Den Galeristen habe ich nicht erwähnt, weil mir nicht viel zu ihm eingefallen ist. Nur dass kein Gespräch mit ihm zustande kam - weder beim Begrüßen mit Handgeben noch beim Verabschieden mit Handgeben. Und dann war mir noch aufgefallen, dass der Galerist zu einer neuen BOSS-Hose im Bluejeans-Stil an dem sehr heißen Tag (mit über 30 Grad noch am Abend) Stiefel trug. Wie hoch, war nicht zu erkennen, halbhoch, nehme ich an, schwarzes Leder, dicke Sohle, Kappen abgerundet. - Motorradfahrer? - Trotzdem: bei dieser Temperatur so massives Schuhwerk! An Schweißfüßen leidet der nicht oder es ist ihm egal, habe ich gedacht, und weil bei mir immer alles zusammenpasst, finde ich wenige Tage später bei Michel Foucault in Überwachen und Strafen an einer Stelle, an der es um die Politik der Körper im 18. Jahrhundert geht, ein Anforderungsprofil für die Rekrutierung von Soldaten, in dem die folgenden köperlichen Eigenschaften genannt werden:
... ein starkes Haupt, ein hohen Magen. breite Schultern, lange Arm, starke Finger, kleinen Bauch, dicke Hüfte, geschmeidige Schenkel und trockene Füß.
Trockene Füße? - Na klar. Wenn die Männer tage-, wochenlang marschieren müssen, dann werden aus feuchten Füßen schnell wunde Füße und aus Soldaten Fußkranke, mit denen militärisch nichts mehr anzufangen ist. An alles will gedacht sein. Ich denke sofort an den Galeristen in seinen Stiefeln und vorgestern sehe ich ihn auf der Akazienstraße vor einem Restaurant sitzen und auf sein Abendessen warten. Ich erkenne ihn nicht gleich, da ich nicht erwartet hätte, ihm an diesem Ort zu begegnen. Während er mich sofort erkannt haben muss, da er schnell wegschaut, als er mich sieht, und in einer Kunstzeitschrift blättert. Ich bin schon zwei Schritte weiter, als ich mich umdrehe und zurückgehe, um ihn zu begrüßen. Er freut sich nicht, mich zu sehen. Und als ich ihn frage, ob er meinen Blogeintrag über die Ausstellungseröffnung letzte Woche gelesen hat, antwortet er ja, macht dazu jedoch ein Gesicht, als habe er Schmerzen. – Hat es Ihnen nicht gefallen? – Nein. – Für mich charakteristisch ist, dass ich ihn darauf nicht frage, warum. Stattdessen vermute ich, dass er sich mit Blogs nicht auskennt. Und das ist auch so, sagt er. Also erkläre ich ihm das mit meinem Erleben. Dass ich nur darüber schreibe und nicht Zeitung spielen und Feuilleton machen will. Letzten Donnerstag war mein Erleben, dass ich die Arbeiten von Angela Dwyer entdeckt habe und einen Dialog mit ihr hatte, wie ich ihn gerne öfter hätte in Galerien. Das habe ich in meinem Posting zum Ausdruck gebracht und hinterher wäre ich sehr zufrieden gewesen damit, wenn der Text dann nicht von einem der Hacker, mit denen ich es zu tun habe, verhunzt worden wäre. Über den Hacker-Aspekt gehe ich hastig hinweg (peinlich!) und murmele, dass ich die Verhunzung in den nächsten Tagen beseitigen will. Jedenfalls nehme ich mir die Freiheit, zu einer Gruppenausstellung zu gehen und nur über eine Künstlerin (von sieben ausstellenden Künstlern) zu schreiben. Weil ich nicht vom Tagesspiegel bin, sage ich - und weil die anderen Arbeiten rein gar nichts bei mir ausgelöst haben, sage ich nicht, um den Galeristen nicht zu quälen. Der hält mich nach meinem Vortrag für eine Art höheren Schnürsenkelvertreter und fordert mich nun auf, ihm eine Mail mit dem Link zu meinem Blog zu schicken. Er hat den Text nicht richtig gelesen, meint er. Kann es sein, dass er das Posting nicht einmal gesehen, dass ihm nur jemand davon erzählt hat? Aber nun hier sitzen und mir schlechte Gefühle machen! – Wenn es Sie nicht interessiert, wozu soll ich Ihnen dann eine Mail mit dem Link schicken? sage ich, denn mir wird gerade klar, was für ein Blödsinn das ist, was ich hier mache. Ich schreibe, wie es mir gefällt, und nicht, um jemandem zu gefallen. Dann sollte ich mich aber nicht hinterher hinstellen und um Sympathie werben bei Leuten, denen es nicht gefällt. Doch der Galerist scheint nun wirklich wissen zu wollen, was ich geschrieben habe: Schicken Sie mir doch eine Mail mit dem Link! wiederholt er und ich denke gar nicht daran, das zu tun, will allerdings auch nicht, dass es albern wird, und gebe ihm deshalb meine Karte. Die habe ich ihm schon einmal gegeben. Daran erinnert er sich jetzt, als er die Karte mit dem Blogtitel und der Blogadresse in der Hand hält. Er wird sich das ansehen, sagt er, während ich denke, er sollte es besser lassen. Wir verabschieden uns freundlich. Im Weggehen fällt mir ein, dass ich vergessen habe, dem Galeristen auf die Füße zu schauen. Ich erwäge kurz, zurückzugehen und nachzusehen, ob er wieder Stiefel trägt. Ich lasse es. Gleich zu Anfang hätte ich nachsehen und ihm dann von den trockenen Füßen der Soldaten erzählen sollen. Ein ganz anderes Gespräch wäre das gewesen und er vielleicht ein ganz anderer Mensch in meinen Augen.
