Sonntag, 22. Juli 2012

Pinselstrich


Nach der goldenen Tür, die mir verschlossen geblieben ist, steht zwei Etagen tiefer diese Tür offen:




Bleiben Sie, gehen Sie nicht weg. Ich freue mich über jeden, der mir ins Bild läuft. Ich kann sie nicht mehr sehen, die menschenleeren Gallery Shots. 



Ich sehe die Kunst, die ich sehen will:


Aber was sehe ich? – Öl auf Papier und die Ölfarben verdünnt mit irgendwas Ayurvedischem. So genau kann der Mann, der mich durch die Ausstellung führt, es mir auch nicht sagen. Jedenfalls wirken die Farben deshalb so verwaschen. Und wenn man genau hinguckt, sieht man, dass das Papier auch schon mal schief geschnitten ist. Da hat Vicky Uslé dann wahrscheinlich ihre Tochter auf dem Arm gehabt, als sie das gemacht hat. Die acht Monate alte Sara ist nämlich immer dabei. Im Atelier, bei der Vernissage, die vorgestern stattfand, und danach im Sale e Tabacchi gegenüber, da war sie auch dabei. Bis Mitternacht. Dann hatte Sara genug und wollte gehen, erzählt der wohltuend gesprächige Galerie-Mitarbeiter.



Der Ansatz ist gestisch. Aber dabei bleibt sie nicht stehen. Sie sucht eine Form. Vorbei an allem Ähnlichen, sich abgrenzend von wiedererkennbaren Formen des Gegenständlichen. Gestisch, ungegenständlich und dennoch figurativ. Freie Figuration, das ist es, was sie macht. Ein Pinselstrich, der gestaltet, wie sie sagt. Vicky Uslé, geboren 1981 in Santander. Sei 20 Jahren lebt sie in New York, unterbrochen von längeren Aufenthalten in Spanien, wie zur Zeit, da sie die Sommermonate in Barcelona verbringt.

Und der Titel der Ausstellung? Woodshedding? – Das ist ein Ausdruck aus dem Jazz und heißt so viel wie: sich zurückziehen, um zu üben. Woodshed = Holzschuppen = ein Ort, wo man hingeht, um ganz für sich zu sein = sich ganz auf seine Kunst und ihre Mittel zu konzentrieren. Ein Pinselstrich, der gestaltet.

Alexander Levy
Rudi-Dutschke-Str. 26
10969 Berlin
info@alexanderlevy.net


Kunst: Ó Vicky Uslé
Fotos: Ó w.g.