Sonntag, 12. August 2012

Scheußlich


Eine Schuhverkäuferin in der Akazienstraße ist entweder schon den ganzen Tag so scheiße drauf, wie sie aussieht, oder sie spiegelt mein Verhalten. Das müsste dann aber eine Summe meines Verhaltens in der Vergangenheit sein oder eine Summe meines Verhaltens als Blogger, denn von dem Moment an, da ich den Laden gegenüber der Apostel-Paulus-Kirche betrete, bis ich ihn wieder verlasse, gebe ich mir größte Mühe, ihr Verhalten nicht zu spiegeln, und bleibe bis zum Schluss umgänglich und höflich. statt ihr zu sagen, was ich von dem Verhaltensmüllhaufen halte, den sie mir darbietet. Mit dem Ergebnis, dass ich mich beim Verlassen des Ladens so scheiße fühle, wie sie aussieht und drauf ist.

Die Idee der Spiegelung von Verhalten habe ich aus einem Telefongespräch mit einer Gratulantin am Freitag. Sie bringt das auf, als ich ihr erzähle, was ich in dieser Lebensphase für vorher nicht gekannte Schwierigkeiten mit Leuten habe. Nicht mit allen. Manche Leute begegnen mir so respektvoll oder liebenswürdig, dass es mir unter anderen Umständen schon zu viel wäre, aber in dieser Lebensphase empfinde ich es als rettenden Ausgleich zum ablehnenden, abfälligen, aberwitzig scheußlichen Verhalten, mit dem mir neuerdings manche andere Leute begegnen, wie jetzt gerade die Schuhverkäuferin.



Scheußliche Schuhe im Budapester Outlet, wo ich noch nie etwas gekauft habe. Aber ich versuche es immer wieder, weil dort die Verkäuferinnen von so wohltuend professioneller Freundlichkeit sind, wie wir das im eher ländlichen Schöneberg nicht kennen. - Kann man auch nicht anders erwarten bei den Preisen! höre ich das Schuhladen-Scheusal aus der Akazienstraße knurren. - Doch es gibt auch günstigere Angebote. Die Sandalen hätte ich mir im Juni beinahe gekauft. Aber als ich sie anprobiert habe, da hatte ich auf einmal die Ahnung, dass es mit dem Sommer in diesem Jahr nichts werden wird.