Maulhau auch schon älter. Deshalb
immer wieder der Satz: Das hat es früher nicht gegeben, wenn einer
am Boden gelegen hat, dass dann weiter reingetreten wurde. Wenn es
entschieden war und der andere am Boden lag, hat man aufgehört und
ihm vielleicht sogar noch aufgeholfen. - Das hätte ich mal sehen
wollen, wie Maulhau einem aufhilft, den er gerade eben niedergeschlagen hat. Wenn er da steht, noch den Gorilla im Gesicht
und sich am liebsten mit der Faust gegen die Brust hämmern würde
triumphierend über den anderen, den Drang dazu jedoch unterdrückt
und einfach nur abwartet, ob da noch was kommt, der andere
zurückschlagen will oder wiederholt die Widerworte, für die er eine verpasst gekriegt hat von ihm mit der Rückseite der
Hand. Doch da kommt nichts mehr. Dazu ist der andere viel zu
verblüfft, dass der Maulhau ihn geschlagen hat und wie schnell das
alles gegangen ist. Den Schlag gespürt, bevor er ihn kommen sah. Und
als er wieder auf den Beinen steht, da ist es schon vorbei. Denn er
wird sich hüten, zum Maulhau noch mal etwas zu sagen.
Maulhau meint, dass es am Fernsehen
liegt, dass sie heute erst aufhören, wenn einer tot ist. An Film und
Fernsehen liegt es, will er damit sagen, am Actionfilmgucken, mit dem
sie aufgewachsen sind, die jungen Schläger und Treter, und das ist
normalerweise ein dumpfer Satz, aber nicht, wenn er von einem
erfahrenen Schläger kommt wie Maulhau. Er meint nämlich nicht, dass
die so viel Gewalt sehen und dann machen sie es eben auch, weil sie
denken, so ist die Welt und wer soll es machen, wenn nicht wir. Der
Maulhau sieht es technisch und zusammen sehen wir es dann ästhetisch,
filmästhetisch. Die meisten Schlägereien im Leben
laufen so ab, dass es ganz schnell einen Sieger gibt und einen Besiegten.
Dabei verkürzt das Eingreifen von Schlichtern den realen Gewaltakt
noch zusätzlich. Ehe man sich versehen hat, ist
es auch schon wieder vorbei. Während es im Kino nun erst richtig
losgeht - Drama im Drama: Prügeleien mit dem langen epischen
Atem des Trojanischen Krieges. Artistik, Comedy-Einlagen. Das wollte irgendwann niemand mehr sehen, so wie niemand mehr eine
Autoverfolgungsjagd sehen wollte. Realismus! Brechende Rippen, platzende Augenbrauen und Lippen, Gesicht schrammt über die Bordsteinkante. Aufprall eines
Baseballschlägers auf dem Schädel eines Verräters. Einmal
Zuschlagen genügt nicht, zu Matsch soll der Schädel werden.
Wegen der Wut des Mobsters mit dem Baseballschläger. Wegen der Zuschauer, damit sie was davon haben. So lange, bis auch
der letzte Träumer den Finger aus der Muschi seiner Freundin nimmt und sich nur noch graust. Timing, Inszenierung. Gewalt im Kinofilm braucht Zeit. Und das ist es, womit die jungen Schläger und Treter
aufgewachsen sind und was sie nachahmen: diese Zeit, die sich das Kino nimmt für die Gewalt. Wie schnell
liegt so ein Kerlchen am Boden. Hab ich ihn nur mal geschubst, da hat er
sich schon gekrümmt auf der Erde. Und das soll schon alles
gewesen sein? Ich bin jung, ich will was erleben.