Dienstag, 8. Februar 2011

Verwunschen

Gestern. 20.45 Uhr ruft Peter an. Das passt jetzt gar nicht. Denn ich bin gerade am Schreiben und danach muss ich den Text des Tages überarbeiten. Darin geht es um dich, sage ich dem Peter. Da musst du stark sein. Wenn du das verkraftest, sind wir weiter Freunde. Er hat da keine Bedenken. Ich schon. Er sagt, ich soll ihn morgen, also heute, anrufen. Ich kann nur hoffen, dass er das dann noch will, wenn er gelesen hat, was ich über meinen Groll geschrieben habe. Er erwähnt, dass er morgen, also heute, um 14 Uhr bei seinem Therapeuten sein wird und der sehr streng mit ihm ist; was er gut findet: ich brauche das, sagt er. Danach schreibe ich weiter. An die Tess. Erkläre ihr wieder einmal, warum ich nicht mehr im Blog, in diesem Blog, über sie schreiben will. – Gibt es noch einen anderen Blog, außer dem Nebenblog? – Wahrscheinlich. Bald. – Erkläre der Tess dieses Mal die Gründe für die Beendigung der Liebesgeschichte im Blog, indem ich mich auf die Dramaturgie-Abteilung berufe, also auf die Rücksichten, die auf die Leser zu nehmen sind. Später, nachdem ich das Posting abgesetzt habe, schreibe ich ihr weiter, obwohl das, was ich ihr schreibe, so ist, dass ich es ihr besser nicht schriebe, und deshalb komme ich zu dem Schluss, dass es am besten wäre, wenn sie aufhören würde, da zu sein mit ihrem Licht, und ich aufhören würde, an sie zu schreiben. Damit wir anfangen können, einander zu vergessen, um uns vielleicht eines Tages zufällig zu treffen und uns dann ganz ohne Plan oder Absicht begegnen zu können, einfach nur als die, die wir sind in diesem Moment. Denn damit haben wir es uns vermasselt: zu viel Absicht, zu viel Plan. Das hat zu der Verwunschenheit geführt, in der es uns nicht mal möglich war, aufeinander zuzugehen und Hallo zu sagen, wie Milliarden andere Menschen das können, nur wir nicht. Wir haben uns verwunschen, schreibe ich am Ende. Das mag für Außenstehende interessant klingen, ist aber kaum zum Aushalten. Deshalb besser kein Licht mehr. Besser kein Schreiben mehr. Besser Vergessen. Und dann eine zufällige Begegnung. Oder auch nicht. Alles ist besser als diese Verwunschenheit. – Danach höre ich mir mit schnell nachlassendem Interesse ein Tondokument der Lesung Peter Handkes auf der Tagung der Gruppe 47 in Princeton an. Die Tagung war 1966. Der Roman, aus dem er vorlas, war Der Hausierer. Auch deshalb hat mein Interesse an dem Tondokument so schnell nachgelassen. Ich gehe schlafen. Ich schlafe gut. Die verwunschene Frau auf der anderen Straßenseite schläft hoffentlich auch gut. Und Peter schläft endlich mal wieder durch. Nicht schon um 3 Uhr, erst kurz vor 6 liest er meinen Post vom Vorabend und schreibt mir eine Mail, in der er nicht versteht, warum ich so sauer auf ihn bin. Diese Mail, was ich darauf geantwortet habe und wie er meine Antwort aufgenommen hat, dokumentiere ich in Das alte Biest.. – Für alle, denen es zu umständlich ist, das nachzulesen, hier in Kürze: Er hat meinen Groll verkraftet. Er ist mir nicht böse. Ich bin ihm auch nicht böse. Freundschaft! Er bleibt dem Blog als Mitspieler erhalten. Das freut mich sehr. Auch wenn ich bei dieser Gelegenheit einmal feststellen muss: So richtig Drama ist mit Peter nicht zu machen. Er ist so unkompliziert!