anfängt, dass man über sich selbst lacht. Den hat sie. Deshalb bin ich gespannt, ob sie sich beschreiben lässt von mir hier, aber bang davor, dass sie es nicht tun könnte, ist es mir nicht. Wenn sie sich verweigert, dann wird sie es so tun, dass es nicht blöd ist und sie damit etwas erzählt über sich und vielleicht sogar über mich.