Mittwoch, 12. September 2012

Kirche









Die Architektur ist schlimm. Das können auch die zwei Architekten nicht wegreden, obwohl sie sich sehr viel Zeit dafür nehmen.


Die beiden Architekten sind die Männer rechts außen. Beide beginnen sie ihre Beiträge, indem sie damit kokettieren, in ihrer Kindheit (oder war es die Jugend?) Ministranten gewesen zu sein.


Als endlich Johann König zu Wort kommt, erklärt er wegen seines Aufwachsens in den 80er Jahren (und dank der Aufgeklärtheit seiner Eltern, würde ich sagen), nicht Ministrant gewesen zu sein. Da entfährt es mir laut: Na ist doch gut so! Aber niemand hört das, weil ich da gerade auf der Empore bin und niemand in meiner Nähe steht.


Wer der Mann neben Johann König  ist, das hat sich mir nicht erschlossen: nachdem ich ihm drei Sätze lang zugehört hatte, wollte ich es nicht mehr wissen. Vielleicht ein Architekturexperte wie der Mann im Auditorium, der sich unter dem Andrang seines Expertenwissens beinahe die Hand auskugelte beim Reden.


Der Mann, der hier mal  Pfarrer war, erzählt, wie es ihn bewegt hat, als er ganz zuletzt das Kreuz von der Wand genommen hat.




Junger Galerist rettet 60er Jahre-Kirchenbau vor dem Abriss, um darin seine Galerie zu betreiben. Hey! Und das alles mitten in Kreuzberg. Das ist mutig. Und wieder macht einer einen Schritt weg vom verfluchten White Cube, der nur noch eine Leichenhalle der Kunst ist. In New York hat es einen ziemlich wilden Club in einer ehemaligen Kirche gegeben, in Berlin wird eine international renommierte Galerie eine ausgeräumte (profanierte) Kirche als Ausstellungs-, Büro- und Lagerraum nutzen. Tolle Geschichte! Aber da kriegt sie auch schon einen Knick. Denn so ist es nicht, dass Johann König im nächsten Jahr mit seiner Galerie einfach nur von der Dessauer Straße in die Alexandrinenstraße umzieht. In der Zeit bis dahin wird aufwendig umgebaut und es soll ein Kunst- und Kulturzentrum entstehen, von dem die Galerie nur ein Teil ist, und dieses Kunst- und Kulturzentrum muss sich selbst tragen, sagt Johann König und was immer das heißt, es ist langweilig, es ist so langweilig wie das Gerede der Architekten und wie die Architektur der Kirche hässlich ist, die sie nicht schön-, aber wichtigzureden versuchen. Warum tut ein Galerist seines Formats sich so etwas an? Warum gibt er sich mit diesen Architekten ab, wo er jeden Tag mit den von seiner Galerie vertretenen Künstlern reden kann? -  Hätte er sich als Gastgeber doch nicht so zurückgehalten auf dem Podium und hätte uns erzählt, was ihn an dem Gebäude der aufgelösten katholischen Kirchengemeinde St. Agnes angerührt, angeregt, begeistert, gerockt hat und ihn immer noch rockt, begeistert, anregt, anrührt. Wenn es so ist. Zu spüren war nichts davon heute Vormittag. Doch: Gegen Ende, als Johann König uns empfahl, einen Rundgang zu machen, sprach er von dem tollen Garten, der sich auf der Rückseite des Gebäudes befindet. Da war sie auf einmal, die Vision. Denn von einem Garten ist dort noch nichts zu sehen.