Trockene Füße? - Na klar. Wenn die Männer tage-, wochenlang marschieren müssen, dann werden aus feuchten Füßen schnell wunde Füße und aus Soldaten Fußkranke, mit denen militärisch nichts mehr anzufangen ist. An alles will gedacht sein. Ich denke sofort an den Galeristen in seinen Stiefeln und vorgestern sehe ich ihn auf der Akazienstraße vor einem Restaurant sitzen und auf sein Abendessen warten. Ich erkenne ihn nicht gleich, da ich nicht erwartet hätte, ihm an diesem Ort zu begegnen. Während er mich sofort erkannt haben muss, da er schnell wegschaut, als er mich sieht, und in einer Kunstzeitschrift blättert. Ich bin schon zwei Schritte weiter, als ich mich umdrehe und zurückgehe, um ihn zu begrüßen. Er freut sich nicht, mich zu sehen. Und als ich ihn frage, ob er meinen Blogeintrag über die Ausstellungseröffnung letzte Woche gelesen hat, antwortet er ja, macht dazu jedoch ein Gesicht, als habe er Schmerzen. – Hat es Ihnen nicht gefallen? – Nein. – Für mich charakteristisch ist, dass ich ihn darauf nicht frage, warum. Stattdessen vermute ich, dass er sich mit Blogs nicht auskennt. Und das ist auch so, sagt er. Also erkläre ich ihm das mit meinem Erleben. Dass ich nur darüber schreibe und nicht Zeitung spielen und Feuilleton machen will. Letzten Donnerstag war mein Erleben, dass ich die Arbeiten von Angela Dwyer entdeckt habe und einen Dialog mit ihr hatte, wie ich ihn gerne öfter hätte in Galerien. Das habe ich in meinem Posting zum Ausdruck gebracht und hinterher wäre ich sehr zufrieden gewesen damit, wenn der Text dann nicht von einem der Hacker, mit denen ich es zu tun habe, verhunzt worden wäre. Über den Hacker-Aspekt gehe ich hastig hinweg (peinlich!) und murmele, dass ich die Verhunzung in den nächsten Tagen beseitigen will. Jedenfalls nehme ich mir die Freiheit, zu einer Gruppenausstellung zu gehen und nur über eine Künstlerin (von sieben ausstellenden Künstlern) zu schreiben. Weil ich nicht vom Tagesspiegel bin, sage ich - und weil die anderen Arbeiten rein gar nichts bei mir ausgelöst haben, sage ich nicht, um den Galeristen nicht zu quälen. Der hält mich nach meinem Vortrag für eine Art höheren Schnürsenkelvertreter und fordert mich nun auf, ihm eine Mail mit dem Link zu meinem Blog zu schicken. Er hat den Text nicht richtig gelesen, meint er. Kann es sein, dass er das Posting nicht einmal gesehen, dass ihm nur jemand davon erzählt hat? Aber nun hier sitzen und mir schlechte Gefühle machen! – Wenn es Sie nicht interessiert, wozu soll ich Ihnen dann eine Mail mit dem Link schicken? sage ich, denn mir wird gerade klar, was für ein Blödsinn das ist, was ich hier mache. Ich schreibe, wie es mir gefällt, und nicht, um jemandem zu gefallen. Dann sollte ich mich aber nicht hinterher hinstellen und um Sympathie werben bei Leuten, denen es nicht gefällt. Doch der Galerist scheint nun wirklich wissen zu wollen, was ich geschrieben habe: Schicken Sie mir doch eine Mail mit dem Link! wiederholt er und ich denke gar nicht daran, das zu tun, will allerdings auch nicht, dass es albern wird, und gebe ihm deshalb meine Karte. Die habe ich ihm schon einmal gegeben. Daran erinnert er sich jetzt, als er die Karte mit dem Blogtitel und der Blogadresse in der Hand hält. Er wird sich das ansehen, sagt er, während ich denke, er sollte es besser lassen. Wir verabschieden uns freundlich. Im Weggehen fällt mir ein, dass ich vergessen habe, dem Galeristen auf die Füße zu schauen. Ich erwäge kurz, zurückzugehen und nachzusehen, ob er wieder Stiefel trägt. Ich lasse es. Gleich zu Anfang hätte ich nachsehen und ihm dann von den trockenen Füßen der Soldaten erzählen sollen. Ein ganz anderes Gespräch wäre das gewesen und er vielleicht ein ganz anderer Mensch in meinen Augen.